Optimismus steht hierzulande nicht immer an erster Stelle. Vor diesem Kontext lassen sich vermutlich auch die Bitkom-Zahlen vom Januar 2020 einordnen: Branchenübergreifend hielten demnach 58 Prozent der Geschäftsführer und Vorstände ihr Unternehmen bei der Digitalisierung für einen Nachzügler. 37 Prozent kämen mit der Digitalisierung nicht zurecht, zwölf Prozent fühlten sich durch sie sogar in ihrer Existenz bedroht.
Es besteht hier nun die reale Gefahr, dass alle Anstrengungen primär auf neue Lösungen gerichtet werden. Das ist grundsätzlich auch nicht falsch, um erste Schritte einzuleiten. Eine gesunde Fehlerkultur ist dabei wichtig: schnell umsetzen, schnell dazulernen und andauernd nachjustieren. Und genau an diesem Punkt gilt es, vielleicht nicht nach hinten, doch zumindest einmal nach links und rechts zu blicken. Denn so erstrebenswert neue digitale Geschäftsmodelle sind, die erforderlichen Cloud Services kosten Geld. Und bei allem Fokus auf Design und UX darf die Standardisierung und Kosteneffizienz nicht vernachlässig werden. Nachjustieren heißt am Ende eben nicht nur Lösungsinhalte anpassen, sondern nicht mehr genutzte Dienste zum Beispiel auch mal abzuschalten – und sei es nur temporär.
Mit FinOps Kosten optimieren
Der früher im Hardware-Umfeld bekannte Wildwuchs entsteht nun bisweilen im Cloud-Umfeld, und das womöglich sogar viel leichter. Accenture hatte dazu 2019 im Rahmen einer Studie Zahlen herausgegeben, deren Dimensionen aufhorchen ließen: Beinahe zwei Drittel der Unternehmen, die in die Cloud migrierten, würden demnach ihre Ziele nicht vollständig erreichen - und in 43 Prozent dieser Fälle war ein Ausufern bei den Applikationen ein Grund dafür.
Das ist natürlich nicht tragbar und muss – gerade vor dem Blick auf den steigenden Wettbewerbsdruck – unterbunden werden. Hinter diesen Bestrebungen steht das Kürzel FinOps, das Kostenoptimierung im Bereich der Cloud Operations umschreibt. Wie ein CIO-Beitrag zeigt, waren entsprechende Best Practices dafür teilweise noch rar.
Bemerkenswert ist vor diesem Kontext der Satz, Cloud sei “weniger Technologie denn ökonomisches Mittel der Digitalisierung.” Mit tiefgreifender Expertise aus dem Cloud-Umfeld und langjähriger IT-Beratungserfahrung im Rücken lassen sich demnach durchaus beeindruckende und messbare Resultate erzielen. Die verwendeten Best Practices können so simpel sein wie eine sinnvolle Priorisierung zur Ernte der berühmten „low hanging fruits“ und so komplex wie die Hinzunahme von KI für erweiterte Optimierungen. Die drei grundlegenden Hebel sind kein Hexenwerk:
Visibilität und Kontrolle
Ressourcen-Optimierung
Governance
Doch wie lassen sich diese Hebel ansetzen?
Wie FinOps-Implementierung geht
Natürlich bildet auch bei der FinOps-Einführung die Analyse den ersten Schritt. Hierzu müssen die aktuellen Cloud-Umgebungen angesehen werden, Abgleiche mit Best Practices erfolgen und eine Strategie zur Optimierung erarbeitet werden. Wir schalten also sprichwörtlich die Taschenlampe an und schauen, welche Ressourcen bereits vorhanden sind. Im Anschluss sollten Antworten auf die folgenden Fragen gefunden werden:
Wo liegen geschäftskritische Prioritäten in der Bearbeitung?
Was sind die größten Kostentreiber und wie soll mit diesen verfahren werden?
Was lässt sich schnell und einfach optimieren?
Aussagekräftige Dashboards für Projektleiter und Vorstandsmitglieder sind dabei ebenso wichtig wie Advanced Analytics und Künstliche Intelligenz, um Vorhersagen für zukünftige Kostenentwicklungen zu treffen. An dieser Stelle passiert es nun häufig, dass der initiale Erfolg gefeiert wird, ohne eine kontinuierliche Governance zu etablieren. Doch Vorsicht: Nur wer konsequent und diszipliniert bleibt, kann dauerhaft die Kosten senken. Andernfalls ergäbe sich wiederum eine schleichende Zunahme. Eine solche „Run-Phase“ lässt sich meist in drei Monaten erreichen. Damit sind die OPEX-Auswirkungen schnell in den Bilanzen spürbar.
