Verlassen Beschäftigte ein Unternehmen, möchten die meisten von ihnen persönliche Dinge vom Schreibtisch und vielleicht ein Andenken an den alten Job mitnehmen. Andere kopieren sich arbeitsbezogene Dateien wie Kontaktlisten, Projektpläne, Marketingmaterial oder Codeschnipsel von ihren Computern. Dann gibt es noch diejenigen, die die Gelegenheit nutzen, um Notizblöcke, Stifte oder USB-Sticks zu plündern. Was darf legal mitgenommen werden und was führt zu rechtlichen Problemen?
Jon Heimerl, Leiter des Threat-Intelligence-Teams bei NTT Security, erklärt, dass scheidende Mitarbeiter in große Schwierigkeiten geraten können, wenn sie ohne Erlaubnis ihres Arbeitgebers Unternehmensdaten oder physische Güter mitnehmen. Je nachdem, was der Mitarbeiter entwendet, könnte der Arbeitgeber den Mitarbeiter verklagen oder Anzeige wegen Diebstahls erstatten.
"Ich kenne ein Unternehmen, das einen Mitarbeiter entlassen hat, der dann mit firmeneigenen Informationen über ein großes Forschungs- und Entwicklungsprojekt zu einem Konkurrenten gegangen ist", so Heimerl. Das Unternehmen habe dem Konkurrenten einen Brief von ihrem Anwalt geschickt, in dem stand: "Wir wissen, dass Sie diesen Mitarbeiter eingestellt haben. Wir haben Beweise dafür, dass er geschützte Informationen mitgenommen hat, und wir werden Sie und den Mitarbeiter verklagen". Der Konkurrent habe daraufhin sein Stellenangebot zurückgezogen und der ehemalige Mitarbeiter brauchte ganze zwölf Monate, um einen neuen Job zu finden.
Dies ist ein extremer Fall, aber es gibt immer einige Grauzonen, wenn es darum geht, was man mitnehmen darf und was nicht.
Was Sie mitnehmen dürfen
"Es gibt zwei Kategorien von Gegenständen, die Sie in den USA mitnehmen können, wenn Sie gehen: Die erste Kategorie sind Dinge, die Sie bei Arbeitsantritt mitgebracht haben, wie ihre eigene Kaffeetasse und ihren iPod", sagt Chas Rampenthal, Leiter der Rechtsabteilung bei Softwareanbieter LegalZoom. Die zweite Kategorie seien Dinge, für die man die Erlaubnis erhalten habe, sie mitzunehmen. Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter etwa einen sorgfältig ausgearbeiteten juristischen Schriftsatz verfasst habe und ihn potenziellen zukünftigen Arbeitgebern zeigen möchte, könne man fragen, ob man diesen mit bestimmten Änderungen mitnehmen dürfe.
Mitarbeiter nehmen oft auch Unterlagen mit, die sie für das Unternehmen erstellt oder mitgestaltet haben, so Heimerl. Dazu zählen Kontaktlisten, Projektpläne, Codeschnipsel oder Marketingmaterial, damit sie Beispiele für ihre eigene Arbeit haben. "An und für sich ist daran nichts auszusetzen", betont er, es sei denn, die Dokumente enthalten Kundendaten oder interne Informationen wie strategische Pläne oder Produktpreise. In diesen Fällen sollte der Arbeitnehmer laut Rampenthal den Arbeitgeber um Erlaubnis bitten, solche Dokumente oder Arbeitsproben mitzunehmen. Unter der Voraussetzung, dass die geschützten Informationen aus dem Dokument entfernt werden, kann der Arbeitgeber dies sehr wohl erlauben.
Anders liegt die Sache, wenn zuvor ein Arbeitsvertrag oder eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet wurde, in der festgelegt ist, dass alle für das Unternehmen entwickelten Dokumente oder Codes Eigentum des Unternehmens sind. Nimmt ein Arbeitnehmer solche Dokumente ohne Erlaubnis des Arbeitgebers mit, könnte dieser den Arbeitnehmer wegen Vertragsbruchs verklagen, erklärt Heimerl.
Außerdem könnte der Arbeitgeber die Abfindung des Arbeitnehmers einbehalten oder von ihm verlangen, dass er bereits ausgezahlte Abfindungen zurückzahlt. Dies ist dann der Fall, wenn die Abfindung an die Bedingung geknüpft war, dass der Arbeitnehmer keine Unternehmensinformationen mitnehmen darf.
Laut Heimerl dürfen in US-Unternehmen auch Gegenstände mitgenommen werden, die sie für die Arbeit gekauft haben, für die sie aber keine Erstattung erhalten haben. Dazu zählen etwa Dinge wir ein ergonomische Tastatur.
