Innerhalb weniger Wochen wurde unser bisheriges Leben, unser Arbeiten, unser Status-Quo auf den Kopf gestellt. Von außen erzwungene Veränderungen nimmt keiner gerne so einfach hin, aber so manche Zwangspause kann auch etwas Gutes bewirken. Auf einmal haben wir etwas zurückgewonnen, das wir in unserer durchindustrialisierten und -technisierten Welt schon so gut wie verloren hatten: Zeit. Zeit, um über unser bisheriges Leben nachzudenken. Zeit, um manche Prozesse in Unternehmen zu überdenken. Zeit, um in uns hineinzuhorchen, ob wir unser Leben mit dem füllen, was uns wichtig ist.
Die Veränderungen sind in allen Gesellschaftsschichten spürbar. Auf einmal erleben hochdotierte Manager, dass ihre Kinder keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben, weil die Eltern nicht systemrelevant sind. Heißt das etwa im Umkehrschluss, die Arbeit, die sie leisten, ist nicht wichtig? In der Zeit des ersten Lockdowns, die ich mit meinen vier Kindern zuhause verbringen durfte, habe ich viel über die Frage nachgedacht. Warum unterscheidet das System zwischen relevant und nicht relevant?
Corporate Social Responsibility: Zeit, Verantwortung zu übernehmen
Ich denke, die Antwort, die die Politik in dieser Notsituation, in diesem nie dagewesenen Ausnahmezustand gegeben hat, ist keine allgemeingültige Antwort, die sich auf ein normales Leben übertragen lässt. Aber es zeigt doch, dass gerade der "Dienst am Menschen" eine höchst schützenswerte und immanent wichtige Tätigkeit ist, ohne die es einfach nicht geht. Und dieser Ausnahmezustand führt uns noch etwas vor Augen: In einer Zeit, in der eine gute Betreuung in einem Alten- oder Pflegeheim Luxus zu sein scheint, tritt das soziale Engagement wieder stärker in den Vordergrund. In unserer modernen Gesellschaft, in der Unternehmen ihre Mitarbeiter von Quartal zu Quartal auf Gewinnmaximierung trimmen, wird auf einmal deutlich, dass am Ende des Tages nur ein soziales Miteinander ein einträgliches Leben ermöglicht. Manch ein Unternehmen hat vielleicht die Zeit auch genutzt, um über seine soziale Verantwortung nachzudenken. Wenn nicht, dann darf es das jetzt tun.
Der Begriff "Corporate Social Responsibility (CSR)" ist keineswegs neu. Doch Unternehmensverantwortung ist nicht nur ein schmückendes Aushängeschild weil es gut für das Image ist, sondern ein geschäftlicher Imperativ. Glücklicherweise gibt es auch im nicht-karitativen Umfeld zahlreiche Unternehmen, die das erkannt haben - und es werden immer mehr! Selbstständige Geschäftsleute, kleinere und mittelständische Betriebe engagieren sich ebenso wie große Konzerne und leisten freiwillige Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung und sozialen Gesellschaft, die über gesetzliche Forderungen hinausgehen. Sie handeln dabei im Rahmen ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit eigenverantwortlich in ökologisch oder gesellschaftlich relevanten Bereichen.
CSR: Möglichkeiten für soziales Engagement
Doch welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen ganz konkret, sich sozial zu engagieren und dieses Engagement durch seine Mitarbeiter zu vervielfachen?
Gemeinnützige Arbeit
Eine sehr schöne Möglichkeit für Unternehmen, ihr soziales Engagement auch an die Mitarbeiter weiterzugeben und dieses zur Unternehmenskultur werden zu lassen, ist, die eigenen Mitarbeiter für einen gewissen Zeitraum freizustellen, damit diese Zeit für gemeinnützige Arbeit genutzt werden kann. Dies können einzelne Tage sein, die im Laufe des Jahres genommen werden oder eine ganze Woche am Stück, um sich voll und ganz auf die soziale Tätigkeit fokussieren zu können. Durch diese Auszeit löst sich der Mitarbeiter bewusst eine Zeit lang von seinem eigentlichen Unternehmen und kann seine ganze Energie für die freiwillige Tätigkeit einbringen - um danach gestärkt und hochmotiviert wieder an seinen ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren zu können.
