Keine Kompromisse beim Thema Soft Skills

Was IT-Unternehmen von Bewerbern erwarten

12.11.2014
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Dr. Monika Becker ist Leiterin Business Unit Software der Hager Unternehmensberatung. Mit ihrem Team besetzt sie anspruchsvolle Management- und Fachpositionen für Unternehmen aus den Branchen Software und Digitale Lösungen.  Die Hager Unternehmensberatung ist Partner von Horton Internationale und bietet ihren Kunden weltweit an über 40 Standorten in den global wichtigsten Wirtschaftsregionen Lösungen rund um den Arbeitslebenszyklus an.
Das Potenzial eines Kandidaten, seine sozialen Skills sowie die Einstellung und Motivation spielen für Firmen eine überdurchschnittliche Rolle und sie versuchen auch keine Kompromisse einzugehen. Kompromissbereiter zeigen sie sich beim fehlenden Fachwisssen.

Der deutsche IT-Arbeitsmarkt ist seit längerem ein Arbeitnehmermarkt. Nicht nur die Unternehmen suchen sich die Besten heraus. Auch die Arbeitnehmer sind in der Position, entsprechend ihrer Präferenzen zu wählen. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist nach wie vor ein brisantes Thema in den Personalabteilungen. Gleichzeitig ist "nachhaltiges" Recruiting wichtig für IT Unternehmen. Es gilt in einem engen Marktumfeld die richtigen Mitarbeiter zu finden, die ihre neue Rolle erfolgreich ausüben, zur Unternehmenskultur passen und sich idealerweise im Unternehmen erfolgreich weiter entwickeln.

Praxis wichtiger als Abschlussnote

Um den richtigen Mitarbeiter zu gewinnen, setzen die meisten IT-Unternehmen auf einen Mix aus Auswahlkriterien, die sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt haben. Für die Personalabteilungen der meisten IT-Unternehmen sind Schul- und Universitätszeugnisse bei der Einstellung von Absolventen zwar wichtig, aber nicht das alleinig ausschlaggebende Kriterium. Ein Universitätsabschluss mit der Gesamtnote 1,0 garantiert nicht die "Praxistauglichkeit" des Absolventen. Zunehmende Bedeutung haben Teilnoten und Praktika. Aus den Teilnoten kann eine Neigung und Richtung des Kandidaten heraus gelesen werden. Durch praktische Erfahrungen, die der Kandidat im Vorfeld gesammelt hat, sind die Interessen des Bewerbers unmittelbar sichtbar. Ein Bewerber für eine IT-Umgebung, der Praktika in diesem Bereich nachweisen kann, untermauert seine fachliche Affinität und kann zudem in der Praxis meist schneller in Kundenprojekten eingesetzt werden als Kandidaten, die lediglich theoretisches Fachwissen vorweisen können.

Die Abschlüsse Bachelor und Master sind mittlerweile etabliert. Die Akzeptanz der Bachelor-Studiengänge ist in den vergangenen Jahren auf der Arbeitgeberseite deutlich gestiegen. Viele Unternehmen bieten Traineeprogramme für Absolventen, um die weiteren Karriereschritte zu ebnen und gleichzeitig die Mitarbeiter zu binden. Personaler raten jungen Absolventen, rechtzeitig den Weg in die Praxis zu suchen. Zum einen hilft es bei der Einschätzung, ob die berufliche Wahl richtig ist, zum anderen kann der Kandidat sein fachliches Interesse sichtbar untermauern.

Unternehmen sind kompromissbereit

Für erfahrene Bewerber und Führungskräfte in der IT Branche gilt, dass die Ausbildungszeugnisse meist geprüft werden, aber eine weitaus geringere Rolle spielen, als Arbeitszeugnisse aus der jüngeren Zeit. Eine wichtigere Rolle nehmen auf höherem Joblevel Referenzen ein. Dieses Kriterium, das im angelsächsischen Raum seit langem Usus ist, wird zunehmend in Deutschland angewendet.

