Ein Führungsstil beschreibt die Grundhaltung einer Führungskraft sowie ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern. Es gibt verschiedene Theorien und Modelle mit unterschiedlichen Führungsstilen.
Welche Führungsstile gibt es?
Eine bekannte Einteilung hat der Sozialpsychologe Kurt Lewin vorgenommen. Lewin emigrierte 1933 aus Deutschland und forschte in den USA. In dieser Zeit entstand die Unterscheidung und Abstufung zwischen den Führungsstilen autoritär, laissez-faire und kooperativ:
Beim autoritären Führungsstil gibt die Führungsperson ihren Mitarbeitern Anweisungen, was zu tun ist. Mitarbeiter haben diese Anweisungen zu akzeptieren und auszuführen.
Beim Laissez-faire-Führungsstil überträgt die Führungskraft Aufgaben auf die Mitarbeiter. Vorgesetzte machen klare Zielvorgaben, definieren die erwarteten Arbeitsergebnisse und delegieren die Aufgaben an die Mitarbeiter.
Dazwischen liegt der kooperative Führungsstil, bei dem Führungskraft und Mitarbeiter Verantwortung teilen beziehungsweise gemeinsam übernehmen. Eines der Forschungsergebnisse Lewins war, dass ein kooperativer Führungsstil mit einer erhöhten Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter verbunden ist.
Merkmale eines kooperativen Führungsstils
Kooperative Führungskräfte teilen Verantwortung mit ihren Mitarbeitern und beziehen sie in Entscheidungen ein. Für Prof. Dr. Guido Möllering, Direktor des Reinhard-Mohn-Instituts für Unternehmensführung an der Universität Witten/Herdecke, zählt zu den Merkmalen einer kooperativen Führungskraft auch, dass mehr Autonomie gewährt wird bei zugleich gegenseitiger Transparenz und Koordination: "Die formale Führungskraft kommuniziert auf Augenhöhe, das heißt mit Respekt und Anerkennung der Fähigkeiten und Bedürfnisse der Geführten. Es gibt kaum noch Anweisungen, sondern man einigt sich, was zu tun ist", so Möllering. Man verständige sich häufiger über die gemeinsamen Werte und Ziele. Führungskräfte sähen sich selbst als Vermittelnde.
- Tipps zur virtuellen Mitarbeiterführung
Seit der Pandemie gehört virtuelle Mitarbeiterführung zu den Standartaufgaben für jeden Vorgesetzten. Wir haben die wichtigsten Learnings aus dieser Zeit zusammengefasst. - Unterschiedliche Arbeits- und Lebensumstände anerkennen
Zu den größten Herausforderungen zählen die unterschiedlichen Voraussetzungen, womit Teammitglieder bei der Heimarbeit konfrontiert sind. Nicht jeder hat ausreichenden Raum für ein separates Home-Office. Dazu kommen Ablenkungen wie Kinder, Haustiere oder bei Singles ein Gefühl der Isolation. All das hat Einfluss darauf, wie und zu welchen Zeiten Mitarbeiter ihre Aufgaben am besten erledigen können. Vorgesetzte, die offen Verständnis für individuelle Situationen zeigen, schaffen die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. - Stress-Level steuern
Permanenter Stress im Home-Office ist keine gute Voraussetzung, um kontinuierlich gute Arbeit zu leisten. Wer als Führungskraft vermittelt, dass es okay ist, nicht immer perfekt zu funktionieren, nimmt Mitarbeitern etwas den Druck in der Gewöhnung an die neue Normalität. Vielen fällt es mit dieser Gewissheit leichter, Deadlines einzuhalten und den Erwartungen zu entsprechen. - Regelmäßigen Kontakt pflegen
Ein tägliches Gespräch mit Chefin oder Chef - ist das nicht zu viel der Kommunikation? Nein, denn insbesondere bei der digitalen Mitarbeiterführung ist die Regelmäßigkeit des Austauschs entscheidend. Nur so lässt sich einschätzen, ob alles wie besprochen läuft und sich alle im Team den Anforderungen gewachsen fühlen. Missverständnisse und Fehler passieren - ähnlich wie im Büro - vor allem, wenn zu wenig kommuniziert wird. - Neue Technologien nutzen
Nur mit Personen, zu denen man regelmäßigen Kontakt pflegt, können Beziehungen entstehen. Das funktioniert im Zeitalter des digitalen Austauschs über zahlreiche Kommunikationskanäle. Moderne Videokonferenz-Tools wie Zoom, Teams, Google Meet etc. ermöglichen eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und machen sichtbar, wie es allen Teammitgliedern geht. - Kommunikationsregeln festlegen
