Das Sammeln von Daten ist für Unternehmen nichts Neues. Doch erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass mit dem Horten von Massen an Daten noch kein Fortschritt zu erzielen ist. Es gilt, die gesammelten Schätze nutzbar zu machen. Gerade in den vergangen zwölf Monaten setzte sich - wie in vielen anderen Bereichen der digitalen Transformation - bei den Unternehmen einiges in Bewegung. Und immer wieder fällt dabei der Begriff "Datendemokratisierung", der dabei helfen soll, das Thema Big-Data-Analytics in Organisationen voranzutreiben.
Was genau verbirgt sich dahinter und was können Unternehmen daraus für sich ableiten? Für Gartner war Datendemokratisierung bereits 2020 einer der zehn wichtigsten strategischen Technologietrends der kommenden Jahre. In der Praxis haben aber die meisten Unternehmen noch nicht verstanden, wie entscheidend Datendemokratisierung für ihren Geschäftserfolg ist - und falls doch, ist die Implementierung das große Problem. Wie also können Unternehmen von Datendemokratisierung profitieren und was müssen sie beachten, um das Konzept in die Praxis umzusetzen?
Hierarchien ergeben keinen Sinn
Ziel der Datendemokratisierung ist es, jeden Mitarbeiter - auch jenseits der ausgewiesenen Daten-Spezialisten - in die Lage zu versetzen, selbstständig Daten zu sammeln, zu analysieren und zu nutzen. Dabei geht es nicht nur um das Thema Tools und Fähigkeiten, sondern um die Unternehmenskultur an sich. Wenn die Auswertung von Daten nicht mehr einzelnen obliegt, sondern in der Fläche ausgerollt wird, sorgt das für mehr Gleichheit und Freiheit der Beschäftigten. Demokratische Grundwerte werden also gestärkt. Aus diesem Verständnis heraus zeigt sich auch gleich die erste Herausforderung für Datendemokratisierung. Es geht um mehr Transparenz, und dafür braucht es eine positive Grundhaltung im Management.
Gerade in traditionellen, hierarchisch aufgestellten Betrieben kann es eine Herausforderung für die Führungsriege sein, jedem Mitarbeiter mehr oder weniger tiefe Einblicke in die Datenbestände des Unternehmens zu gewähren. Hier gilt es, über die verschiedenen Management-Ebenen miteinander in Dialog zu treten sowie Ängste ab- und Vertrauen aufzubauen.
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Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter in den Prozess einbezogen werden. Das bedeutet zum Beispiel, Schulungen anzubieten, um das nötige Know-how zu vermitteln. Um echte Datendemokratie zu erlangen, hilft es, die Position des Chief Data Officers (CDO) zu schaffen, der für die Daten im Unternehmen verantwortlich ist. Er oder sie kann das Wissen über Daten in den Alltag einer Organisation integrieren, die Datenstrategie vorantreiben und für Transparenz sorgen.
Gute User Experience schafft Akzeptanz
Allein mit einem Bekenntnis zu mehr Datendemokratisierung ist es natürlich nicht getan. So benötigen die Organisationen verschiedene Instrumente. Als erstes eine Analytics-Plattform, die in der Lage ist, große Datenmengen schnell zu verarbeiten, auch bei komplexeren Abfragen und tausenden Datennutzern. Diese sollte in einer robusten Infrastruktur eingebettet sein, sei es On-Premises, in einer Cloud-Umgebung oder sogar in einer hybriden Form. Hier gibt es keine Patentlösungen, jede Organisation hat ihre eigenen Besonderheiten, Anforderungen und IT-Strategien.
Wenn fachfremde Mitarbeiter lernen sollen Daten zu analysieren, helfen Visualisierungstools. Sie sollten intuitiv zu bedienen sein, über einfache Schnittstellen verfügen und einen raschen Zugriff auf relevante Informationen bieten - und das alles bei einer guten User Experience. Um herauszufinden, welche BI-Tools am besten geeignet sind, kann es sinnvoll sein, verschiedene Lösungen in unterschiedlichen Teams auszuprobieren. Investitionen werden hier vermutlich nicht zu vermeiden sein.
Data Governance - was ist erlaubt?
Die passenden Tools sind das eine - ebenso wichtig sind Guidelines dafür, wie das Unternehmen mit Daten generell umgehen will. Oft handelt es sich dabei um persönliche oder sensible Informationen, beispielsweise von Kunden oder Lieferanten. Diese müssen die Mitarbeiter verantwortungsvoll behandeln und dabei auch die rechtlichen Bestimmungen einhalten. Eine solide Data-Governance-Strategie ist unumgänglich, will man hier den Überblick behalten.
Data Governance meint das ganzheitliche Management von Daten in einer Organisationen. Ziel ist es, Datenqualität, -sicherheit und -schutz entsprechend den rechtlichen Vorgaben zu gewährleisten. Das können die Unternehmen nicht in einem einmaligen Projekt abwickeln. Vielmehr müssen sie einen dauerhaften Prozess anstoßen, in dem die Daten über ihren kompletten Lebenszyklus in der Organisation verwaltet werden.
So muss es verbindliche Regeln geben, um nicht genutzte Daten regelmäßig zu löschen. Gleichzeitig gilt es stets zu überprüfen, ob nicht etwa Daten gesammelt werden, die keinen Wert für Analysen haben. Sind bestimmte Werte in der Datenbank jemals für eine Analyse oder Abfrage herangezogen wurden? Ist das nicht der Fall, können sie gelöscht werden, wobei Automatisierungstools helfen, solche Datengräber aufzuspüren und automatisch zu löschen.
