In den verschiedensten Branchen gewinnen Automatisierungslösungen in Unternehmen an Zugkraft. Die Gründe hierfür: Entsprechende Tools besitzen das Potenzial, Herausforderungen in der Prozessautomatisierung zu lösen, Kosten zu senken und die Effizienz in den Abteilungen von Finanz- und Buchhaltung bis hin zu Marketing und Kundenservice zu steigern. Oftmals führt dieser Ansatz allerdings zur Bildung von Silos: Ein Team verwendet ein Automatisierungs-Tool, um eigene Prozesse zu automatisieren, ohne dann aber zu überlegen, wie diese Lösung auch anderen Abteilungen im Unternehmen helfen könnte.
Automatisierung auf das nächste Level heben
Wenn Unternehmen sich für eine Automatisierungslösung entscheiden, ist dabei nicht die Implementierung des Tools die Herausforderung, sondern dessen Skalierung. Ein Bericht von HFS Research verdeutlicht, dass zwar die meisten Unternehmen bereits Automatisierungs-Tools einsetzen, sie aber noch skalieren müssen.
Ein Beispiel hierfür ist Robotic Process Automation (RPA): 90 Prozent der Organisationen verfolgen laut HFS bei der Automatisierung einen integrierten Ansatz. Das größte Hindernis besteht für sie darin, dass eine klare unternehmerische Vision fehlt - und außerdem Fachkräfte, die Automatisierungsprojekte vorantreiben könnten. Solange sie diese Herausforderungen nicht meistern, wird es ihnen schwerfallen, Automatisierungslösungen bedarfsgerecht und effektiv zu skalieren.
Die gute Nachricht ist: Diese Fallstricke lassen sich überwinden - wenn Unternehmen wissen, wo sie anfangen sollen. Es empfiehlt sich, in folgenden Schritten vorzugehen.
1. Ein Kompetenzzentrum errichten
Um Synergien zu finden und beispielsweise einen erfolgreichen Automatisierungsprozess auch in anderen Unternehmensbereichen zu etablieren, ist es hilfreich, ein Kompetenzzentrum (Center of Excellence, CoE) einzurichten. Es besteht aus einer Gruppe von Mitarbeitern, die sich intensiv mit Themen rund um die Automatisierung beschäftigen. Sie überwachen Automatisierungsprozesse und die Einhaltung der jeweiligen Standards im gesamten Unternehmen, initiieren Schulungen, koordinieren Anbieter und führen Best Practices ein. Diese Automatisierungs-Taskforce lässt sich flexibel strukturieren. Denkbar sind drei verschiedene Modelle, die sich hinsichtlich der Verteilung der Verantwortlichkeiten unterscheiden:
Zentralisiertes Betriebsmodell: Ein Team führt und kontrolliert alle Aspekte der Automatisierung.
Dezentrales Betriebsmodell: Für den Betrieb des Automatisierungsprogramms sind die Verantwortlichkeiten auf verschiedene Geschäftseinheiten verteilt.
Hybrides Betriebsmodell: Ein einziges, zentralisiertes Team führt einige Aspekte des Automatisierungsprogramms aus, während andere in weiteren Geschäftsbereichen repliziert werden.
Die Frage, welches Modell für ein Unternehmen geeignet ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es ist empfehlenswert, mit dem Modell anzufangen, das geeignet erscheint - und es bei Bedarf anzupassen. Startet ein Unternehmen zum Beispiel gerade erst mit der Automatisierung, ist möglicherweise der zentralisierte Ansatz am besten. Für eine Skalierung hingegen ist es ratsam, Verantwortlichkeiten im gesamten Unternehmen zu verteilen.
2. Die Software kritisch prüfen
Derzeit verwenden viele Unternehmen Software wie RPA, um ihre Prozesse zu optimieren, beschränken sie jedoch nur auf einige wenige Geschäftsabläufe. Diese Vorgehensweise ist zwar als erster Schritt richtig, um sich nicht zu verzetteln. Sie führt aber dazu, dass zahlreiche weitere Prozesse immer noch einen hohen manuellen Aufwand verlangen.
Die Herausforderung besteht darin, dass viele RPA-Tools nicht in der Lage sind, komplexere, sogenannte kognitive Aufgaben zu lösen. Deshalb ist es notwendig, auf die nächste Generation von RPA-Lösungen umzusteigen. Diese Tools beinhalten Funktionen Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning, um eine große Vielfalt von komplexen Aufgaben zu automatisieren. Software-Roboter avancieren damit zu den neuen, digitalen Kollegen der echten Mitarbeiter.
Die Bots fungieren quasi als "Arme und Beine", während die KI-Komponenten das "Gehirn" dieser RPA-Generation darstellen. Eine solche intelligente Software ist beispielsweise in der Lage, den Eingang einer Rechnung zu erkennen, den Lieferanten und die dazu passende Bestellung zu identifizieren und anschließend eine Aktion in der Kreditorenbuchhaltung auszulösen - und das völlig ohne menschliches Zutun.
