So oder so ähnlich hat das bestimmt jeder schon mal gehört oder vielleicht sogar empfunden. Man fragt sich dabei nur, wer beauftragt diese Berater denn immer wieder und warum eigentlich? Folgt man dem Kerngedanken der Schwarmintelligenz, dann muss es ja auch Gründe dafür geben. Zumal die Branche bis weit ins 19. Jahrhundert zurück reicht und sich seither prächtig entwickelt.
In der Tat gibt es eine Vielzahl von Gründen, die für eine professionelle Beratung sprechen. Der individuelle Consultant steht nicht alleine für Wissen und Erfahrung. Er greift stets auf ein Netz an Methoden, Strukturen und Vorgehensweisen zurück. Diese sind durch langjährige Erfahrung und Dokumentation aus unzähligen Projekten zum geistigen Eigentum und damit auch zu einem Unterscheidungsmerkmal von Beratungsunternehmen geworden. Stellt ein Beratungsprojekt für den Auftraggeber oftmals eine einmalige Herausforderung dar, so ist es für das Beratungshaus doch das tägliche Brot. Der Consultant vor Ort ist dabei nur die Speerspitze beim Kunden. Er greift bei Bedarf auf ein Netzwerk von Experten zurück und kann im Notfall auch durch solche ersetzt werden.
Dabei besteht die Pflicht für das Beratungsunternehmen und damit auch die berechtigte Erwartungshaltung jedes Kunden darin, passende Projektpläne, Milestones, Controlling-Instrumente, Testroutinen bereit zu stellen und für das projektspezifisch notwendige Wissen zu sorgen. Dies nüchtern kalkuliert und mit fast beliebiger Skalierbarkeit der eingesetzten Beratungsressourcen bewertet, relativiert die auf den einzelnen Consultant heruntergebrochenen Kosten schnell.
Entscheidend und vermeintlich teurer wird's dann mit der Kür. Zusätzlich zum beschriebenen Handwerkszeug liefern professionelle Beratungsunternehmen darüber hinaus Themen- und Branchentrends. Sie stellen nachhaltig unbequeme, aber entscheidende Fragen und bewerten die Antworten mit Benchmarks aus ähnlich gearteten Projekten. Nur so birgt ein Beratungsprozess auch immer die Chance auf Innovation in sich und nur so kann neben Automatisierung auch wirkliche Wertschöpfung erreicht werden. Dies rechtfertigt dann auch höhere Tagessätze!
Die Kunst für den Auftraggeber, den größtmöglichen Nutzen aus einem anstehenden Projekt zu ziehen, besteht demnach darin, den passenden Berater am Markt zu finden und vor allem ihn richtig einzusetzen. Das ist einfacher gesagt als getan. Schließlich gibt es allein in Deutschland über 14.000 registrierte Beratungsunternehmen und die Vergleichbarkeit untereinander ist oft "papiergetrieben".
Ich werde folgend die Prozess- und Implementierungsberatung in den Mittelpunkt stellen und unterschiedliche Beauftragungsstrategien an einem typischen SAP-Einführungsprojekt festmachen. Zum einen der hohen Alltagsrelevanz wegen und zum anderen da es sich i.d.R. um großvolumige, oft internationale und damit kostenintensive Projekte handelt.
SAP-Implementierung ohne Berater
Manche Unternehmen implementieren überwiegend selbst und holen sich nur punktuelle Unterstützung. Das ist eine durchaus legitime Herangehensweise. Voraussetzung dafür ist allerdings eine hohe Prozess- und SAP-Lösungskompetenz im eigenen Haus. Weiterhin braucht das Projektteam klare interne Priorität und Akzeptanz von der Geschäftsleitung, andernfalls wird das Projekt scheitern, denn es gibt täglich operativ Wichtiges, das nicht warten kann oder jemanden, der glaubt einen besseren Lösungsweg zu kennen. Schließlich darf die notwendige Projekterfahrung und vor allem professionelles Projektmanagement nicht unterschätzt werden. Milestones können nur dann gehalten werden, wenn es welche gibt und der Weg dahin auch gemanagt wird. Das ist doch klar, mag so mancher denken - leider sieht die erlebte Praxis allzu oft ganz anders aus!
Ist dies gegeben und die Verfügbarkeit über die geplante Projektlaufzeit gesichert, dann wird Beratung lediglich dort eingesetzt, wo Expertise benötigt oder Ressourcen ergänzt werden müssen. Auf diese Weise können erfahrene Teams erheblich an Kosten sparen und vor allem Know-how im eigenen Unternehmen halten. Beurteilend muß jedoch festgehalten werden, daß diese Vorgehensweise sehr riskant und für komplexe, internationale oder Erst-Implementierungen grundsätzlich nicht geeignet ist.
