CSR

Was ist Corporate Social Responsibility?

04.01.2024
Von 
Bastian Seebacher ist freier Mitarbeiter der Redaktionen CIO und COMPUTERWOCHE.
Das Prinzip der Corporate Social Responsibility (CSR) wird in unserer nach mehr Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit strebenden Welt immer wichtiger. Doch was genau steckt hinter dem Prinzip der CSR?

Definition

Corporate Social Responsibility (CSR) beschreibt die Verantwortung von Unternehmen, durch ethisches und moralisch richtiges Wirtschaften zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Wichtig ist, dass das freiwillige Engagement der Betriebe dabei über die bestehenden gesetzlichen Forderungen des jeweiligen Landes hinausgeht.

Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft übernehmen - das steht im Mittelpunkt von Corprate Social Responsibility.
Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft übernehmen - das steht im Mittelpunkt von Corprate Social Responsibility.
Foto: Peach ShutterStock - shutterstock.com

Die Unternehmensverantwortung umfasst soziale, ökologische und ökonomische Aspekte, die in verschiedenen internationalen Referenzdokumenten wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte oder der ISO 26000 festgehalten sind. In der Praxis geht es allgemein um faire Geschäftspraktiken, eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik, den sorgsamen Einsatz von natürlichen Ressourcen, Umwelt und Klimaschutz, ernsthaftes Engagement vor Ort und an Produktionsstandorten sowie Verantwortung in der Supply Chain.

CSR - von der Antike bis heute

Bereits in der Antike stellten Universalgelehrte wie Aristoteles fest, dass freies Wirtschaften nicht ausschließlich zum eigenen Wohl betrieben werden sollte, da jeder Mensch Pflichten gegenüber der eigenen Gesellschaft hat. In Europa besteht seit dem Mittelalter das Leitbild des "Ehrbaren Kaufmanns" der sich trotz seiner Tätigkeiten immer an gegebene Gepflogenheiten und Gesellschaftsnormen halten musste.

Das wohl bekannteste Beispiel für eine frühe Art der CSR ist die bis heute bestehende Fuggerei in Augsburg. Die sozial engagierten Kaufleute fungierten als Mäzene sowie Stifter und errichteten zum Beispiel Wohnhäuser für ihre Mitarbeiter. So trugen sie schon früh zur Verbesserung von Lebens- und Arbeitsstandards in ihrer Gesellschaft bei.

CSR - eine Begriffsabgrenzung

Heutzutage werden in den meisten Unternehmen die Begriffe Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit als Synonyme verwendet. In der Theorie ist das Konzept der CSR jedoch weitaus präziser gefasst als Nachhaltigkeit. Konkret geht es nämlich um den spezifischen Beitrag, den Unternehmen zum nachhaltigen Wirtschaften leisten.

Auch der Begriff Corporate Responsibility wird seit einigen Jahren vermehrt benutzt, um die wirtschaftliche Dimension von Nachhaltigkeit hervorzuheben. Außerdem lässt sich so ein Missverständnis vermeiden, da das "Social" in CSR häufig mit sozial übersetzt wird. So entsteht oft die Fehlannahme, dass sich das CSR-Konzept lediglich auf die soziale Dimension unternehmerischer Nachhaltigkeit beschränkt.

Des weiteren bezeichnet "Corporate Citizenship" (CC) nur das Engagement, welches über die eigentliche Geschäftstätigkeit eines Unternehmens hinausgeht, und umfasst somit den Bereich des gemeinnützigen Engagements der Unternehmen. Corporate Citizenship ist deshalb im Wesentlichen auf Sponsoring, Spenden und Stiftungsaktivitäten begrenzt.

CSR - Verantwortungsbereiche

Corporate Social Responsibility kann in drei zentrale Verantwortungsbereiche gegliedert werden:

  • Innerer Verantwortungsbereich: Der innere Verantwortungsbereich umfasst Tätigkeiten, welche sich ausschließlich auf interne Prozesse beziehen. Sie geben die Leitplanken für die ethische und moralische Unternehmenskultur vor, beschränken sich jedoch auf interne Strukturen und Strategien. Dabei ist die eigentliche Geschäftstätigkeit und Gewinnerzielung zweitrangig.