- Gero Decker, CEO der Signavio GmbH
"Immer mehr Unternehmen investieren in Robotic Process Automation. Doch an welchen Stellen ist der Einsatz von Software-Robotern eigentlich sinnvoll? Wo sollte ein Prozess zunächst verbessert werden, bevor er automatisiert wird? Wie lassen sich RPA-Initiativen planen, auswerten und steuern? Eine skalierbare RPA-Initiative basiert auf einer fundierten Dokumentation, Analyse und Optimierung von Prozessen. Nur so gewinnen Sie Handlungssicherheit und erzielen langfristige Erfolge." - Roman Schäfer, Partner bei Blue Reply
"Wir sind der Überzeugung, dass der Einsatz von Prozessanalysen, RPA und die Umsetzung in innovative Plattformen Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig machen. Ziel ist es, Firmen zu befähigen, ihr Geschäftsmodell digital zu transformieren." - Walter Obermeier, Managing Director der UiPath GmbH
"Was kann ich heute schnell und agil tun, um für morgen fit zu sein? Es gibt kein besseres Tool als Robotic Process Automation, wenn es darum geht, mit wenigen personellen Ressourcen das Optimum rauszuholen. Natürlich muss ich auch in Zukunft meine alten Legacy-Systeme warten, aber zügig auf Veränderungen reagieren und Business-Wünsche schnell erfüllen zu können, geht eben mit RPA am besten. Auf einmal können sich IT und Business auch wieder anfreunden und gemeinsam agil und erfolgreich agieren."
3. Durch Erfolgsbeispiele Mitarbeiter überzeugen
Roboter, die als digitale Kollegen die Mitarbeiter unterstützen sollen - diese Vorstellung stößt bei dem einen oder anderen auf Vorbehalte. Mitarbeiter stellen sich die Frage, ob sie bald durch die Software ersetzt werden. Diese Sorge lässt sich schnell aus dem Weg räumen. Menschen fürchten sich instinktiv vor Veränderung. Hier können gut funktionierende Beispiele helfen. Diese zeigen den Wert der Automatisierung deutlich auf und sprechen die Emotionen der Menschen an.
Ein Beispiel ist die Einführung von Geldautomaten, bei der viele Bankmitarbeiter befürchteten, überflüssig zu werden. Doch das Gegenteil war der Fall, denn sie konnten sich nun viel stärker auf die Kundenberatung fokussieren. Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern zeigen, wie die Automatisierung Customer- und Employee-Experience verbessert, lassen diese sich deutlich besser von weiteren Automatisierungsprozessen im Unternehmen überzeugen - insbesondere, wenn das Unternehmen die Lösung in weiteren Bereichen einsetzen möchte.
Das Unternehmen muss dazu aber ein Bewusstsein dafür schaffen, wie die Automatisierung bessere Datengenauigkeit, Kosteneinsparungen und kürzere Bearbeitungszeiten ermöglicht. Kein Mitarbeiter wird gerne seine Zeit damit verbringen, immer wieder Daten von A über B nach C zu kopieren. Genau solche Aufgaben sind zeitaufwendig und zudem sehr fehleranfällig, da die Konzentration nachlassen kann. Diese Zeit lässt sich mit anderen Aufgaben viel sinnstiftender füllen, etwa, indem sich Mitarbeiter auf die Kundenberatung konzentrieren.
4. Weitere Geschäftsbereiche optimieren
Normalerweise starten Unternehmen ihr Automatisierungsprogramm zunächst damit, einzelne Projekte in einem Bereich zu testen, um sie anschließend im Rahmen der Skalierung sukzessive auszuweiten. Viele tun sich jedoch im Anschluss daran schwer, weitere Prozesse zu finden, die beispielsweise mittels RPA automatisierbar sind. Um diese zu identifizieren, sollte sich die Automatisierungs-Taskforce mit der Geschäfts- und IT-Leitung austauschen und folgende Punkte klären:
Welche Unternehmensbereiche bleiben hinter den Erwartungen zurück?
In Bereichen, die keine Innovationen oder Produktivitätssteigerungen verzeichnen, gibt es häufig Arbeitsabläufe, die für die Automatisierung in Frage kommen.
An welchen Stellen gibt es durch unflexible Anwendungen oder Informationssilos Engpässe
Liefern Bereiche durchweg schlechtere Ergebnisse als andere, liegt das möglicherweise am mangelnden Austausch von Informationen zwischen den Bereichen und Abteilungen? Doppelt migrierte Systeme beispielsweise können Engpässe in der Verarbeitung verursachen.
Welche Prozesse sind ohne zusätzliches Personal nicht skalierbar?
Sobald Unternehmen größer werden, nimmt auch die Anzahl von Prozessen zu. Müssen Organisationen immer mehr Personal einstellen, um diese Abläufe aufrechtzuerhalten, ist dies ein deutliches Anzeichen, dass eine Prozessoptimierung nötig ist.
Ohne skalierende Automatisierungslösung geht es nicht
Wenn Unternehmen stärker kundenorientiert agieren wollen, ist es notwendig, die Automatisierungssoftware in möglichst vielen Bereichen einzusetzen, damit sie Mitarbeiter möglichst umfassend entlastet. Der große Erfolg von Automatisierung stellt sich dann ein, wenn Unternehmen Menschen, Technologie und Prozesse in Einklang bringen. Damit steigern sie die Effizienz und den Erfolg der gesamten Organisation. (mb)