Hyperautomation

Was nach RPA kommt

14.08.2020
Von 
Tyler Suss ist Product Marketing Director Intelligent Automation bei Kofax.
Obwohl etwas in die Jahre gekommen, ist Robotic Process Automation noch lange nicht tot, sondern lebt als integraler Bestandteil von intelligenter Automatisierung – Hyperautomation – weiter.
Hyperautomation verwandelt eine manuelle, komplexe Aufgabe in einen zuverlässigen, wiederholbaren Ablauf und sorgt somit für mehr Effizienz.
Hyperautomation verwandelt eine manuelle, komplexe Aufgabe in einen zuverlässigen, wiederholbaren Ablauf und sorgt somit für mehr Effizienz.
Foto: Den Rise - shutterstock.com

Robotic Process Automation (RPA) ist längst keine neue Technologie mehr - erste Entwicklungen lassen sich bereits in den frühen 2000er Jahren erkennen. Im Wesentlichen hat sich RPA aus Screen Scraping, Künstlicher Intelligenz (KI) und Workflow-Automatisierung entwickelt. Mit Hilfe von Software-Robotern, die zahlreiche Back- und Front-Office-Tätigkeiten automatisieren, unterstützt RPA inzwischen viele Unternehmen dabei, repetitive Aufgaben und Prozesse zu bewältigen.

Doch wie die provokante These von HfS-Analyst Phil Fersht - RPA ist tot - zeigt: RPA reicht in vielen Fällen nicht mehr aus. So sind die Roboter zwar in der Lage, kürzere, sich wiederholende Tätigkeiten - die üblicherweise wenige Minuten dauern - zu übernehmen. Also beispielweise bei B2B-Unternehmen, die kontinuierlich mehrere Portale von Lieferanten überwachen und überprüfen müssen, um zu den bestmöglichen Konditionen einzukaufen. Für die Automatisierung eines komplexen Prozesses - etwa das Abarbeiten einer Kundenbeschwerde - ist RPA aber die falsche Wahl. Zudem beschränken Unternehmen den RPA-Einsatz meist auf wenige Geschäftsprozesse. Für ein stärkeres kundenorientiertes Arbeiten ist es jedoch notwendig, Workflows vollständig und unternehmensweit zu automatisieren.

Hyperautomation - ein neuer Hype?

In der Welt der Automatisierung sorgt seit kurzem ein neuer Begriff für Aufsehen - spätestens seit Gartner ihn als einen der zehn wichtigsten Technologietrends für 2020 bezeichnete. Das Analystenhaus definiert Hyperautomation als "die Anwendung fortschrittlicher Technologien, einschließlich KI und Machine Learning (ML), um Prozesse zunehmend zu automatisieren und Menschen zu unterstützen." Dabei erstreckt sich Hyperautomation nicht nur auf Tools, die Automatisierung ermöglichen, sondern bezieht sich zudem auf den gesamten Prozess der Automatisierung (Bedarfserhebung, Messung, Automatisierung, Überwachung, Bewertung, Entscheidung). Viele Unternehmen stehen unter hohem Druck, innovativ zu sein, um ihre Prozesse und Kundenkontakte zu optimieren. Hyperautomation ist daher für viele Organisationen ein wertvoller Ansatz - denn er bringt Geschwindigkeit sowie Agilität und leistet damit das, was RPA allein nicht schaffen kann.

Was Hyperautomation-Projekte brauchen

Wie kann Hyperautomation aber nun Unternehmen unterstützen? Dazu ist es wichtig zu verstehen, dass für ein erfolgreiches Hyperautomation-Projekt die richtige Kombination der richtigen Technologien in richtiger Reihenfolge zur richtigen Zeit implementiert werden muss. Dazu zählen:

  • Process Mining: Viele Unternehmen wissen, dass die Automatisierung wichtig ist, um effizienter zu arbeiten und beispielsweise die Kundenzufriedenheit zu verbessern. Doch viele wissen nicht, wo sie genau anfangen sollen. Mithilfe von Process Mining lassen sich Muster und Aufgaben analysieren und Automatisierungspotenziale aufdecken. Dabei können Organisationen auch künftige Herausforderungen berücksichtigen - etwa, wenn es darum geht, neue oder geänderte regulatorische Anforderungen einzuhalten.

  • Workflow-Orchestrierung: Diese Funktion sorgt dafür, dass sich zahlreiche Prozesse in zentrale digitale Workflows abbilden, optimieren und ausführen lassen - und zwar unter Berücksichtigung von Mitarbeitern und vorhandenen Anwendungen. Dadurch, dass Unternehmen damit mehrere Personen, Aktionen, Software-Roboter, Richtlinien und Systeme einheitlich orchestrieren, können sie ihre Geschäftsaktivitäten deutlich besser analysieren, messen und bedarfsgerecht optimieren.

