Als der Mobilfunkstandard LTE/4G auf den Weg gebracht wurde, stellten viele die Frage nach Anwendungsfällen und Umsätzen. Heute ist die Situation umgekehrt: Die Use Cases sind da und "scharren mit den Hufen" nach Konnektivität. Doch bis der Nachfolger 5G in der Fläche verbreitet ist und zum Einsatz kommt, wird es auch Stand 2021 noch ein wenig dauern; eine vollständige Abdeckung wird aus Kostengründen voraussichtlich nicht stattfinden. NarrowBand IoT (NB IoT) ist - zumindest für einige IoT-Szenarien - eine clevere Alternative. Und da die Technologie sparsam in Bezug auf Energie, schnell und kostengünstig erhältlich sowie mit guten Funkeigenschaften versehen ist, bleibt NB IoT attraktiv, selbst wenn 5G einmal flächendeckend zu Verfügung steht.
NarrowBand IoT - eine Definition
NarrowBand IoT - auch LTE Cat NB1 genannt - ist eine auf etablierten Standards basierende Funktechnologie, die der Familie der Low Power Wide Area Networks (LPWAN) entstammt. Bei der Konzeption stand die Idee im Vordergrund, Geräte oder Sensoren zu vernetzen, die zum Beispiel weit verteilt und/oder schwer erreichbar sind. Der Blick in dieses „Pflichtenheft“ zeigt schon, dass die Technologie für die Verwendung in Umgebungen gedacht ist, die mit herkömmlichem Mobilfunk nur schwer und damit teuer zu erreichen wären.
Trotz dieser Abgrenzung lässt sich NB IoT nahtlos in bestehende Mobilfunk-Netze einbinden, da es auf entsprechender und vorhandener Technologie aufsetzt. Eine Inbetriebnahme ist sogar ohne Updates bei der Hardware möglich. Interessenten können hier zum Beispiel mit den Mobilfunkanbietern kooperieren, die jeweils entsprechende Lösungen anbieten. Da auch die Netzbetreiber selbst so zusätzliche Erlöse generieren und umfassende IoT-Szenarien finden können, sind solche Angebote vorhanden – zumal sie wegen des relativ geringen Aufwands auch für die Mobilfunkanbieter relativ leicht zu realisieren sind.
Einer der zentralen Vorteile ist sicherlich die Reichweite, beziehungsweise die gute Durchdringung von Strukturen wie Gebäuden; selbst unter der Erde ist der Einsatz von NarrowBand IoT möglich. Auch die niedrigen Hardware-Kosten sprechen dafür, die Technologie bei IoT-Projekten in Erwägung zu ziehen. Chips und Modems sind vom Eurocent- bis in den einstelligen Euro-Bereich erhältlich. Die über entsprechende Standards technisch abgesicherte Skalierbarkeit ermöglicht es dabei, bis zu 100.000 Geräte innerhalb einer bestehenden Funkzelle zu verwenden. Etablierte Verschlüsselung sichert die Anwendungen ab.
Neben der erwähnten relativ einfachen Umsetzbarkeit wurden die stromsparenden Geräteanbindungen bereits angesprochen. Grundlage hierfür ist die Optimierung auf die Übertragung kleiner Datenpakete, wie sie die typischen Devices – etwa Sensoren – hervorrufen. Kombiniert mit leistungsstarken Batterien sind Einsatzzeiträume von bis zu zehn Jahren vorgesehen.
NB IoT - Anwendungsmöglichkeiten
Vernetzte, selbstfahrende Fahrzeuge, Smart Cities, Wearables, Industrie 4.0 - die Liste denkbarer Use Cases mit NB-IoT-Beitrag ist äußerst lang. Ein zentrales Thema ist jedoch sicherlich die Smart City samt vernetzter und autonomer Mobilität und in der Erweiterung smartes Metering sowie Energie-Management. Dieser Komplex ließe sich aus Sicht der Endverbraucher unter dem Begriff "Smart Living" zusammenfassen.
Dem gegenüber steht eine "Smart Industry", die etwa intelligente Landwirtschaft und die Industrie 4.0 samt Machine-to-Machine (M2M) als Erweiterungen enthält; denn natürlich bietet auch die Smart City einen B2B-Blickwinkel. All diesen Szenarien gemein ist, dass das NarrowBand IoT und seine Devices den Input liefern – diese Daten sind nichts wert ohne entsprechende Services oder Intelligenz. Dass mit NB IoT auch sonst nur schwer erhältliche Daten – es sei an die Gebäudedurchdringung erinnert – urbar gemacht werden können, ändert daran nichts.
