Alle suchen einen Job mit Sinn

Was tun, wenn es mit dem Purpose nicht klappt?

24.07.2023
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Kerstin Alfes ist Professorin für Organisation und Personalmanagement an der ESCP Business School, Campus Berlin und Vizerektorin für den Bereich Lehre. In ihrer Forschung beschäftigt sich Kerstin Alfes mit den Themen strategisches Personalmanagement, Mitarbeitenden-Engagement, Überqualifizierung und Freiwilligenarbeit.

Der Arbeitgeber muss ein Gespür dafür entwickeln, wo und wie er seine Mitarbeiter am besten einsetzt, Mitarbeiter dagegen brauchen das Gefühl, dass ihre Arbeit wertvoll ist und einen Sinn ergibt.
(Fast) alles dreht sich um die Frage, ob das, was wir beruflich tun, auch einen Sinn hat, und wenn nicht, ob und was Arbeitgeber tun können, dass die Arbeit sinnvoll ist.
(Fast) alles dreht sich um die Frage, ob das, was wir beruflich tun, auch einen Sinn hat, und wenn nicht, ob und was Arbeitgeber tun können, dass die Arbeit sinnvoll ist.
Foto: fatir29 - shutterstock.com

Warum stehen Sie morgens auf? Gehen Sie zur Arbeit, weil Sie Geld verdienen müssen, oder auch, weil Sie das, was Sie tun, als sinnvoll empfinden? Ist letzteres der Fall, können Sie sich glücklich schätzen, denn gegenwärtig hinterfragen viele Menschen den Sinn ihrer Arbeit. Dies ist auch ein Effekt der Covid-19-Pandemie.

In den USA und auch in Europa führte und führt diese Sinn-Suche zur "Great Resignation", der "großen Kündigungswelle", weil viele Menschen zunehmend kritisch überlegen, mit welchen Tätigkeiten sie eigentlich ihre endliche Lebenszeit verbringen wollen. Als Professorin beobachte ich dies übrigens auch in meinem Arbeitsalltag: Ein großer Teil unserer Absolventen an der ESCP Business School in Berlin sucht nach Jobs mit Sinn.

Klar ist jedoch auch: Die Frage, weshalb man morgen aufsteht, ist nicht einfach zu beantworten. Zu unserem Wirtschaftssystem gehört eben auch das Geldverdienen. Doch die Frage ist ein wichtiger Indikator, ob bereits vor der Arbeit die - tatsächlichen oder metaphorischen - Bauchschmerzen anfangen.

Meaningfulness macht drei Aspekte aus

Unsere Forschung zeigt: Ob Meaningfulness, also Sinn bei der Arbeit, empfunden wird, hängt vor allem von drei Faktoren ab:

  • Die Mitarbeitenden empfinden ihre Tätigkeiten als bedeutsam und inhaltsreich.

  • Sie haben das Gefühl, einen Mehrwert zu einem "höheren Gut" zu leisten.

  • Sie identifizieren sich authentisch mit ihrer Arbeitstätigkeit, sie können sich (in Maßen) selbstverwirklichen.

Diese Aspekte gelten für alle Jobs, egal ob für IT-Experten, das Service-Personal in Hotels, Investment-Banker oder Tischler.

Arbeitgeber kann Meaningfulness fördern

Wenn jedoch diese Aspekte nicht erfüllt und kein Sinn empfunden wird, können Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, um Meaningfulness zu fördern. Führungskräfte sollten beispielsweise regelmäßig den Person-Job-Fit überprüfen, also sich gemeinsam mit den Mitarbeitenden die Frage stellen: Macht die richtige Person die richtigen Aufgaben?

Wenn etwa eine Beförderung ansteht und eine vormalige Sachbearbeiterin plötzlich weniger inhaltlich arbeitet, sondern andere Personen führt, kann sich trotz der augenscheinlichen Verbesserung Unzufriedenheit einstellen. Vielleicht liegt der Person die Führung und der zwischenmenschliche Austausch nicht, ihre Stärken liegen eher in der operativen Arbeit und es ist für sie wichtig, dass sie Aufgaben abschließen kann.

Kritisch mit sich selbst sein

In solchen Fällen liegt eben kein guter Person-Job-Fit mehr vor und langfristig sorgt das für Unzufriedenheit, die auch hohe Gehälter und Boni-Zahlungen nicht mehr ausgleichen können. In diesem Beispiel wäre es also an der Führungskraft, der Excel-affinen Kollegin andere Aufgabenbereiche jenseits der klassischen Führung zu geben, sodass sie weiter Aufgaben erledigen kann, in denen sie sich wirksam fühlt.

Sollte der Arbeitgeber jedoch nicht die Meaningfulness erhöhen können oder wollen, hilft den Mitarbeitenden nur die ehrlichen Fragen: Weshalb und wofür würde ich denn in Zukunft morgens aufstehen wollen? Und was kann ich unternehmen, um wieder mehr Sinn in meiner Arbeit zu empfinden?

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