  • Robotic Process Automation (RPA): RPA ist inzwischen deutlich smarter geworden und automatisiert dank KI- und ML-Funktionen sogar komplexe, langwierige Prozesse. Mit RPA können Unternehmen sich wiederholende, manuelle Aufgaben im gesamten Unternehmen zuverlässig und effizient automatisieren. RPA ist dabei über Webschnittstellen oder Geschäftsanwendungen direkt ausführbar. Intelligente Automatisierungsfunktionen wie Cognitive Capture, Prozess-Orchestrierung und -Analyse ermöglichen es den Mitarbeitern, sich auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren, anstelle mühevoll manuell Daten zu kopieren oder von Portalen abzurufen.

  • Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML): Mittels dieser Technologien lassen sich Daten wie Sprache, Text, Chat oder Bilder verstehen, klassifizieren und extrahieren. Dank KI können Unternehmen Personen, Orte, Beträge und andere relevante Datenpunkte in Dokumenten automatisch erkennen und damit den Inhalt und Kontext der Kommunikation verstehen, um mit ihrer Hilfe etwa Geschäftsentscheidungen zu treffen. NLP (Natural Language Processing), Entitätsextraktion und Stimmungsanalyse liefern automatisiert die wichtigsten Informationen und bieten darüber hinaus über alle Kanäle hinweg einen besseren Einblick in die Kundenkommunikation. Mit ML können Unternehmen die Genauigkeit ihrer automatisierten Dokumentenidentifizierung, -klassifizierung und -trennung verbessern, die RPA mithilfe von Cognitive Capture durchführt.

  • intelligent Business Process Management Suite (iBPMS): Wer eine Automatisierungstechnologie einsetzt, möchte auch überprüfen, welche Vorteile diese für das Unternehmen bringt. Die in iBPMS enthaltenen Analysefunktionen sorgen dafür, dass genau ersichtlich ist, welche Auswirkungen eine Automatisierung hat - so lässt sich beispielsweise auch der Return-on-Investment (ROI) berechnen. Durch die verbesserte Transparenz, mehr Prozessintelligenz und detaillierte Einblicke in sämtliche Workflows, die Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner einbeziehen, erhalten Führungskräfte Tools und Informationen an die Hand, mit denen sie auf veränderte Marktbedingungen und Kundenerwartungen prompt reagieren können.

Die Vorteile von Hyperautomation

Die positiven Effekte von Hyperautomation sind im gesamten Unternehmen spürbar. So fallen beispielsweise deutlich geringere Kosten an, da die Automatisierung den Zeit- und Ressourcenaufwand für manuelle Aufgaben und auch die Anzahl von Fehlern reduziert. Gartner geht davon aus, dass Unternehmen ihre Betriebskosten bis 2024 um 30 Prozent senken können, wenn sie Hyperautomation mit neu gestalteten Workflows kombinieren. Zudem werden Prozesse durch Hyperautomation skalierbar, denn diese verwandelt eine manuelle, komplexe Aufgabe in einen zuverlässigen, wiederholbaren Ablauf. Ein kollaboratives Ökosystem, das aus Technologien und Menschen, die zusammenarbeiten, besteht, führt zu besseren Ergebnissen im Unternehmen.

Als weiteren Vorteil können Organisationen durch die Prozessautomatisierung deutlich schneller auf Fragen und Bedürfnisse der Kunden reagieren - und somit eine personalisierte Customer Experience kreieren. Dadurch erhöht sich nicht nur die Zufriedenheit der Kunden, sondern die positive Erfahrung führt bestenfalls zu höherer Loyalität und mehr Einnahmen.

Hyperautomation schafft darüber hinaus eine effiziente Belegschaft (bestehend aus menschlichen und digitalen Kollegen), sodass Flexibilität und Agilität Einzug in die Organisation halten. Wenn sich die Menschen auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren können, verschafft das Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. Das kommt letztlich auch den Mitarbeitern zugute, die diese Arbeit mehr zu schätzen wissen - ganz im Gegensatz zu stupidem Kopieren von Daten von A nach C über B. Stattdessen konzentrieren sie sich auf Tätigkeiten und Projekte, die dem Unternehmen einen echten Mehrwert bieten und können so beispielsweise zur Optimierung der Customer Experience beitragen. Das führt zu zufriedeneren Mitarbeitern, da sie nun einen Mehrwert in ihrer Arbeit erkennen. (mb)