Pferde wechseln in voller Fahrt
Eine phasenweise Vergabe von Projekten ist in den letzten Jahren in Mode gekommen. Dabei werden Projekte in zeitlich möglichst sinnvolle Phasen geteilt und oftmals bewusst getrennt voneinander ausgeschrieben. Für den Einkauf ergeben sich dadurch vielfältige Möglichkeiten den Wettbewerb zwischen Implementierungsanbietern zu forcieren und den vermeintlich besten Preis für das Projekt zu erzielen. Es soll ja sogar Beratungsunternehmen geben, die sich in Projekte einkaufen und dafür einzelne Phasen sponsern. Man stelle sich dieses Einkaufspotenzial über verschiedene Projektphasen hinweg vor. Also volles Verständnis dafür aus Einkaufssicht - anders sieht dies allerdings aus Projektsicht aus!
Es ist erfahrungsgemäß ausgesprochen riskant, in laufenden Projekten die Pferde zu wechseln. Die Informationsübergabe an einen neuen Verantwortlichen ist nicht wirklich kalkulierbar und Methodik und Firmenkultur unterscheiden sich doch oft erheblich von Beratung zu Beratung. Neben zeitlichem Verzug sind inhaltlicher Streit und in aller Regel katastrophale Projekte, für die am Ende keiner verantwortlich gewesen sein will, das Ergebnis. Im schlimmsten Falle überlagern rechtliche Auseinandersetzungen um Schuldfragen und Gewährleistung schnell die eigentliche Projektarbeit. Dass dies dann viel Geld kostet das nicht im Budget berücksichtigt war, versteht sich von selbst. Seriös betrachtet kann man davon nur abraten. In einem laufenden Projekt sollte der Dienstleister nur dann getauscht werden, wenn die Zusammenarbeit nicht klappt!
Alles aus einer Hand
Sicherlich jeder, der schon Mal ein Haus gebaut hat, kennt diesen Wunsch. In unserem Beispiel einer SAP-Implementierung also am besten gleich von der SAP selbst. Dieser Wunsch scheint auf den ersten Blick vernünftig. Dabei muß aber - um in der Analogie zu bleiben - die Frage erlaubt sein, ob der Hersteller auch zwangsläufig der beste Architekt, Maurer oder Dachdecker in einem sein muss? Sicherlich nicht!
Ähnlich verhält es sich auch bei der Implementierung von SAP. Nicht nur daß die Leistungen der SAP - wie oftmals zitiert - hochpreisig sind, es gibt Arbeitsschritte innerhalb von Projekten, die haben originär nichts mit Produktwissen zu tun. Man denke beispielsweise nur an branchenspezifische Prozessexpertise, um ein Unternehmen zu optimieren oder an internationales Projektmanagement. Für beides gibt es ausgesprochene Spezialisten im Beratungsmarkt, wohingegen die SAP ein Softwarehaus ist und wohl auch bleibt. Nicht falsch verstehen, Komplettvergaben an SAP können durchaus Sinn machen und für alle Schritte in einem Implementierungsprojekt ist auch umfassendes Know-how im Hause SAP da, aber manches können andere günstiger oder teilweise spezialisierter. Der SAP selbst bringt dies den Vorteil, ihr spezielles Beratungs-Know-how rund um das Produkt konzentrieren zu können und die zahlreichen Partner-Unternehmen als Multiplikatoren für die klassische Implementierungsarbeit zu sehen.
Implementierung ist Team-Arbeit
Dies konsequent zu Ende gedacht, muss man sich als Aufraggeber zunächst strikt an den unternehmenseigenen Herausforderungen eines solchen Projektes orientieren. Für technisch anspruchsvolle, vor allem aber innovative Projekte bzw. solche, die einen gewissen Anpassungsaufwand durch Programmierung benötigen, ist die SAP sicherlich erste Wahl. Steht die Internationalität als Haupt-Herausforderung im Mittelpunkt, muss auch die Governance des Beratungsunternehmens dies als Hauptexpertise erfüllen. Besteht die Hauptaufgabe in der Implementierung in der Breite, so ist es eine günstige Skalierfähigkeit des Anbieters, die den größten Nutzen stiftet.
Auf den Punkt gebracht sollte sich jeder Auftraggeber zunächst den Spiegel vorhalten und sich selbstkritisch die Frage beantworten, wo die eigenen Stärken und wo die wirklichen Herausforderungen im Projekt liegen werden. Daran orientiert gilt es Beratungsunternehmen in die engere Auswahl zu laden, die die fehlende Expertise abdecken. Dies entspricht einer grundsätzlich anderen Denk- und Vorgehensweise, als sich bei der Ausschreibung nur an den Tagesraten zu orientieren. Je nach Größe des Projektes macht es daher durchaus Sinn, mehrere Beratungsunternehmen an Bord zu haben: Spezialisten wo nötig (Projektleiter, Architekten), günstigere Generalisten wo möglich. Das spart Kosten und gestaltet ein starkes Berater-Team. Entscheidend ist letztlich das klare Definieren der Verantwortlichkeiten von Anfang an und ein professionelles Integrationsmanagement, da die inhaltlichen Interpretationen der Projektaufgaben aus dem RfP (Ausschreibung) von verschiedenen Dienstleistern teilweise sehr unterschiedlich vorgenommen werden.
Auf was es bei dieser Ausgestaltung der Zusammenarbeit ankommt und wo noch weitere Potenziale zur Kosteneinsparung liegen, folgt in Teil 2.