Im Gegenteil, immer mehr Devices, die zuverlässig und langfristig Daten einspeisen, machen deren Nutzung umso wertvoller. Konsequenterweise gelten all die Vorteile der Cloud auch in einem um NarrowBand erweitertes IoT. Mit der steigenden Anzahl auf diese Weise einzubindender Endgeräte können zum Beispiel Edge-Computing-Ansätze für Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle nochmals an Bedeutung gewinnen; die „Auslagerung“ gewisser Anteile der Services, beziehungsweise der Intelligenz samt Verarbeitung in die Nähe der Devices kann durchaus seinen Charme haben. Das trifft insbesondere für Bereiche zu, in denen Latenzen kritisch sind, etwa beim autonomen Fahren.
NarrowBand IoT - darauf kommt es an
Entscheidend ist, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle so konzipieren, dass sie wirklich alle Vorteile der NarrowBand-IoT-Technologie mit denen der Cloud zusammenbringen und bestmöglich nutzen können. Darum sollte an dieser Stelle auch kein falsches Ehrgefühl bestehen, alles inhouse erledigen zu wollen. Die Einbeziehung von Mobilfunk- und Cloud-Experten in Projekte ist absolut sinnvoll, um alles Möglichkeiten und deren Nutzen zu identifizieren.
Das gilt natürlich auch für eine denkbare „maximale Ausbaustufe“ von NB IoT, nämlich in Verbindung mit einem hohen Grad an Automatisierung, Robotic Process Automation (RPA) und Künstlicher Intelligenz (KI). Auch hier ist ja das Credo, dass ein Plus an Daten ein wertvoller Input für eine KI ist. Wer hier die richtigen Use Cases und Services erkennt und in ein funktionierendes bezahltes Geschäftsmodell überführt, kann massive Wettbewerbsvorteile herausarbeiten: Die KI-Bausteine können einerseits die Effizienz steigern und andererseits völlig neue Ansätze realisierbar machen, ein doppelter Hebel also.
Um das Ganze etwas greifbarer zu gestalten: Automatisiertes Parken könnte eine solche hochgradig automatisierbare und in Umsätze überführbare Aktivität sein, von der Empfehlung eines Parkplatzes an den Fahrer über den Parkvorgang selbst bis hin zur Abrechnung etwa mit einer Gemeinde oder einem Stadtwerk – wenn die passenden Daten da sind. Betonwände in der Tiefgarage müssen dabei kein Hindernis mehr sein. Dank NarrowBand IoT. (mb)
- Siegfried Wagner, Managing Director bei in-integrierte informationssysteme
„Eine gehypte Technologie erweckt häufig bei Entscheidern überzogene Erwartungshaltungen, die in der Realität nicht alle erfüllt werden können. Das gilt auch für IoT-Technologie. Am Ende hat nur das Erfolg, wofür diese Technologie auch in der Praxis einen Mehrwert bietet, wie etwa durch Kosteneinsparungen, Risikominimierung und zusätzliche Einnahmequellen durch neue Services oder attraktive Businessmodelle. Unternehmensintern lassen sich IoT-Effekte in der Regel schneller realisieren, etwa bei Optimierungen in der Supply Chain, in der Produktion, beim Energieverbrauch und bei der Qualitätssicherung. Das bietet sich auch an, um sich mit dem Thema vertraut zu machen. Wesentlich anspruchsvoller ist der externe nutzbringende Einsatz in eigenen Produkten und Services. Je nach Art der Produkte ist es weder technisch möglich noch zielführend, von diesen Daten einzusammeln, wenn sich daraus keine Mehrwerte generieren lassen. IoT-Projekte erfordern in der Regel nicht nur technische Veränderungen. Um damit wertschöpfend und nachhaltig finanziell erfolgreich zu sein, müssen Firmen auch neue Geschäftsmodelle und dazu passende interne Prozesse konzipieren und umsetzen. Auch an den Vertrieb werden wesentlich höhere Anforderungen gestellt, wenn statt eines Produkts nun ein Service verkauft werden soll. Der Vertrieb muss dazu die Prozesse des Kunden verstehen und ihm den Nutzen klar machen. Hinzu kommt, dass gerade im kommerziellen Bereich Mietmodelle und eine kontinuierliche Datenanbindung an den Servicelieferanten von den Nutzern noch nicht akzeptiert werden. Das wird sich aber nach und nach ändern.“ - Dr. Myriam Jahn, Geschäftsführerin Q-loud, ein Unternehmen der QSC AG