- Robin Parr, Neos
"Wie stark der Impact von Cloud-native ist, sieht man auch an Themen wie DevOps: Während Entwicklung und Betrieb in traditionellen Umgebungen möglichst nah zusammenwachsen, existiert diese Trennung bei Cloud-native schon gar nicht mehr: „Dev" und „Ops" sind dort ein und dieselbe Person." - Heinz Bruhn, Rackspace
"Cloud-native bedeutet mehr Freiheit, die gleichzeitig mit gestiegenen Ängsten bei den Unternehmen einher geht – auf prozessualer, auf technologischer und nicht zuletzt auf organisatorischer Ebene. Um diese zu adressieren, braucht es die Bereitschaft der Geschäftsführung, auf jeder dieser Ebenen die notwendigen Veränderungen anzustoßen." - Matthias Kranz, Red Hat
"In der Diskussion mit Kunden treten wir häufig ganz bewusst einen Schritt zurück und fragen: Warum soll es überhaupt die Cloud sein? Auf der Basis dieser Frage gilt es dann, eine klare Strategie zu formulieren und nicht einfach „Lift and Shift” zu betreiben. Das gilt auch und vor allem für die kulturelle Ebene: Gerade in großen Unternehmen führt eine allzu schnelle Migration zu Unsicherheit und auch zu Widerstand. Erst wenn der Nutzen klar wird, verschwinden die Ängste." - Rene Funk, Maturity
"DevOps ist grundsätzlich der richtige Ansatz, wenn es von der Organisation entsprechend konsequent umgesetzt wird –- strukturell und kulturell. Vergleiche mit traditionellen Methoden belegen, dass dann die Abstimmung zwischen Angebot und Nachfrage schneller läuft, Fehlerquoten sinken und unter dem Strich die Applikations-TCO reduziert wird." - Marcus Flohr, Delphix
"Wir können uns Prozesse und Technologien ausdenken, wie wir wollen: Wenn die richtige kulturelle Basis nicht da ist, dann laufen wir gegen Wände. Diese Voraussetzungen schaffen wir aber nur in einem kontinuierlichen Prozess, der die gesamte Organisation betrifft. Eine Ausgründung in Form eines Start-ups kann oft auch ein Entwicklungshemmer sein, da die generierten Innovationen es nicht in die Mitte des Unternehmens schaffen." - Simon Fleischer, ConSol
"An die Stelle von technischem Know-how tritt in Cloud-native-Umgebungen das Business-Know-how, das den Nutzen einer Technologie in den Vordergrund stellt. Vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel ergeben sich für viele Unternehmen so auch Chancen. Sie können sich fragen, welches Wissen sie wirklich im Haus benötigen." - Benjamin Treichel, Brockhaus
"Die gewissenhafte Analyse von Prozessen ist ein wesentliches Erfolgskriterium bei der Überführung von Unternehmensinfrastrukturen in die Cloud. Wenn von oben einfach nur die Ansage „Wir machen ab jetzt Cloud” kommt, dann kommt lediglich „Lift and Shift“ dabei heraus. Erst wenn Unternehmen verstehen, dass die Migration ein langwieriger, aber lohnenswerter Prozess ist, schaffen sie den Sprung. Ein großer Hemmschuh ist außerdem nach wie vor die Security. - Dominic Lindner, ownCloud
"Gerade in mittelständischen Unternehmen besteht häufig eine hohe Unsicherheit, ob sich die hohen Kosten und Aufwendungen der Integration von Daten in die Cloud lohnen und wo man genau ansetzen kann. Hier gilt es, mithilfe von klaren Use-Cases, erste Ansätze der Nutzung von Cloud kostengünstig zu erproben."
Beispiele für einzelne Cloud-Einsparungsmaßnahmen
Wer diesen Weg geht, wird zum Beispiel Subscriptions verschlanken oder ungenutzte Virtual Machines (VMs) identifizieren sowie abschalten können. Auch mancher Premium-Service wird sich als nicht mehr nötig entpuppen. Verwaiste Managed Disks lassen sich aufspüren. So können bereits erfahrungsgemäß bis zu 30 Prozent Ersparnis erreicht werden.
Zudem ist nach solchen Quick Wins die Optimierung des bedarfsgesteuerten Verbrauchs möglich. Damit lassen sich beispielsweise Storage-Ressourcen besser allokieren oder Auto-Scaling-Mechanismen einführen. Weitere bis zu 15 Prozent Kostensenkung können so realisiert werden. Die Größenanpassung der Cloud-Umgebung bringt nochmals bis zu zehn Prozent, etwa über das Resizing von VMs, Disks oder Services beziehungsweise deren Zusammenfassung. Die letzten 15 Prozent lassen sich über finanzielle Optimierungen herauskitzeln.
Als Königsdisziplin beim kontinuierlichen Betrieb kann sich die „Evergreen Innovation“ erweisen. Hier wird fortlaufend nach Optimierungspotenzial mit den neusten Services und Ressourcen in der Cloud Ausschau gehalten. Es können die Dienste zum Einsatz kommen, die den geringsten CO2-Ausstoß produzieren und gleichzeitig die Performance Anforderungen erfüllen. Aus FinOps wird so GreenOps – so wird ein wertvoller Beitrag zur aktuellen Diskussion um die CO2-Reduktion geleistet.
Lesetipp: IT-Klimakiller oder Klimaretter?
Maßnahmen, Herausforderungen, Konzepte – all das ist im Grunde nicht so neu. Der Unterschied ergibt sich vielmehr über das Einsatzgebiet. Insofern ist es natürlich ein großer Vorteil, je erfahrener Projekt-Teams sind. Viele bewährte Erkenntnisse und Methoden lassen sich für die Senkung der Cloud-Kosten durch FinOps zielführend einbringen. Ressourcen schonender Betrieb mit GreenOps ist in der Folge auch kein Hexenwerk mehr und sollte ein wichtiger Bestandteil jedes Cloud-Vorhabens sein. Also: Anpacken! Es lohnt sich. (bw/fm)