Dezentral organisierte Teamarbeit funktioniert am effektivsten, wenn sich alle über die Grundregeln der Kommunikation einig sind. Vorgesetzte können für klare Verhältnisse sorgen, indem sie Häufigkeit, Zweck und Timing des Austauschs und die dafür priorisierten Kanäle festlegen. Videokonferenzen sind in der Regel die erste Wahl für die tägliche Gruppenbesprechung. Gerade größere Gesprächsrunden lassen sich durch simple Tricks so strukturieren, dass auch Meetings mit hoher Teilnehmerzahl geordnet und effektiv ablaufen. Wenn es um dringliche Angelegenheiten oder Nachfragen geht, sind andere Kanäle wie Instant Messaging der bessere Weg. Unified-Communications-Plattformen ermöglichen eine Vielzahl von Anwendungen und Kommunikationskanälen. - Erwartungen definieren
Oft werden beim Übergang von der klassischen Büroarbeit ins Home-Office Aufgaben innerhalb eines Teams neu verteilt oder kommen neue hinzu. Damit Mitarbeiter diese erfüllen können, muss klar sein, was genau von ihnen erwartet wird. Manchen mag es außerhalb der gewohnten Büroatmosphäre anfangs schwerfallen, Aufträge zu priorisieren. Gemeinsam kann geklärt werden, welche Aufgaben Priorität haben und zu schaffen ist. Einfach davon auszugehen, dass jeder weiß, was zu tun ist, ist kontraproduktiv. Besser ist, von Anfang an eine Feedback-Schleife zu vereinbaren, um Erwartungen anzupassen und in den bekannten Applikationen zu dokumentieren. - Ein gemeinsames Ziel verfolgen
Teams funktionieren vor allem dann, wenn alle Mitglieder eine gemeinsame Mission verfolgen. Das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl hilft auch, Unsicherheiten zu überwinden und mit ungewohnten Arbeitssituationen umzugehen. Wenn jeder weiß, was er zum gemeinsamen Erfolg beiträgt, ist das die beste Motivation, Höchstleistungen zu erbringen. Erfolge sollten außerdem gewürdigt werden. - Auf die Ergebnisse konzentrieren
Wie lassen sich Engagement und Selbstverantwortung fördern? Indem Führungskräfte sich auf die gewünschten Ergebnisse konzentrieren und Teammitgliedern den Freiraum lassen, selbst einzuteilen, wie sie zum Ziel kommen wollen. Voraussetzung dafür ist ausreichend Zeit und zuvor aufgebautes Vertrauen. Ist das der Fall, lässt sich auf diesem Weg nicht nur die Kreativität der Mitarbeiter fördern, sondern auch kräftezehrendes Mikromanagement vermeiden. Virtuelle Brainstorms lassen sich beispielsweise in Breakout-Räume aufteilen. Kleinere Teams können dadurch in separaten Sitzungen arbeiten und ihre Ideen sammeln, die anschließend in der größeren Runde präsentiert werden. - Strikte Kontrollmechanismen vermeiden
Regelmäßige Kommunikation und klare Zielvorgaben sind wichtig. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass Mitarbeiter das Gefühl bekommen, im Home-Office überwacht zu werden. Vorgesetzte, die mehrmals täglich penible Rückmeldungen zu erledigten Arbeitsschritten einfordern, signalisieren damit fehlendes Vertrauen. Sie riskieren zudem, dass Teams den Fokus verlieren. Beratung und Betreuung sind besser als strikte Kontrolle. - Neue Team-Mitglieder integrieren
Als neues Mitglied in ein dezentral arbeitendes Team zu kommen, kann zur Herausforderung werden, weil sich die Dynamik einer Gruppe anfangs schwerer erspüren lässt. Umso wichtiger ist es, Neulingen zu Beginn ihrer Tätigkeit das Gefühl zu geben, Teil der Gruppe zu sein. Unternehmen, die bereits über längere Erfahrung in dezentralem Arbeiten verfügen, haben dies zum festen Bestandteil ihres Onboardings gemacht. - Das Wir-Gefühl stärken
Selbst in gut funktionierenden Arbeitsumfeldern kann es gelegentlich zu Unsicherheiten, Unzufriedenheit oder Ängsten der Mitarbeiter kommen. Die Aufgabe von Führungskräften besteht darin, Teams davor zu schützen. Das gelingt am besten, wenn auch die sozialen Aspekte der gemeinsamen Arbeit berücksichtigt werden. Dafür braucht es keine verpflichtenden gemeinsamen Kaffeepausen, aber von Zeit zu Zeit die Gelegenheit für einen lockeren Austausch, der Mitarbeitern das Gefühl gibt, trotz der Distanz wahrgenommen zu werden. Virtuell lässt sich der Teamgeist auch fördern, wenn zur Abwechslung mal eine Happy Hour, ein virtuelles Quizzen oder ein gemeinsames Essen per Videochat organisiert wird.