Datensicherheit als Basis für Datendemokratisierung
Data Governance geht Hand in Hand mit Datenschutz sowie Datensicherheit. Auch hier müssen Unternehmen Vorkehrungen treffen. Seit der Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) können die Strafen bei Verstößen empfindlich ausfallen; die aufgerufenen Bußgelder bewegen sich unter Umständen im mehrstelligen Millionenbereich.
Am besten lässt sich Datensicherheit über ein klares Berechtigungsmanagement mit Hilfe von automatisierten Sicherheitstools gewährleisten. Das bedeutet, der Datenzugriff jedes Mitarbeiters wird je nach Verantwortungsbereich feingranular reguliert.
Das Thema Datensicherheit zeigt, dass wir uns hier in einem Spannungsfeld bewegen: Auf der einen Seite ist es für die Qualität der Analysen sinnvoll, dass im Prinzip jeder Mitarbeiter auf alle Daten zugreifen kann, doch aus dem sicherheitsrechtlichen Blickwinkel ist das unmöglich. So bleibt es nicht aus, für bestimmte Bereiche eine bewusste Auswahl zu treffen. Die Entscheidung darüber sollte idealerweise vom Chief Data Officer und seinem Team in Absprache mit den betroffenen Abteilungen getroffen werden und einer allgemeinen Datenstrategie folgen.
Der Weg hin zur echten Datendemokratisierung ist lang und sollte möglichst agil ausgestaltet werden. Es wird immer wieder Anpassungsbedarf, Diskussionen und Änderungen auf dem Weg zu einer optimalen Datennutzung im Unternehmen geben. Aber wenn sich eine Organisation auf diese Reise begibt, eröffnet sich ihr eine ganz neue Dimension des Handelns, dessen Mehrwerte unbezahlbar sind und echte Wettbewerbsvorteile schaffen. (hv)
- Steve Oluborode, Tableau Software
Daten sind das neue Öl. Dass das keine Zukunftsprognose, sondern längst Realität ist, sieht man allein schon bei einem Blick auf die Rangliste der weltweit wertvollsten Unternehmen. Die Top 3 erzielen ihre Wertschöpfung allesamt mit der Monetarisierung von Daten. - Carol Stockinger, IDG
Der Job des Data-Analysten ist alles andere als neu. Er hat sich in den vergangenen Jahren aber stark gewandelt. Ging es früher darum, Doubletten zu verhindern und insgesamt die Datenqualität und-sicherheit hochzuhalten, so steht heute die Herstellung von Benutzbarkeit insgesamt im Mittelpunkt. Verstehe ich meine Daten? Wie kann ich sie zusammenführen, einteilen, analysieren? Das sind die Fragen, mit denen wir heute konfrontiert sind. - Michael Koch, Lufthansa Industry Solutions
Das Wesen der Deutschen ist es, alles im Detail verstehen zu wollen. Das ist mit dem gigantischen Datenaufkommen, das in den Unternehmen generiert wird, aber heute schlicht nicht mehr möglich. Vielleicht liegt darin die Erklärung dafür, warum sich hierzulande alles ein bisschen langsamer bewegt. - Andreas Laux, Datavard
Uns stehen heute so viele technologische Möglichkeiten zur Verfügung wie noch nie zuvor. Doch die bessere Nutzung von Daten zu realisieren ist eine kulturelle Aufgabe, die Kunden und Dienstleister nur gemeinsam lösen können. Dabei ist es wichtig, die Menschen immer wieder darauf hinzuweisen, wie wichtig Daten für die Verbesserung von Geschäftsprozessen und die Entstehung neuer Services sind. Wenn ich den entstehenden Mehrwert glaubwürdig veranschauliche, dann steigt auch die Bereitschaft für das „Sharing“. - Peter Jung, Board
Das Business wird immer dynamischer. Strukturen, Geschäftsmodelle und Besitzverhältnisse verändern sich ständig. Auf diese Dynamik müssen wir mit flexiblem Datenmanagement reagieren: Jeden Tag gibt es einen neuen „Datenschatz“ zu heben und zu verwerten, das heißt aus den Daten entscheidungsrelevante Erkenntnisse zu gewinnen und bereitzustellen. - Andreas Heißler, Uniserv
Die Initiative der Bundesregierung für eine eigene Datenstrategie klingt weniger nach „echter“ Strategie. Das Problem ist doch die große Verunsicherung innerhalb der Unternehmen darüber, was sie rechtlich überhaupt dürfen und was nicht. Allein die parallele Existenz verschiedener sich teilweise widersprechender Gesetze und Verordnungen schafft eine Intransparenz, die den Fortschritt hemmt. Was heute richtig ist, kann morgen schon wieder falsch sein. Das ist gerade für den Mittelstand ein Problem: Um ein funktionierendes Datenmanagement zu etablieren, muss ich Geld in die Hand nehmen und das ist für große Konzerne leichter zu stemmen. Kleinere Unternehmen können aber nicht „einfach mal ausprobieren“, sondern brauchen Planungssicherheit. - Oliver Schröder, Informatica
Uns fehlt es in Deutschland noch an der Geschwindigkeit in der Adaption von Geschäftsmodellen. Die Plattformökonomie in den USA hat hier schon rein organisatorisch deutliche Wettbewerbsvorteile. Ein offensichtlicher Indikator findet sich im organisatorischen Stellenwert der IT. So existieren in vielen Unternehmen immer noch gesonderte IT-Abteilungen, und der CIO berichtet an den CFO. Das alles wäre in einer agilen Struktur nicht mehr nötig, in der IT und Business idealerweise miteinander verschmelzen. - Peter Küssner, Cubeware
Die allzu verhaltene Nutzung von Daten bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ist kein technisches und kein organisatorisches Problem, sondern schlichtweg: ein deutsches!