Bei einer tageweisen Freistellung hat das Unternehmen den Vorteil, dass die reguläre Arbeit im Grunde weiterläuft und nur einzelne Tage überbrückt werden müssen. Für den Mitarbeiter können diese immer wiederkehrenden, kurzfristigen Jobwechsel ebenso motivierend sein, um den Blick über den Tellerrand nicht zu verlieren. Die Freistellungen sollten keine finanziellen Einbußen nach sich ziehen; sprich, das soziale Engagement der Mitarbeiter sollte bei vollem Gehalt vom Arbeitgeber unterstützt werden.
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Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, als gesamtes Unternehmen einen Social Day mit allen Mitarbeitern zu veranstalten. In diesem Rahmen kann an einem Tag mit allen Mitarbeitern des Unternehmens ein richtig schönes Projekt, wie etwa die Neugestaltung eines Kindergartengartens, eine Rama-Dama- oder Baumpflanz-Aktion oder Ähnliches umgesetzt werden. Eine solche Aktion ist zugleich ein unglaublich bereicherndes und motivierendes Teambuilding-Event.
Good Gigs
Eine erweiterte Form der oben beschriebenen Auszeiten für gemeinnützige Arbeit stellen "Pro Bono Service Learnings" dar. Das sind gemeinnützige Tätigkeiten in Kombination mit Fortbildungsmöglichkeiten. Bei dieser Form können Mitarbeiter im Rahmen ihres sozialen oder ökologischen Engagements ihre Führungsqualitäten weiterentwickeln. Man kann hier zum Beispiel mit Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, die freiwillige Helfer beim Bau einer Schule in einem anderen Land suchen und dabei ein Team vor Ort aufbauen. Bei der Suche nach solchen Good Gigs können die Personalabteilungen der Unternehmen behilflich sein.
Giving Networks
Außerdem können Betriebe die notwendigen Rahmenbedingungen setzen, damit sich Mitarbeiter in Gruppen organisieren können, die sich für wohltätige Zwecke einsetzen. Dies sollte abteilungsübergreifend gefördert werden, damit eventuelles Silodenken nicht entstehen oder durchbrochen werden kann. Wenn sich zum Beispiel aus dem Vertrieb Kollegen mit der Marketing- und der Entwicklungsabteilung zusammenschließen, um eine Umweltgruppe ins Leben zu rufen, kommt das nicht nur der Umwelt zu Gute, sondern auch dem Unternehmen selbst.
Ehrungen
Persönliches soziales Engagement ist keine Selbstverständlichkeit. Um Mitarbeiter zu würdigen, die sich über ihre Arbeitszeit hinaus sozial engagieren, muss man nicht bis zum Bundesverdienstkreuz warten. Ebenso wie die Unternehmenszugehörigkeit ist eine öffentliche beziehungsweise unternehmensinterne Anerkennung auch für gemeinnützigen Arbeit eine anerkennende und zusätzlich anspornenden Geste, die Signalwirkung auch auf andere Mitarbeiter hat.
Aufstocken von Spenden
Viele Privatpersonen spenden jedes Jahr eine überschaubare Summe für wohltätige Zwecke. Unternehmen können hier viel beitragen, wenn sie die privaten Spenden ihrer Mitarbeiter an Wohltätigkeitsorganisationen um einen bestimmten Prozentsatz aufstocken oder verdoppeln.
Gründen einer Stiftung
Die Königsdisziplin, die natürlich nicht von Jedem begangen werden kann, ist die Gründung einer Stiftung. Dies ermöglicht ein weitergehendes soziales Engagement unter veränderten Rahmenbedingungen, das Spenden für wohltätige Zwecke aus einem separaten Spendenfond sowie eine weitreichende, signifikante Außenwirkung.