  • Mittlerer Verantwortungsbereich: Der mittlere Verantwortungsbereich inkludiert Tätigkeitsfelder, die zum einen Teil des normalen Kerngeschäfts sind als auch die Bereiche Umwelt und Gesellschaft beeinflussen, wie zum Beispiel die Lieferketten eines Unternehmens. Zentrale Frage dabei: Steht hier lediglich die Profitabilität für das Unternehmen im Vordergrund oder werden wirklich gute Arbeitsbedingungen garantiert? Das Unternehmensimage - und somit auch der Erfolg des Unternehmens - hängen weitgehend von den öffentlich sichtbaren Prozessen des mittleren Verantwortungsbereiches ab.

  • Äußerer Verantwortungsbereich: Die äußere Ebene beinhaltet alle Bereiche, die nicht in der inneren oder mittleren Ebene anzusiedeln sind. Dazu gehören sowohl Aktivitäten in Sachen Wohltätigkeit, wie Spenden und Sponsoring, als auch freiwillige Tätigkeiten der Mitarbeiter. Für Letzteres wird der Arbeitsalltag gegebenenfalls unterbrochen.

Warum Unternehmen auf CSR setzen

Spätestens seit der Verabschiedung der "17 Sustainable Development Goals" durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2015 wird Nachhaltigkeit auch durch Unternehmen verstärkt wahrgenommen. Doch Firmen implementieren CSR nicht ausschließlich aus rein wohltätigen Gründen. Mögliche Hintergründe sind:

Moralische Grundüberzeugung: Vor allem kleinere, regionale oder familiengeführte Unternehmen sehen sich häufig aus moralischen Gründen dazu verpflichtet, sorgsam mit Umwelt sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen. Für diese Betriebe gehört es zu ihrer Verpflichtung, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Wirtschaftlicher Nutzen: Außerdem kann CSR zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beitragen. Insbesondere Konsumenten oder mögliche Stakeholder achten immer genauer auf die Ökobilanz einer Firma. Wer in diesem Bereich punkten kann, gewinnt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen. Oft suchen Firmen ihre Zulieferer auch nach deren Umweltbilanz aus, so besteht die Non-Government-Organisation Greenpeace darauf, dass ihre Lieferanten so wenig Energie wie möglich bei der Produktion verbrauchen. Auch für Investoren und Stakeholder ist die Nachhaltigkeit in Unternehmen immer häufiger eine Entscheidungsgrundlage für zukünftige Investitionen. Eine ausgeprägte Corporate Social Responsibility trägt außerdem zu einer höheren Arbeitgeberattraktivität bei, die gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ausschlaggebend sein kann, neue, gut ausgebildete Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Verbesserte Reputation: Betriebe, die CSR nicht nur durch "Greenwashing" betreiben, sondern tatsächliche Vorreiter in diesem Bereich sind, nutzen dies für ihre Marketingstrategie. So wird bei Kunden, Geschäftspartnern oder Lieferanten ein positives Image aufgebaut.

Welche Regularien für CSR gelten

Einzelne Unternehmen von öffentlichem Interesse in der EU müssen bereits seit einigen Jahren über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten. Das regelt die seit 2014 geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Das Ziel: Mehr Transparenz in den Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen schaffen. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die seit dem 5. Januar 2023 in Kraft ist und spätestens 18 Monate später von den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss, erweitert sich die Berichtspflicht erheblich.

Deutlich mehr Betriebe werden künftig Rechenschaft darüber ablegen müssen, wie nachhaltig sie wirtschaften. Die Berichtspflicht gilt für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 zunächst für Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitenden und wird in den folgenden Jahren sukzessive auf alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen sowie kapitalmarkt­orientierte Mittelständler ausgeweitet.

Im Rahmen der CSRD müssen diese Firmen künftig umfassender und nach einheitlicheren Maßstäben über ihre Nachhaltigkeit berichten. Standards und Kennziffern, die von der European Financila Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt werden, sollen für eine genauere Messbarkeit und vor allem für Vergleichbarkeit der Angaben sorgen. Die Regeln der CSRD sehen vor, dass die Unternehmen sowohl über die Auswirkungen des eigenen Wirtschaftens auf Mensch und Umwelt wie auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf ihr Geschäft zu berichten haben.