„Beim Thema Internet of Things haben zahlreiche Unternehmen erst einmal die Quick Wins realisiert, mit denen sich schnelle Erfolge und ein schneller Return on Invest eingestellt haben. Jetzt geht es an die komplexeren Themen, an das Überdenken bestehender und Entwickeln neuer Geschäftsmodelle. Hierbei greifen die Unternehmen tief in ihre eigene Organisation ein. Und es gilt, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen: Services wie Künstliche Intelligenz oder Predictive Maintenance sind in der Cloud beheimatet. Die Lösungen und die Produkte, die im IoT den Mehrwert der Geräte und Maschinen ausmachen, werden also virtuell. Das ist ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel - auch in der internen Organisation der Unternehmen. Technisch sind eigentlich alle Komponenten vorhanden, um erfolgreiche IoT-Produkte und -Lösungen anbieten zu können. Sowohl IT-seitig als auch bei den Übertragungstechnologien können wir mittlerweile aus dem Vollen schöpfen. Die größte Herausforderung ist es jetzt, diese Technologien richtig zu wählen, einzusetzen und die Organisation auf sie abzustimmen. „Die organisatorische Herausforderung ist daher die wesentlich größere: Mit der Vernetzung werden Geräte und Maschinen intelligent. Die Alleinstellungskriterien der Produkte sind damit nicht nur haptisch, sondern auch virtuell. Ob Kunden dann diese Produkte erwerben, hängt von bislang nicht dagewesenen Faktoren ab. Und das bedeutet auf allen Ebenen des Herstellers einen tiefgreifenden organisatorischen Wandel, der sich von der Entwicklung bis hin zur Vermarktung und den finanztechnischen Prozessen zieht.“ - Marten Schirge, Vice President of Sales bei Device Insight
„Viele Unternehmen setzen den Fokus bei IoT-Projekten auf kurzfristige Erfolge. Neue Geschäftsmodelle wie ´Pay-per-Use´ erfordern häufig Change Management im Unternehmen, das ist langwierig und kostenintensiv. Unternehmen profitieren durch die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse und das IoT vor allem von der gesteigerten Effizienz, von der Erschließung neuer Kundenpotenziale durch neue und bessere Serviceangebote und von höherer Endkunden-Zufriedenheit. Außerdem erhalten Unternehmen einen direkten Kontakt zu ihrem Kunden. Das IoT ebnet den Weg von der analogen zur digitalen Welt: Vom Maschinenhersteller zum Anbieter digitaler Services. Die Erfolgsquote leidet, da IoT-Projekte häufig von Fachabteilungen direkt umgesetzt werden, ohne vorher das Know-How von Partnern zu integrieren. Das führt oft zu Unsicherheiten und zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Zudem führt eine fehlende zentrale IoT-Strategie häufig dazu, dass Fachbereiche Insellösungen aufsetzen und diese wiederum nicht immer zum übergreifenden Unternehmenserfolg beitragen.“ - Jürgen Pollich, Head of Business IoT/M2M bei Telefónica in Deutschland
„Das Internet of Things ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess. Letztlich unterschätzen viele Firmen die Abhängigkeiten und Einflussfaktoren auf den Erfolg eines IoT Projektes. Das kann schnell zu Verzögerungen führen. Hier ist es wichtig, mit Partnern zusammenzuarbeiten die bereits Erfahrungen in IoT-Projekten gesammelt haben. Wir bei Telefónica bieten die notwendige Unterstützung an und haben bereits weltweit viele Projekte begleitet. Um bestehende Wettbewerbsvorteile zu sichern oder zukünftige zu erschließen, ist es wichtig, dass sich Unternehmen früh mit IoT in ihrem spezifischen Setup auseinandersetzen. Denn die dabei gesammelten Erfahrungen, die stark mit den eigenen Unternehmensabläufen und dem eigenen Personal verknüpft sind, lassen sich nicht einfach zukaufen. Mit Blick auf Wettbewerbsvorteile bedeutet dies, dass ein Unternehmen, welches durch einen Konkurrenten, der IoT beispielsweise erfolgreich zur Effizienz-Steigerung einsetzt, in einen nachteilige Position gerät, nicht unmittelbar und durch den Zukauf eines Tools entsprechend nachziehen kann. Aus meiner Sicht ist daher die frühzeitige aktive und fokussierte Auseinandersetzung mit dem Internet of Things für Firmen alternativlos.“ - Jan Rodig, CEO / Managing Partner, tresmo GmbH
„Prozessoptimierungen und Effizienz-getriebene IoT-Projekte sind wichtig. Sie haben den Charme, dass sich ihr ROI in der Regel vergleichsweise einfach kalkulieren lässt. Bei smarten Produkten und IoT-Geschäftsmodellen sind die Business Cases oft vager, dennoch entscheiden diese Projekte aus meiner Sicht die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft. Da sollte noch deutlich mehr passieren! Die stark steigende Anzahl von IoT-Projekten deckt sich absolut mit dem, was wir am Markt sehen. Beim Projekterfolg muss man vorsichtig sein - einerseits wurden bereits `Low-hanging fruits´ geerntet, andererseits experimentieren viele Firmen auch zunehmend und probieren auch mal was aus. Das würde ich nicht überbewerten.“ - Christian Förg, VP Sales Industries EUNO, Alcatel-Lucent Enterprise
„Der übergeordnete Business Treiber bleibt die Transformation der Unternehmen hin zu Digital Business. Hierbei spielen wiederum sichere ‚IoT-enabling infrastructure‘ sowie Big Data Analytics eine herausragende Rolle.“