Bewusster Umgang mit Ressourcen und Technologie
Über diese oben genannten Punkte hinaus bestimmen auch der bewusste Umgang mit Ressourcen und der Einsatz von Technologie unsere unternehmerische und persönliche Verantwortung. Innovative Technologien können uns helfen, die Effizienz und Produktivität von Organisationen auf der ganzen Welt zu maximieren. Doch auch Technologie - respektive ihre Erzeugung und ihre Nutzung - kostet Ressourcen, Energie und Einsatz. Dies sollte uns immer bewusst sein. Jedes Unternehmen kann daran arbeiten, seine Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und daran arbeiten, mit weniger Ressourcen mehr zu erreichen.
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Corporate Responsibility: Eine Frage der Führung
Corporate Social Responsibility hat viele Gesichter. Über diese Punkte hinaus, neben dem konkreten sozialen oder ökologischen Engagement, kann unternehmerische Verantwortung auch andere Bereiche umfassen, wie beispielsweise die bewusste Förderung von Diversität, gelebte Inklusion und Integration, faire Arbeitsbedingungen, Angebote zur sportlichen Betätigung und zur mentalen Gesundheit der Mitarbeiter, Vermeidung von Müll, Nutzung erneuerbarer Energien.
Egal in welchem Bereich und in welcher Form ein Unternehmen Verantwortung übernimmt: Wichtig ist, dass diese von allen Führungskräften auf jeder Ebene mitgetragen und im Idealfall auch vorgelebt wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein solcher Einsatz alle Bereiche des Unternehmens durchdringt. Eine solch positive Unternehmenskultur wird auch Krisenjahre wie 2020 und 2021 überstehen. (bw)
- Pro Bono: Einsatz in Schwellenländern
Wer Freiwillige in Schwellenländer schickt, damit sie Non-Profit-Organisationen unterstützen, sollte einiges beachten. Hier 7 Tipps für Manager von Pro-Bono-Programmen. - 1. Klären Sie die Wechselwirkung von Pro Bono und Geschäftsstrategie:
Wie unterstützt das Programm die Geschäftsziele Ihres Unternehmens? Welche Business-Fähigkeiten wollen Sie nutzen, um welche soziale Wirkung („Social Impact“) zu erzielen? Welche Projektpartner passen zu Ihrem Unternehmen? - 2. Messen Sie die Wirkung Ihrer Projekte:
Rücken Sie diesen Prozess ins Zentrum der Programmentwicklung. Woran machen Sie den Erfolg eines Pro-Bono-Einsatzes fest? Bei den Teilnehmern? Bei Ihrem Unternehmen? Bei den unterstützten Organisationen? Wie (lange) messen Sie diese angestrebten Veränderungen? - 3. Schaffen Sie eindeutige Kompetenzen:
Übertragen Sie die Verantwortung für das Pro-Bono-Programm entweder der CSR-Abteilung oder dem Personalwesen. Anderenfalls wird es zu komplex, das Programm zum Laufen zu bringen. - 4. Nutzen Sie externe Unterstützung:
Prüfen Sie die Einbindung erfahrener Partner, mit denen Sie schneller handlungsfähig werden. Das Spektrum reicht von logistischer Unterstützung bis zur Übernahme konzeptioneller Aufgaben wie der Auswahl geeigneter Non-governmental Organizations (NGOs) oder der Wirkungsmessung. - 5. Mischen Sie Ihre Teams so heterogen wie möglich:
Den größten Erfolg bringen drei- bis vierköpfige Projektteams, die sich nach Alter, Geschlecht, Nationalität, Arbeitsbereich sowie der Zeit unterscheiden, die sie bereits im Unternehmen arbeiten. - 6. Sichern Sie die Nachhaltigkeit der Projekte:
Binden Sie die Niederlassungen Ihres Unternehmens in den Zielländern ein. Beteiligen Sie Ihre dortigen Kollegen an der Auswahl der NGOs. Vernetzen Sie die NGOs mit Ihren Landesgesellschaften, um den nachhaltigen Erfolg der Projekte zu sichern. - 7. Nutzen Sie die Begeisterung der ehemaligen Teilnehmer:
Bringen Sie jeden aktuellen Teilnehmer mit einem Alumnus in Kontakt, mit dem er über seine Erwartungen und Erfahrungen sprechen kann. Solches Coaching erhält den Lernerfolg von Pro Bono. Zudem erhöhen die Ehemaligen die Reichweite des Programms.