Freiberufler-Tipps

Wie Freelancer die Krise meistern

Kommentar  06.04.2020
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Karsten Freyer ist Inhaber der Steuerberatungskanzlei Karsten Freyer in Freinsheim (bei Ludwigshafen/Pfalz). Der Diplomkaufmann betreut mit seinem zwölfköpfigen Team viele Unternehmen und Selbstständige.

Die Coronavirus-Krise bringt vor allem Freiberufler ins Schlingern und nicht wenige geraten hierdurch in eine finanzielle Schieflage. So können Freelancer jetzt gegensteuern.
Viele Freelancer trifft die COVID-19-Pandemie wirtschaftlich besonders hart. Mit diesen Tipps bewältigen Sie die Krise.
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Foto: fizkes - shutterstock.com

In der aktuellen Krisensituation müssen auch Freiberufler wie IT-Berater oder Softwareentwickler flexibel auf die aktuelle Situation reagieren. Die Politik sowie die Ämter und Behörden stehen vor vielen Herausforderungen und versuchen sie zu meistern. Deshalb ändern sich nahezu täglich die in Steuer- und Finanzangelegenheiten geltenden Rahmenbedingungen bundesweit und in den einzelnen Bundesländern. Dies führt zunächst zu der beruhigenden Nachricht: Die staatliche Verwaltung ist aktiv und versucht großen wie kleinen Unternehmen und Selbständigen zu helfen, die Krise möglichst unbeschadet zu überstehen. Allein für die Solo-Unternehmer stellt das am 25. März beschlossene Sofort-Hilfsprogramm der Bundesregierung 50 Milliarden Euro bereit.

Trotz der sich täglich ändernden Rahmenbedingungen - diese zehn Tipps können Freiberuflern helfen, die Krise finanziell zu meistern:

1. Kühlen Kopf bewahren

Erstellen Sie nach der ersten Panikreaktion einen vorläufigen Finanzplan für die nächsten drei, noch besser sechs Monate, der Ihren Kapitalbedarf in der Ist-Situation in diesem Zeitraum erfasst. Stellen Sie dem Bedarf Ihre sicheren Einnahmen und Rücklagen gegenüber. Doch Vorsicht! Planen Sie die Haben-, also Einnahmen-Seite "konservativ". Berücksichtigen Sie mögliche Auftragsstornierungen, Umsatz- und Gewinneinbußen sowie Zahlungsausfälle, denn Ihr vorrangiges Ziel muss zumindest kurz- und mittelfristig sein: Ihre Liquidität beziehungsweise die Ihres Unternehmens sichern - selbst wenn es schlimmer als erwartet kommt.

2. Liquidität sichern

Nachdem Sie sich einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben verschafft haben, prüfen Sie, inwieweit Sie Ihre Fixkosten senken können oder gar müssen, um Ihre Liquidität zu sichern oder zu verbessern und somit auch Ihren finanziellen Handlungsspielraum zu erweitern, denn: In globalen Krisen wie der aktuellen, die zum Zusammenbrechen ganzer Märkte führen, müssen Sie auch mit Unverhofftem rechnen.

3. Dauerschuldverhältnisse aussetzen

Versuchen Sie im Bedarfsfall alle Dauerschuldverhältnisse wie Leasing-Verträge oder Kredittilgungen auszusetzen, um Ihre Liquidität zu erhöhen. Bewahren Sie dabei jedoch einen gewissen Zukunftsblick. Achten Sie zum Beispiel darauf, dass Sie strategisch wichtige Dienstleister und Lieferanten, soweit möglich, nicht verprellen, die Sie für Ihre Leistungserbringung, spätestens nach der Krise, wieder brauchen.

4. Steuern auf Null setzen

Lassen Sie Ihre Steuervorauszahlungen an das Finanzamt auf Null setzen und zudem Ihre Steuerschulden und Umsatzsteuerschulden aussetzen. Das erledigt Ihr Steuerberater für Sie, sofern Sie einen solchen haben und diesem hierfür das Mandat erteilen.