Die einzige Ausnahme, die Mitarbeiter daran hindern könnte, mit ihrem Eigentum zu gehen, ist eine klare Richtlinie des Arbeitgebers, die besagt, dass Mitarbeiter kein persönliches Eigentum mit ins Büro bringen dürfen. Dies verbieten einige Arbeitgeber, um ihre Haftung zu begrenzen, falls das persönliche Eigentum eines Mitarbeiters beschädigt oder gestohlen wird, erläutert Heimerl. Wenn ein Angestellter diese Richtlinie ignoriert und trotzdem etwas von zu Hause mitbringt, könnte der Arbeitgeber diese Gegenstände als Firmeneigentum geltend machen, aber Heimerl denkt nicht, dass viele Unternehmen so weit gehen würden.
Was Sie nicht mitnehmen können
"Wenn Sie einen Gegenstand, selbst eine Maus, ohne Erlaubnis des Unternehmens mitnehmen, ist das Diebstahl", betont Heimerl. Wenn man einen 3.000-Dollar-Laptop mit Software entwende, sei das sogar schwerer Diebstahl.
Unterschiedliche Schweregrade von Diebstahl können auf verschiedene Weise geahndet werden. Ein Unternehmen kann bei der Polizei Anzeige erstatten und den Ex-Mitarbeiter wegen Diebstahls belangen. Normalerweise kommt ein Polizeibeamter zum Haus des Diebes oder schickt ein Einschreiben, in dem er mitteilt, dass eine Anzeige erstattet wurde, erklärt Heimerl. Die Person habe dann eine bestimmte Anzahl von Tagen Zeit hat, um darauf zu reagieren. Oder es wird ein Haftbefehl wegen Diebstahls von Eigentum ausgestellt. Wenn die Polizei der Person keine Handschellen anlegt und sie nicht ins Gefängnis bringt, erhält sie eine Vorladung vor Gericht. "In jedem mir bekannten Fall", so Heimerl, "hat der Mitarbeiter den Laptop zurückgegeben oder eine Entschädigung gezahlt."
Anstatt die Polizei zu rufen, ermitteln andere Unternehmen den Wert des gestohlenen Eigentums und melden das dem Finanzamt als steuerpflichtiges Einkommen, das das Unternehmen an den Mitarbeiter gezahlt hat. In den USA ist der Mitarbeiter dann verpflichtet, Steuern auf das gestohlene Eigentum zu zahlen. Bei einem voll ausgestatteten Laptop im Wert von 4.000 Dollar muss man laut Heimerl mit Steuern in Höhe von 1.500 Dollar rechnen.
Wenn ein Angestellter einen Computer mit sensiblen Kundendaten gestohlen hat, besteht die Chance, dass der Angestellte vor einem Bundesgericht wegen Verstoßes gegen die Bundesgesetze zum Datenschutz und zur Informationssicherheit angeklagt werden kann.
Wenn persönliches Eigentum und Unternehmensdaten in Konflikt geraten
Es gibt Fälle, in denen nicht klar ist, was Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern mitnehmen dürfen und was nicht. Das kann zum Beispiel vorkommen, wenn sie ihr privates Smartphone oder ihren Heimcomputer für die Arbeit nutzen und geschäftliche Kontakte, Dateien oder Anwendungen auf diesen privaten Geräten haben.
"Viele Unternehmen verbieten es, private Geräte für berufliche Zwecke zu nutzen, aber in der Praxis lässt sich das nur schwer durchsetzen", weiß Rampenthal. Manchmal gebe es Bring-Your-Own-Device-Richtlinien (BYOD), die es den Mitarbeitern erlauben, ihre eigenen Geräte zu verwenden. Entscheidend ist, dass man diese Richtlinien verstehe und sie einhalte.
Wenn ein scheidender Mitarbeiter arbeitsbezogene Informationen auf einem privaten Smartphone hat, müssen alle arbeitsbezogenen Informationen von dem Handy entfernt werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Unternehmen eine Richtlinie hat, die die Nutzung privater Geräte für die Arbeit verbietet, so Heimerl. Der Arbeitgeber kann jedoch das private Smartphone des Mitarbeiters weder beschlagnahmen noch zur Inspektion aufbewahren oder gar komplett einbehalten. Das Unternehmen habe keine andere Möglichkeit als den Mitarbeiter zu fragen, ob die Daten gelöscht wurden.
Was aber macht ein Arbeitnehmer, wenn zum Beispiel sein Arbeitscomputer den Geist aufgibt und er mehrere Wochen lang an seinem privaten Laptop arbeiten muss, während die IT-Abteilung einen neuen Computer beschafft? Während dieser Zeit hat der Mitarbeiter wahrscheinlich eine beträchtliche Menge an Unternehmensdaten auf seinem Heimcomputer angesammelt. Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitnehmer in Bezug auf seinen Computer und die darauf gespeicherten Unternehmensdaten, wenn er seinen Arbeitgeber verlässt?