Für den Transformationsexperten und Berater Martin Michaelis ist es nicht nur eine Frage von Branchen, Unternehmenskultur oder Generationen, ob kooperatives Führen sinnvoll ist. "In der heutigen Zeit ständiger und schneller Veränderung haben Unternehmen gar keine andere Wahl, als Ihren Mitarbeitern in einem bestimmten Maße mehr Verantwortung zu übergeben. Das bedeutet für Führungskräfte, dass sie ihre Mitarbeiter mehr in Entscheidungsprozesse einbinden müssen." Schwierig werde es dann, wenn unter den Mitarbeitern nur eine niedrige Bereitschaft bestehe, Verantwortung zu übernehmen. "Wichtig ist dann, Schritt für Schritt vorzugehen: je nach individueller Kapazität und nicht zu viel auf einmal an Verantwortungen zu delegieren", rät Michaelis.
Vor- und Nachteile eines kooperativen Führungsstils
"Die stärkere Partizipation und das Empowerment, das kooperative Führung ermöglicht, sind sehr motivierend, können aber auch überfordern", weiß Experte Möllering. Wenn Verantwortung stärker geteilt werde, werfe das Fragen auf: Wer trägt das Risiko von gemeinsamen Entscheidungen? Und: Wer bekommt welchen Anteil am gemeinsamen Erfolg? "Wenn ein gemeinsames Verständnis hergestellt werden kann, wie die kooperative Führung wirklich gemeint ist, dann überwiegen klar die Vorteile", ist Möllering überzeugt. Wichtig sei auch, dass eine echte Beteiligung an der Führung möglich ist. Also nicht am Ende doch wieder einer alles alleine entscheide.
Kooperatives Führen lernen
Doch lässt sich ein solcher kooperativer Führungsstil erlernen? "Es gibt eine Menge Kompetenzen, die erlernt werden können", sagt Martin Michaelis auf die Frage, ob sich kooperatives Führen erlernen lässt. Dabei unterscheidet er zwischen Methoden und Verhalten, sowie Haltung. Neue Methoden und Verhaltensweisen lassen sich erlernen. Dazu zählt beispielsweise, sich selbst als Führungskraft zurückzunehmen, Mitarbeitern mehr Raum zu geben und ihnen mehr Fragen zu stellen.
"Eine kooperative Haltung braucht meist etwas mehr Zeit", so Michaelis. Je nach Person ständen oft alte Einstellungen und Glaubenssätze im Weg. Eine wichtige Erkenntnis lautet: Wer kooperativ führen möchte, muss Schritt für Schritt lernen, Vertrauen zu haben. "Eine 'Dann mache ich das jetzt lieber selbst'-Haltung ergibt keinen Sinn", sagt Michaelis. In einer konkreten Situation ist eine Aufgabe damit vielleicht schneller und auch besser erledigt. Aber damit nehme man seinen Mitarbeitern den Raum, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Und damit auch die Möglichkeit, zumindest mittelfristig mehr Verantwortung zu übernehmen.
