Enterprise-SSDs

Western Digital schnappt sich sTec

25.06.2013
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Western Digital (WD) übernimmt über seine Tochter HGST den Enterprise-SSD-Hersteller sTec (vormals STEC).

Den Zukauf lässt WD sich 340 Millionen Dollar in bar kosten. STec, gegründet von den Brüdern Manouche und Mark Moshayedi, war vor Jahren ein echter Highflyer mit einem Aktienkurs von über 40 Dollar und einer Marktkapitalisierung von mehr als zwei Milliarden Dollar, Damals war die Company der exklusive Lieferant von Fibre-Channel-SSDs für EMC. Dann aber setzten sich in Storage-Arrays SAS-SSDs durch, und PCI-Express-Flash ließ einen Markt für Flash-Karten in Servern entstehen. Das ließ Umsätze und Aktienkurs von sTec abschmieren, die Firma machte plötzlich erhebliche Verluste.

Nachdem EMC eingeräumt hatte, dass es zu viele FC-SSDs bei sTec geordert hatte, wurde der damalige CEO Manouche Moshayedi von der US-Börsenaufsicht SEC bezichtigt, Insider-Verkäufe getätigt zu haben. Der Mitgründer bestreitet dies bis heute, trat aber als Firmenchef zurück und räumte den Chefsessel für seinen Bruder Mark. STec zahlte später 36 Millionen Dollar, um eine Sammelklage von Aktionären beizulegen. Der Hedge-Fund-Investor Balch Hill drängt seit geraumer Zeit auf einen Chefwechsel bei sTec, wie der britische Branchendienst "The Register" berichtet. STec hatte zuletzt einen eigenen Direktvertrieb aufgebaut, um seine historische Abhängigkeit von OEMs zu verringern, und bietet mittlerweile mit dem "s3000" auch ein eigenes Flash-Array an (WD hat in diesem Bereich in das Startup Skyera investiert).

In der Vergangenheit war ausgerechnet HGST der einzige Enterprise-SSD-Lieferant, der - mit gemeinsam mit Intel entwickelter Technik - direkt mit sTec im Markt für Fibre-Channel-SSDs konkurrierte. Durch die Übernahme gelangt es an das geistige Eigentum von sTec, das unter anderem 55 Patente und 78 Patentanmeldungen umfasst.

HGST wird künftig also seine eigene Inhouse-SSD-Fertigung haben, will aber SAS-Produkte auch weiterhin gemeinsam mit Intel entwickeln. "Solid-State-Speicher im Unternehmen wird in der Zukunft von WD eine zunehmend strategische Rolle spielen", begründete WD-CEO Steve Milligan die Übernahme. "Diese Übernahme ist ein weiterer Baustein unserer Strategie, die dramatischen Veränderungen in der Storage-Industrie auszunutzen, indem wir in SSDs und andere Wachstums-Speicherprodukte investieren." Das könnte weitere Übernahmen bedeuten. Aus Sicht von HGST ergänzen sich seine Produkte und die von sTec, die Firma möchte ferner "im PCIe-Segment des Enterprise-SSD-Markt mitspielen".

Die Übernahme dürfte voraussichtlich gegen Ende des Jahres abgeschlossen werden. Die Brüder Moshayedi steigen bei sTec aus und spielen keine weitere Rolle in der Firma mehr; Balch Hill legt mit der Übernahme einen netten Exit für sein Investment hin. HGST will bestehende sTec-Produkte weiterhin supporten und mit Kunden über deren künftige Anforderungen sprechen. Bis zum Abschluss der Übernahme bleibe die Verfügbarkeit der sTec-Produkte unverändert, danach solle über die künftige Produktstrategie von Fall zu Fall entschieden werden.

Die HGST-Mutter WD bezieht die NAND-Caches für ihre hybriden SSHD-Produkte von SanDisk und will dies auch künftig tun. Derzeit unterliegen HGST und WD nach ihrem Merger noch der Aufsicht der chinesischen Regulierungsbehörde MOFCOM. Sobald diese voraussichtlich 2014 endet, dürften die beiden Flash-Geschäfte kombiniert werden (wahrscheinlich mit einer Konsolidierung der Zulieferer).

Als Ergebnis der Übernahme dürfte sich der Wettbewerb zwischen WD und Seagate verschärfen; gleichzeitig bekommt Fusio-io wohl mehr Wettbewerb bei Server-Flash. Die übernommene sTec sollte außerdem von den OEM-Beziehungen von HGST profitieren können - wie sich das auf den eigenen Direktvertrieb auswirkt, bleibt abzuwarten. Für die sTec Kunden bedeutet der Deal, dass Produktlieferungen und Support weitergehen werden und ihr Flash-Lieferant nun deutlich stärker aufgestellt ist. Schwieriger wird die Lage hingegen für andere angeschlagene SSD-Bauer wie OCZ, für die die Zahl potenzieller Abnehmer ihre Produkte nun wieder kleiner geworden ist.