"In den meisten Rechtsordnungen hat das Unternehmen keinen Anspruch auf diese Informationen und auch nicht auf das persönliche Eigentum (den Computer)", so Heimerl. Der Arbeitgeber könne vom Arbeitnehmer zwar verlangen, dass er alle Unternehmensdaten vom privaten Computer entfernt, aber er kann den Arbeitnehmer nicht dazu zwingen, außergewöhnliche Anstrengungen zu unternehmen, um alle Dateien, einschließlich der temporären Dateien und sonstigen Kopien, ausfindig zu machen und alles auf sichere Weise zu löschen - es sei denn, der Arbeitnehmer habe sich zu Beginn damit einverstanden erklärt.
Wenn ein Angestellter hochsensible Daten auf einem privaten Computer gespeichert hat, den er für seine Arbeit nutzt, möchte der Arbeitgeber diese Dateien vielleicht vom privaten Computer des Angestellten löschen. Außerdem könnte der Arbeitgeber wollen, dass ein sicheres Überschreiben durchgeführt wird, um sicherzustellen, dass diese Dateien nicht wiederhergestellt werden können, meint Heimerl. Allerdings kann das Unternehmen einen Angestellten nicht dazu zwingen, dies auf seinem eigenen persönlichen Eigentum zu tun. Die einzige Möglichkeit für den Arbeitgeber besteht darin, einen anderen Mitarbeiter oder ein externes Unternehmen mit dem sicheren Überschreiben zu beauftragen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter zumindest einige Unternehmensdaten auf ihrem privaten Computer behalten. "Ohne die Unterschrift des Mitarbeiters in einer Vereinbarung, die besagt, dass er die Informationen, auf die er Zugriff hat oder die er in Zukunft erhalten wird, nicht verwenden wird, hat der Arbeitgeber kaum eine Handhabe", so Heimerl.
Vorbereitung auf den Abgang
Das sollten Mitarbeiter beachten, um Ihren Ausstieg zu erleichtern: Wenn man weiß, dass man gehen will, sollten proaktiv alle persönlichen Gegenstände vom Arbeitsplatz entfernt werden. Außerdem sollten laut Rampenthal alle persönlichen Fotos, Dokumente oder sonstigen Unterlagen von firmeneigenen Computern, Smartphones oder anderen elektronischen Geräten entfernen werden, bevor die Kündigung eingereicht wird.
- Kündigungsgespräche richtig führen
Wer einem Mitarbeiter die Entlassung mitteilt, sollte darauf achten, dass es ein Gespräch auf Augenhöhe ist. Sechs Tipps zur Gesprächsführung. - Tipp 1
Achten Sie darauf, dass vor dem Gespräch mit dem Mitarbeiter keiner seiner Kollegen von der Kündigung erfährt. - Tipp 2
Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Welche Faktoren machen die Kündigung unumgänglich? Wie können Sie auf mögliche Einwände reagieren? - Tipp 3
Seien Sie ehrlich: Beschönigen Sie nicht die Situation, sondern geben Sie Ihrem Mitarbeiter ein konstruktives Feedback. - Tipp 4
Berücksichtigen Sie auf jeden Fall, dass es bei einer Kündigung nicht nur um eine Fach- oder Führungskraft einer bestimmten Abteilung geht, sondern um einen Menschen mit allen seinen sozialen und gesellschaftlichen Bezügen. Das ist gerade dann wichtig, wenn man den Mitarbeiter nicht immer geschätzt hat. - Tipp 5
Geben Sie ihm genügend Zeit für seine Reaktionen wie Wut oder Tränen: Bieten Sie gegebenenfalls ein weiteres Gespräch in ein paar Tagen an, wenn der Mitarbeiter sich wieder gesammelt hat. - Tipp 6
Seien Sie auch in den nächsten Tagen stets offen für weitere Fragen des gekündigten Mitarbeiters.
"Geben Sie sich selbst Zeit, um heimlich - nicht illegal, wohlgemerkt - alle persönlichen Informationen von Ihrem Laptop, dem vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Smartphone oder von Ihrem Schreibtisch zu entfernen", erklärt er. Man könne auch die IT-Abteilung vorwarnen, so dass sie nicht stutzig werden, wenn sie bemerken, dass Dateien auf einen USB-Stick heruntergeladen werden. Es gebe Fälle, in denen die Mitarbeiter sofort vom Gelände begleitet werden, wenn sie die Kündigung eingereicht haben. Sie haben dann keine Möglichkeit mehr, ihre Sachen zu holen, betont er. Aber ein wenig Planung und Vorbereitung helfe schon sehr viel.