Unter Whistleblowing versteht man die Veröffentlichung von Missständen oder Fehlverhalten im Unternehmen durch Mitarbeiter. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Fall des ehemaligen US-amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, der im Jahr 2013 mit seinen Enthüllungen über das weltweite Ausmaß an Überwachungs- und Spionagetätigkeiten für Aufsehen sorgte. In den USA drohen ihm dafür mehrere Jahre Haft, unter anderem wegen des Vorwurfs von Spionage und der widerrechtlichen Weitergabe geheimer Informationen.
Auch in Deutschland gibt es bisher keinen systematischen Schutz von Whistleblowern. Geht ein Whistleblower an die Öffentlichkeit, beispielsweise über die Presse oder mittels Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, ohne vorab intern im Unternehmen seinen Verdacht angesprochen zu haben, muss er mit arbeitsrechtlichen Folgen rechnen. Das kann bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung reichen. Es gibt punktuell verschiedene Vorschriften, wie etwa den "Rechtfertigenden Notstand" im Strafrecht, die zum Schutz herangezogen werden können. Zudem existiert beispielsweise in der Finanzbranche eine gesetzliche Vorschrift zu Ausgestaltung von Hinweisgebersystemen die dem Schutz dienen können.
Know-how-Schutz durch das Geschäftsgeheimnisgesetz
Bisherige nationale Gesetzesinitiativen zum Schutz von Whistleblowern waren erfolglos. Mit der EU-Geheimnisschutzrichtlinie und deren Umsetzung in das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen bekommen sie nun einen festen Platz innerhalb der deutschen Gesetze. Das Gesetz befasst sich mit dem Schutz von Informationen, welche aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für Unternehmen äußerst wichtig und somit besonders schützenswert sind. Hier ist es aber nicht ausreichend, dass der Geheimnisträger sie nur als schützenswert ansieht, er muss sie auch mit angemessenen Schutzmaßnahmen versehen. Im Gesetz sind sowohl erlaubte Handlungen als auch Handlungsverbote festgehalten. Trotzdem lässt es über die angegebenen, allerdings nicht abschließenden, Rechtfertigungsgründe noch "Spielraum" hinsichtlich der Erlangung, Nutzung oder Offenlegung für berechtigte Interessen. Diese berechtigten Interessen können sowohl ideeller als auch wirtschaftlicher Art sein.
Im Entwurf des neuen Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen fällt der Whistleblower-Schutz unter die Rechtfertigungsgründe für eine Offenlegung. Demnach ist die Offenlegung vertraulicher Informationen zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens gerechtfertigt, wenn die das Geschäftsgeheimnis erlangende, nutzende oder offenlegende Person (der Whistleblower) in der Absicht handelt, dass allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Die Formulierungen klingen gut, werfen beim zweiten Blick allerdings viele Fragen auf. Zum einen lastet sie dem potentiellen Whistleblower die Bürde auf, eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der vermeintlich rechtswidrigen Handlung vorzunehmen sowie berufliches oder sonstiges Fehlverhalten in ihrer Schwere zu bewerten. "Sonstiges" Fehlverhalten soll nach Meinung des Gesetzgebers besonders unethisches Handeln einschließen. Aber was ist unethisch? Ein Verstoß gegen die guten Sitten oder allgemeine Moralvorstellungen kann nur rein subjektiv bewertet werden. Da das Gesetz aber nicht davor abschrecken soll, Fehlverhalten zu melden - beispielsweise aus Angst vor eigenen rechtlichen Konsequenzen -, obliegt dem Geheimnisträger die Nachweispflicht. Das betroffene Unternehmen muss darlegen, weshalb eben kein Rechtfertigungsgrund in Form von öffentlichem Interesse oder unethischem Verhalten vorliegt.
Hinweissysteme schaffen
Unternehmen sind gut beraten, interne Hinweissysteme zu etablieren. Sie können einen Beitrag zur Minimierung arbeits- und zivilrechtlicher aber auch strafrechtlicher Risiken leisten. Einerseits geben sie den Mitarbeitern die Möglichkeit, Fehlverhalten melden zu können, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen oder Geschäftsgeheimnisse zu verraten. Anderseits geben sie den Unternehmen die Chance, ohne Reputationsverlust gegen interne Missständen vorgehen zu können.