Weiterhin ist zu beobachten, dass viele IT-Unternehmen bei den fachlichen Anforderungen kompromissbereiter sind als bei den sozialen Fähigkeiten. Die Stellenbeschreibung sollte der Bewerber mit seinen Fähigkeiten zumindest in wesentlichen Teilen erfüllen, es muss nicht 100 Prozent passgenau sein. Gerade im IT-Bereich sind die Innovationszyklen ohnehin kurz, dass für fachlich versierte Mitarbeiter regelmäßige Fortbildungen unerlässlich sind, um auf dem Stand der Technik zu bleiben.

Bei den Soft Skills sind die IT Personaler zunehmend kritischer. Wenn ein Kandidat häufige Jobwechsel nicht plausibel erklären kann, wird das kritisch gesehen. Es könnte sein, dass der Bewerber nirgends erfolgreich war oder nicht in der Lage ist, sich in ein Team zu integrieren. Ein großer Fauxpas ist es, wenn die im Lebenslauf aufgeführten Stationen nicht mit den Angaben aus den Arbeitszeugnissen oder öffentlich zugänglichen Informationen über die Person übereinstimmen. In aller Regel wird in den Einstellungsinterviews sehr genau geprüft, ob der Kandidat generell in seinem Auftreten zur Unternehmenskultur und in das Team passt.

Auf Managementebene sind Führungserfahrung und Führungsstil sowie die unternehmerische Erfahrung (Budget bzw. Profit-Loss-Verantwortung) häufig im Auswahlprozess die größte Rolle. Bei solch wichtigen Rollen sind bei Einstellungen keine Experimente gefragt.

IT-Branche wird älter

Eine Trendwende zeichnet sich hinsichtlich des bevorzugten Alters neuer Mitarbeiter ab. Vor rund zehn Jahren war es noch üblich und vermeintlich richtig, primär jüngere Mitarbeiter an Bord zu holen. Die IT Branche galt als junge Branche, die junge Mitarbeiter braucht.

Immer mehr Unternehmen schätzen Mitarbeiter 50 Plus als wertvolle Zielgruppe.
Immer mehr Unternehmen schätzen Mitarbeiter 50 Plus als wertvolle Zielgruppe.
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Mittlerweile hat man erkannt, dass Mitarbeiter 50 Plus eine wertvolle Zielgruppe sind. Diese Altersgruppe hat nicht mehr den Fokus auf das Familienleben - die Kinder sind meist groß - was unter anderem eine hohe Flexibilität, zum Beispiel für längere Geschäftsreisen, mit sich bringt. Gestandene Fachkräfte haben zudem fundiertes Wissen und verfügen dank ihrer Erfahrung über höhere Gelassenheit und Stressresistenz. Auch hat man erkannt, dass diese Generation beim nächsten Jobangebot nicht gleich abwandert, sondern dem Arbeitgeber loyal verbunden bleibt. Generell ist "Diversity" ein großes Thema in den Personalabteilungen vieler IT-Unternehmen. Die Praxis hat gezeigt, dass gemischte Teams erfolgreicher arbeiten. Diese Erkenntnis schlägt sich zunehmend im Recruiting nieder.

Wie kann ich als Bewerber am besten punkten?

Viele Personalverantwortliche stellen eine deutliche Verschlechterung in der Qualität der Bewerbungen fest. Einige enthalten Rechtschreibfehler, sind im Anschreiben nicht personalisiert oder enthalten einen falschen oder fehlerhaften Firmennamen. Dies deutet auf eine geringe Motivation oder zumindest unzureichende Sorgfalt hin.

Eine angemessene Vorbereitung ist auch für das erste Interview erforderlich. Wurde die Stellenanzeige richtig gelesen? Was weiß der Bewerber über das Unternehmen? Sind die wesentlichen Firmeninformationen, die der Firmen Website zu entnehmen sind, bekannt? Gewünscht wird in aller Regel, dass der Bewerber Fragen zu Unternehmen und Position vorbereitet hat. Der Eindruck des Erstgesprächs ist die persönliche Visitenkarte, die ein Arbeitgeber von einem Kandidaten erhält. Das Erstgespräch wird von Unternehmensseite gerne wie eine Arbeitsprobe eingestuft, da es Analogien zur späteren Vorbereitung auf Aufgaben im Arbeitsalltag gibt. Dies gilt für erfahrene Mitarbeiter genauso wie für Absolventen - und für Kandidaten, die von einer Personalberatung vorgestellt wurden genauso wie für "echte Bewerber".