5. Darüber sprechen

Suchen Sie, wenn trotz dieser Maßnahmen ein temporärer Liquiditätsengpass droht, möglichst frühzeitig das Gespräch mit Ihren Kapitalgebern wie Banken und Investoren. Schildern Sie Ihnen offen Ihre Situation. Hiervor brauchen Sie sich nicht zu scheuen, wenn Ihr Unternehmen jetzt in eine finanzielle Schieflage gerät, liegt dies anders als oft in "normalen Zeiten" nicht an Managementfehlern oder daran, dass Ihr Business-Modell nicht tragfähig wäre. Die aktuelle Krise haut - bildhaft gesprochen - auch die Stärksten um. Das wissen auch die Banken.

6. Vertrauen schaffen

Führen Sie als vertrauensbildende Maßnahme entsprechende Gespräche auch mit Ihren strategisch wichtigen Lieferanten und Dienstleistern. Versuchen Sie mit Ihnen günstigere Lieferkonditionen zu vereinbaren - zum Beispiel durch ein Verlängern der Zahlungsfrist. Dies ist in der Regel kein Problem, wenn sie selbst liquide sind und wissen: ihr Unternehmen ist eigentlich gesund.

7. Häufiger Rechnungen schreiben

Schreiben Sie bei größeren Aufträgen (oder wenn Sie mit Kunden auf Kontraktbasis zusammenarbeiten) häufiger kleine Abschlags- oder Zwischenrechnungen, statt nur eine "fette" Rechnung nach Auftragsabschluss. Das verbessert Ihre Liquidität und mindert die Gefahr, dass Sie in eine finanzielle Schieflage geraten, wenn Ihr Kunde Zahlungsprobleme hat.

8. Kurzarbeit

Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitern, soweit möglich und nötig, Kurzarbeit. Beantragen Sie bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld. Dies ist bis Ende März sogar noch rückwirkend zum Monatsbeginn möglich. Beim Beantragen hilft Ihnen Ihr Steuerberater. Angenommen Sie kürzen die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter um 50 Prozent, sodass diese nur noch die Hälfte Ihres Bruttolohns von Ihnen erhalten. Dann entfallen nicht nur die von Ihnen zu entrichtenden Sozialabgaben, die Agentur für Arbeit zahlt Ihren Mitarbeitern auch von der anderen Lohnhälfte 60 Prozent als Kurzarbeitergeld. Inwieweit Sie dann die Differenz zum Normallohn noch ausgleichen, können Sie aufgrund Ihrer Liquidität entscheiden.

9. Nutzen Sie Sofort-Hilfen

Um zu verhindern, dass ein Einzelunternehmer kurzfristig insolvent wird, hat die Bundesregierung ein Sofort-Hilfe-Programm für KMU verabschiedet. Ihm zufolge können zum Beispiel Betriebe in Rheinland-Pfalz mit bis zu fünf Mitarbeitern eine Sofort-Hilfe von 9.000 Euro erhalten, die nicht zurückgezahlt werden muss; Betriebe mit sechs bis zehn Arbeitnehmern 15.000 Euro und Betriebe mit elf bis 50 Beschäftigten 30.000 Euro. Diese Summen variieren leicht von Bundesland zu Bundesland. Da das Programm gerade verabschiedet wurde, ist noch unklar, wie, wo und unter welchen Voraussetzungen das Geld beantragt werden kann und ob dieses von der jeweiligen Landesbank oder einer anderen Institution ausgezahlt wird. Dies soll bis Ende März geklärt sein. Danach können Sie die Sofort-Hilfe, sofern Sie zu den durch die Krise geschädigten Unternehmen zählen, beantragen - ebenfalls gegebenenfalls mit Hilfe Ihres Steuerberaters.

10. Beantragen Sie Sofort-Darlehen

Dasselbe gilt für die beschlossenen möglichen Sofort-Darlehen der Bundesländer für Klein-Unternehmen. Sie beantragen zum Beispiel in Rheinland-Pfalz für Betriebe bis 10 Beschäftigte maximal 10.000 Euro. Die Sofort-Darlehen müssen im Gegensatz zu den Sofort-Hilfen zurückgezahlt werden. Sie haben jedoch eine Laufzeit von sechs Jahren und sind bis Ende 2021 zins- und tilgungsfrei. (mp/fm)