Die verpflichtenden Berichte zur Nachhaltigkeit sollen in Zukunft den gleichen Stellenwert besitzen wie die klassische Finanzberichterstattung. Auch für die CSRD-Kennzahlen sieht das EU-Regelwerk ein standardisiertes Format vor. Darüber hinaus sehen die Regularien der EU-Kommission externe Prüfungen der Nachhaltigkeitsberichte vor.

Neben dem CSRD gibt es noch weitere Regelwerke, die auf das Thema CSR einzahlen. Seit Anfang Januar 2023 gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Es gilt für alle Unternehmen mit Sitz oder Zweigniederlassung und mindestens 3.000 Mitarbeitenden. Ab 1. Januar 2024 sind auch die Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden davon betroffen.

Die geplante EU-Richtlinie Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die Anfang Juni 2023 vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, geht sogar noch weiter und bezieht EU-Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden und einem weltweiten Umsatz ab 40 Millionen Euro mit ein. Der Entwurf sieht ferner vor, dass Verstöße gegen die CSDDD mit Strafen von bis zu fünf Prozent des Gesamtumsatzes geahndet werden können.

Das LkSG in Deutschland wie auch die CSDDD der EU formuliert Sorgfaltspflichten für den eigenen Geschäftsbereich und die Lieferkette, die sich auf die international anerkannten Menschenrechte beziehen: darunter Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung, Arbeitsschutz, Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, die Zahlung angemessener Löhne sowie einzelne Umweltaspekte. Künftig müssen alle betroffenen Unternehmen in Form von Jahresberichten gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nachweisen, innerhalb der Lieferkette die Menschenrechte zu wahren.

Herausforderungen in Sachen CSR

Corporate Social Responsibility engagiert und zielorientiert in Unternehmen zu implementieren, ist oftmals leichter gesagt als getan. Dennoch gibt es zahlreiche Wirtschaftsunternehmen, die sich national sowie international an sozialen, ökonomischen und ökologischen Projekten beteiligen. Auf der Website CSR - Verantwortung Unternehmen, eine Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, finden Sie einige Beispiele für aktiv gelebte CSR, darunter BMW, Mercedes Benz, die Rewe Group und Tchibo.

Wie schwierig es sein kann, sich auch an selbst gesteckte Regeln zu halten, zeigt das Beispiel BMW. Man habe in Eigenregie und durch die Beteiligung an Brancheninitiativen und -kooperationen Maßnahmen und Verfahren systematisiert, um menschenrechtliche Risiken zu identifizieren und zu minimieren, erklärt auf der CSR-Site Ferdinand Geckeler, der bei der BMW Group das Thema Nachhaltigkeit im Einkauf und Lieferantennetzwerk verantwortet. Die definierten Umwelt- und Sozialstandards würden nicht nur abfragt, sondern im Vergabeprozess konsequent berücksichtigt. Alle Lieferantenverträge der BMW Group enthielten spezifische Klauseln, die sich auf die Prinzipien des UN Global Compact und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beziehen, hieß es.

Der Münchner Autobauer formuliert in seinen Verträgen auch die Erwartung an die Lieferanten, ihrerseits sicherzustellen, dass ihre Zulieferer die Menschenrechte achten. Geckeler gesteht jedoch offen ein, dass es für ein Großunternehmen wie die BMW Group mit etwa 12.000 direkten Lieferanten "nahezu unmöglich" sei, vollständige Transparenz in jede einzelne Produktlieferkette zu bringen. "Wenn wir von Lieferketten sprechen, dann klingt das nach einer klar rückverfolgbaren Abfolge von Prozessschritten", so Geckeler. "In Wirklichkeit haben wir es jedoch mit komplexen und höchst dynamischen Lieferantennetzwerken mit vielen Handelsstufen zu tun, in denen die einzelnen Akteure wiederum auf verschiedenste Weise miteinander verbunden sind oder Rohstoffe zu Beispiel über Börsen gehandelt werden. Diese Netzwerke sind deshalb für uns oft nicht vollständig transparent."