Die Diskussion um Energie-Themen steht wahrlich unter Strom. Steigende Preise, Mahnrufe nach weniger Emissionen - und mittendrin das Schlagwort Smart Grid. Der weltweite Markt für intelligente Stromnetze wird bis zum Jahr 2020 ein Volumen von 400 Millionen Dollar erreicht haben, so das Marktforschungsunternehmen GTM Research.
Die Rolle der IT beim Smart Grid wird in der Öffentlichkeit zu häufig nur unter dem Aspekt möglicher Cyber-Attacken auf die Netze diskutiert. Ein Webcast der Computerwoche beschäftigt sich dagegen mit einem umfassenden Blick auf die IT. Welche Art "verteilter Intelligenz" braucht das Smart Grid der Zukunft überhaupt? Und wie profitieren Energieversorger und Unternehmen von der neuen Smart Grid Technologie?
Das Podium ist auf diesem Webcast entsprechend interdisziplinär besetzt: Hannes Schwaderer, Geschäftsführer und Managing Director von Intel, diskutiert mit Detlef Gieselmann, Senior VP Business Development bei der WWE AG. Mit Andreas Zilch aus dem Vorstand der Experton Group ist auch die Analystensicht vertreten. Detlef Korus von der Computerwoche moderiert.
Trotz unterschiedlicher beruflicher Herkunft des Podiums - in einem Punkt sind sich alle einig: IT und OT, kurz für Operational Technology, werden zusammenwachsen. Das veranschaulicht Analyst Zilch kurz und deutlich anhand des Zusammenspiels von Sensorik, Prozessoren, Netzen und IT. Er plädiert denn auch für ein gemeinsames Verständnis von Ingenieuren einerseits und Informatikern andererseits. "Das ist eine Herausforderung", räumt Zilch ein, "die sprechen manchmal in anderen Sprachen."
Ingenieure und Informatiker müssen sich ergänzen
Wie gut eben diese Herausforderung bewältigt werden kann, stellen Schwaderer und Gieselmann an einem gemeinsamen Projekt dar. "Intelligente Ortsnetzstation" nennt sich das hochmoderne Umspannwerk, bei dem zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Servicetechnikern vor Ort und Experten in der Zentrale besser funktioniert. "Wir sehen jetzt, wie gut sich Ingenieure und Informatiker ergänzen", sagt Gieselmann.
Letztlich steckt hinter Smart Grid ein Paradigmenwechsel. "Früher ging es darum, Energie zu erzeugen", erklärt Zilch. "Heute geht es um die intelligente Verteilung und Nutzung von Energie." Denn zu wenig Strom hat Deutschland ganz und gar nicht bei Ausfallzeiten von "weniger als 20 Minuten im Jahr", wie Gieselmann sagt. Ein klarer Pluspunkt für den Industriestandort Deutschland. Doch auch die Strompreise sind wettbewerbsentscheidend, fügt Schwaderer an.
Die Idee von Smart Grid ist, die Energieversorgung zu steuern, führt Zilch aus. So finden sich heute in jedem Gerät Sensoren, vom Smartphone über die Kaffeemaschine bis zum Mähdrescher. Es kann möglich werden, aus all den gemeldeten Daten den Energieverbrauch vorherzusagen. Wobei Smart Meter auch eine Datenflut mitbringt, betont Gieselmann. Und nicht zuletzt argwöhnt mancher Verbraucher zu viel Kontrolle, wenn seine Kaffeemaschine jedes Einschalten meldet. Gieselmann sieht den Datenschutz bei deutschen Unternehmen in guten Händen. "Das ist ja nicht wie bei Facebook, wo die Bürger ihre Daten exponieren", sagt er.
Kontrolle ist für Moderator Korus aber auch das Stichwort innerhalb der Unternehmen. Wer wird eigentlich die Smart-Grid-Thematik verantworten? Der CIO? Der CEO? Oder der Operations-Chef? Analyst Zilch erwartet hier durchaus Konflikte.
Ein weiterer Aspekt ist das Etablieren von Standards. Wenn Deutschland Windenergie aus Irland bezieht, wenn der Blick auf die USA mit ihren Netzen ausgeweitet wird, funktioniert das nicht ohne einheitliche Standards.
"Der nächste Bill Gates!"
Doch Standardisierung ist für Zilch auch schon ein Thema beim Blick nach innen. Deutschland erzeugt Energie aus unterschiedlichen Quellen, darunter erneuerbare. Damit werden auch teils unerwünschte und jedenfalls ungesteuerte Mengen ins Netz eingespeist, die dann austariert werden müssen. "Wie steht es um das Speichern der Energie aus erneuerbaren Quellen?", fragt an dieser Stelle Korus. Schwaderer seufzt: "Wenn Sie das erfinden, sind Sie der nächste Bill Gates!"