Kooperativ führen in Corona-Zeiten
Die Bertelsmann Stiftung und das Reinhard-Mohn-Institut der Universität Witten/Herdecke haben für ihren Führungskräfte-Radar 2020 im September und Oktober 2020 eine repräsentative Befragung unter Führungskräften in Deutschland vorgenommen. Eine Beobachtung: Wenn Home-Office zur Dauereinrichtung wird, befürchten Führungskräfte, dass der Austausch mit den Mitarbeitern mehr und mehr verloren geht und die Unternehmenskultur leidet. Viele Führungskräfte konnten ihre Mitarbeiter in Home-Office-Corona-Zeiten nicht so unterstützen, wie sie es gerne getan hätten (45,7 Prozent). Guido Möllering vom Reinhard-Mohn-Institut sagt: "Die Ausnahmesituation hat uns verschiedene Aspekte deutlicher sehen lassen als sonst". Er nennt die folgenden drei Punkte:
Führung funktioniert nur, wenn die Geführten mitspielen, also kooperativ die Impulse der Führenden aufnehmen oder konstruktiv der Führungskraft Feedback geben.
Das Management kann gerade in einer Krise nicht alle Probleme alleine lösen und alle Entscheidungen alleine treffen. Notgedrungen wird mehr delegiert, pragmatisch gehandelt und sich aufeinander verlassen. Man ist im Team beim gemeinsamen, kooperativen Problemlösen mehr auf Augenhöhe.
Gerade beim Führen auf Distanz (insbesondere wegen Homeoffice) merkt man deutlich, dass Führen nicht primär Kontrolle, sondern Unterstützung der Geführten bedeutet. Der Team-Gedanke verstärkt sich und die Verantwortung für das gemeinsame Ergebnis wird stärker geteilt.
Kooperative Führungskräfte brauchen Vertrauen
Übergreifend werde deutlich, wie wichtig eine solide Vertrauensbasis sei, so Möllering: "Diese baut man nicht durch hierarchische Anweisungen, sondern durch kollegiale Zusammenarbeit auf." Im Gegensatz zu dem oft in Krisen vermuteten autoritären Führungsstil hat sich in der Corona-Pandemie nicht die lenkende Führungskraft früherer Zeiten, sondern die vermittelnde Führungskraft bewährt.
Auch eine im Oktober 2021 veröffentlichte Führungskräftebefragung des Personaldienstleisters Hays lässt die Entwicklung hin zu einem partizipativ-kollaborativen Führungsstil erkennen: Knapp die Hälfte der Befragten will Mitarbeitern künftig stärker motivieren und offen mit Vorschlägen umgehen. Immerhin ein Drittel will mehr Verantwortung abgeben, um damit Freiraum für Eigenverantwortung und ergebnisorientiertes Arbeiten zu schaffen. Ebenso viele Führungskräfte wollen der individuellen Betreuung der Mitarbeitenden mehr Platz einräumen.
- Die größten "Kritikpunkte" und Schwächen bei Führungskräften
Mitarbeiter zu führen, erfordert von Managern sowohl sachliche Kritik als auch konsequentes Verhalten. Doch sehr oft scheuen Chefs sowohl den Konflikt als auch die Konsequenzen gegenüber ihren Weisungsbefugten. Die größten Schwachpunkte in Sachen Kritikschwäche. - Beliebt sein
Führungskräfte möchten zu sehr von ihren Mitarbeitern "geliebt" werden. - Keine Autorität
Führungskräfte wollen nicht autoritär wirken. - Zu konfliktscheu
Führungskräfte scheuen die Auseinandersetzung und eventuelle Konfrontation mit dem Mitarbeiter. - Kein Delegieren
Führungskräfte wissen um ihre eigenen Versäumnisse beim Delegieren von Aufgaben. - Zu inkonsequent
Führungskräfte sind sich der Konsequenzen ihres "Wegschauens" und "Vertagens" nicht bewusst. - Zu kumpelhaft
Führungskräfte haben ein falsches Verständnis von partnerschaftlich-kooperativem Führungsstil. - Zu nachsichtig
Führungskräfte tolerierten in der Vergangenheit bereits "Leistungsmängel" und das Missverhalten ihrer Mitarbeiter. - Zu unglaubwürdig
Führungskräfte handeln selbst nicht konsequent genug, um glaubwürdig Verbindlichkeit von den Mitarbeitern einzufordern