Cloud-Abrechnungsmodelle

Wenn die IT aus der Steckdose kommt

03.08.2018
Von 
Iris Quirin ist freie Journalistin in Hamburg
Viele Cloud-Anbieter werben mit Kostenvorteilen durch die Bezahlung nach Verbrauch. Doch die diversen Abrechnungsmodelle passen nicht immer zu diesem Versprechen. Der Teufel steckt oft im Detail.

Cloud Computing hat sich als Basis für die Digitalisierung in Unternehmen etabliert. Zwei von drei deutschen Unternehmen beziehen ihre Services bereits aus der Wolke, so das Ergebnis des Cloud Monitors 2017 von Bitkom Research im Auftrag der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Die Zahl dürfte noch steigen, denn die digitale Transformation ist in vollem Gang.

Die Abrechnungsmodelle der Cloud-Anbieter unterscheidet sich stark. Nicht selten bleiben gebuchte Kapazitäten ungenutzt.
Die Abrechnungsmodelle der Cloud-Anbieter unterscheidet sich stark. Nicht selten bleiben gebuchte Kapazitäten ungenutzt.
Foto: shutterstock.com - Gazlast

Die Vorteile der Cloud sind hinlänglich bekannt: Unternehmen benötigen keine zusätzlichen Rechner oder Server, keine eigene Software und kein spezielles Know-how für die Konfiguration, Datensicherung oder den Update-Prozess. Ob am Rechner im Büro oder mit dem Smartphone, Tablet oder Notebook: Mitarbeiter rufen ihre Anwendungen unabhängig von Zeit und Ort aus dem Rechenzentrum ihres Anbieters ab und speichern sie auch dort. Cloud-Anwendungen, so das Versprechen der Anbieter, sollen sich so einfach wie Strom aus der Steckdose nutzen und auch bezahlen lassen.

Neben Anwendungsprogrammen (Software as a Service, SaaS) wie Bürosoftware, Sicherheitslösungen, E-Mail, Kalender, Lösungen für die interne Zusammenarbeit (Collaboration) oder das Kundenmanagement (CRM) beziehen Unternehmen auch ihre Rechenleistung und Speicherplatz (Infrastructure as a Service, IaaS) aus der Cloud. Sie lagern zum Teil ganze Geschäftsprozesse in die Cloud aus (Business Process as a Service, BPaaS) und nutzen Cloud-Dienste als Entwicklungsplattform für eigene Anwendungen (Platform as a Service, PaaS). Multi-Cloud nennt sich ein weiterer Ansatz, bei dem ein Unternehmen - die entsprechenden Schnittstellen vorausgesetzt - sogar Cloud-Lösungen mehrerer Anbieter nutzen kann.

Jeder Cloud-Anbieter hat ein eigenes Abrechnungsmodell

Für die verschiedenen Cloud-Services hat jedoch jeder Anbieter sein eigenes Abrechnungsmodell entwickelt. Die einen rechnen monatlich zu Festpreisen ab, andere legen die Anzahl der Aufrufe, die Transaktionen oder den Datendurchsatz für die Berechnung zugrunde. "Grundsätzlich führt die Cloud-Nutzung zu einer nachfrageorientierten und damit flexibleren Abrechnung von IT-Ressourcen", erklärt Axel Pols, Geschäftsführer von Bitkom Research. Seiner Erfahrung nach setzen Anbieter vor allem auf sogenannte On-Demand-Modelle, wobei für die genutzte Rechenkapazität nach Stunde, Minute oder sogar nach Sekunde gezahlt wird. Cloud-Kapazitäten können aber auch als Reserveleistung vorgehalten und abgerechnet werden.

"Im SaaS-Umfeld handelt es sich in der Regel um Preis-pro-Nutzer-Modelle, eventuell ergänzt um nutzungsbasierte Komponenten", erklärt Karsten Leclerque, Head, Cloud & Infrastructure des Marktanalyse- und Beratungsunternehmens PAC. "Steigt die Nutzerzahl, sinken in der Regel die Kosten pro Nutzer. Verlangt das Unternehmen eine höhere Verfügbarkeit oder schnellere Reaktionszeiten, wird auch der Service teurer."

Cloud-Infrastruktur meist nach Nutzung abgerechnet

Im Infrastrukturbereich hat sich die nutzungsbasierte Abrechnung etabliert. "Für Workloads, deren Ressourcenbedarf schwer vorhersehbar ist - etwa bei der Entwicklung und Skalierung neuer Anwendungen, oder auch dem Ausprobieren und Testen neuer Funktionalitäten, ist das klassische Pay-per-use-Modell der Cloud der wichtigste Vorteil gegenüber klassischen Architekturen", erklärt Leclerque. Die besten Preise erhalten Unternehmen seiner Erfahrung nach aber in der Regel bei einem Commitment zu Ressourcennutzung und Laufzeit. Die Rabatthöhe steigt mit der Höhe des Abnahmevolumens. "Das macht dort Sinn, wo sich der Ressourcenbedarf planen lässt, etwa beim Hosting bereits produktiver Anwendungen", führt er aus. Denn sonst zahlt das Unternehmen Leistungen, die es gar nicht benötigt.

"Wichtig ist, dass man Mehrleistungen hinzubuchen und diese bei weniger Bedarf auch zurückgeben kann", erklärt Matthias Zacher, Manager Research & Consulting beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC. "Das ist noch ein Problem, weil manche Dienstleister ihr Angebot mit einer Mindestabnahmemenge verbinden."

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Cloud-Anbieter das gesamte Portfolio im Angebot haben: Von Pay-per-use bis hin zur vertraglichen Abnahme und Mindestlaufzeiten von bis zu mehreren Jahren mit entsprechenden Rabatten für die Buchung und Nutzung von Cloud-Diensten. "Hier empfiehlt es sich basierend auf dem konkreten Anwendungsfall eine erste Hochrechnung zu erheben und mit in die Planung einzubeziehen", rät Marko Vogel, Director Cyber Security bei der KPMG. Da die Preismodelle zum Teil sehr komplex sind, stellen Cloud-Anbieter ihren Kunden auf ihren Websites spezielle Tools zur Kostenermittlung zur Verfügung. "Basierend auf den Eingaben berechnen sie eine voraussichtliche Summe und helfen Unternehmen bei der Entscheidungsfindung", erklärt Vogel.

Die ursprüngliche Idee, Cloud-Dienste wie Strom aus der Steckdose zu beziehen und nach Verbrauch zu bezahlen, und nicht etwa nach der Anzahl der Geräte im Haus, griff beispielsweise die Dell-EMC-Tochter Virtustream für ihre Enterprise Cloud auf. Dazu entwickelte sie die plattformunabhängigen Maßeinheit MikroVM, die sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Über ein spezielles Verfahren kann der Anbieter damit laut eigenen Angaben den tatsächlichen Verbrauch von Rechen-, Speicher-, Netzwerk- und Speicherressourcen exakt berechnen. Dies soll auch über mehrere Clouds (Multi-Cloud) hinweg möglich sein.

Nutzer könnten damit auch die Anwendungen genauer eingrenzen, erklärt Matthias Zastrow, Countrymanager Deutschland bei Virtustream: "Nicht alle Kunden haben dieselben Anforderungen. Einige beispielsweise benötigen mehr Speicher, andere wollen ihre Cloud-Anwendungen in einem weiteren Rechenzentrum gespiegelt haben, was natürlich aufwendiger ist. Deshalb haben wir verschiedene Klassen identifiziert."

Die monatliche Rechnung soll am Ende für jede Klasse nur MicroVM-Stunden umfassen, die tatsächlich verbraucht wurden. "In klassischen Cloud-Umgebungen bleiben viele Kapazitäten ungenutzt, müssen aber trotzdem voll bezahlt werden", wirbt Zastrow für das Verfahren. "Hier wird exakt für die genutzte Leistung bezahlt."