Es muss gar kein Berliner Flughafen sein. Oft genügt ein Industrie 4.0-Projekt, um zu Scheitern. Wie Manager das Internet der Dinge (IoT) dagegen richtig anpacken, zeigt ein Webcast der Computerwoche.
Fehlendes Know-How, schlechte Datenqualität oder der falsche Ansatz sorgen dafür, dass laut einer Studie von Cisco rund drei von vier Unternehmen ihre IoT-Projekten nicht erfolgreich umsetzen. Frank Strecker, Senior Vice President Cloud Partner Products & Ecosystems bei T-Systems International, zeigt in dem Webcast auf, was Entscheider von gelungenen Projekten lernen können.
Streckers These: Das Steuern komplexer IoT-Prozessketten erfordert mehr als vernetzte Geräte, Sensoren und Device Management. Es geht um die Orchestrierung und Vernetzung von Infrastrukturen und Services. Mit Florian Gruber, VP Cloud Partner Products & Ecosystems T-Systems, und dem Fachjournalisten Detlef Korus spricht der Experte über den geeigneten Multicloud-Ansatz in Kombination mit der richtigen IoT-Plattform.
Viele Entscheider haben nur vage Vorstellungen
Korus stellt zunächst einmal die Frage nach dem Warum. Wie kommt es, dass so viele Projekte scheitern? Strecker zeigt Verständnis für menschliche Schwächen: "Weil es neu ist!" Er fügt an, dass die Kunden "nicht genau wissen, was sie damit erreichen wollen. Sie haben nur vage Vorstellungen, es fehlt an Expertise."
Die Multi-Cloud sieht Strecker prädestiniert für IoT-Workloads, weil sie hohe Skalierung und Dynamik bietet. Schließlich beteiligen sich an einem IoT-Projekt idealerweise sehr viele Teilnehmer, zu ihnen zählt er nicht nur Mitarbeiter und Kunden, sondern auch die Devices selbst. "Es geht um Eco-Systeme", erklärt der Experte. "Es geht darum, deren hohe Innovationskraft zu nutzen."
Sein Gesprächspartner Florian Gruber fügt an: "Üblicherweise starten die Projekte mit einem guten Knowhow über das eigene Produkt, aber das reicht bei einem IoT-Projekt eben nicht." Das heißt in der Praxis: Man muss verstehen, wie die Kommunikation läuft, welche Schnittstellen man braucht, welche Daten man nutzen will. "Und das Ganze muss End-to-end durchdacht sein und integriert laufen", betont er.
Mehr Schnittstellen gleich mehr Schwachstellen?
Stichwort Schnittstelle: Im Chat, der sich dem Webcast anschließt, fragt ein User, ob mehr Schnittstellen nicht auch automatisch mehr Schwachstellen bedeuten. Dazu Strecker: "Nicht zwangsläufig. Sie müssen natürlich entsprechende Security-Maßnahmen immer im Fokus behalten - das gilt aber nicht nur für IoT-Schnittstellen, sondern im Grunde für sämtliche IT-Themen."
Strecker will übrigens gar nicht mehr von "Projekten" sprechen. Denn der Begriff suggeriert, es gäbe einen Anfang, Meilensteine und ein Ende. Stattdessen sieht er IoT-Initiativen als "permanente Weiterentwicklungen". Und so, wie es auch keine klassischen Projekte mehr gibt, gibt es auch keine klassische Zielarchitektur mehr. Unternehmen brauchen die Fähigkeit, Use Cases zu bauen. "Wie kann ich aus modularen Bausteinen eine Fähigkeit entwickeln? Ich muss verschiedene Lösungen haben und die je nach Bedarf dynamisch hinzufügen", präzisiert er.
Geräte, die ständig neue Daten generieren
Von der technologischen Seite her beginnt IoT mit Device-Management, erklärt Gruber. Dabei geht es nicht nur um Sensoren, sondern auch Geräte, die Schnittstelle in die Kommunikation darstellen und ständig neue Daten generieren. "Das setzen sie nicht einmal auf und dann funktioniert es die nächsten 20 Jahre", warnt der Cloud-Experte. "Man braucht erstens eine Plattform, die fähig ist, diese Daten entgegenzunehmen, zweitens Komponenten, die Analysen und Vorhersagen liefern, und drittens Komponenten, die bestimmte Geschäftsprozesse abdecken."
Im Chat erkundigt sich einer der Webcast-Teilnehmer später, aus welchen und wie vielen Clouds eine typische IoT-Prozesskette bestehen würde. Strecker antwortet: "Die Prozesskette hängt immer von Unternehmen und der Anwendung ab. Ein Beispiel ist die Ende-zu-Ende-Verbindung von Sensoren über die Cloud of Things über DOaaS und eine Service Cloud hin zur Community Cloud."
Der T-Systems-Manager will aber gar nicht nur über Cloud oder IoT sprechen, sondern über neue Anforderungen an die Geschäftsmodelle. Es sei ein "typischer Fehler, zu glauben, es gehe nur um Connectivity, um die Vernetzung von Devices. Tatsächlich geht es um das ganze Mindset: Was heißt das für mein Geschäftsmodell, womit mache ich eigentlich mein Geschäft?"
Die Frage nach den steigenden Kosten
Eben der Geschäftsgedanke steht auch hinter einer weiteren Frage aus dem Chat: "Wie können wir verhindern, dass die IoT-Tauglichkeit die Kosten unserer Produkte zu stark erhöht?", will ein Teilnehmer wissen. "Wenn die Vernetzung von Anfang an mitgedacht und implementiert wird, steigen die Produktkosten nicht zwingend", antwortet Strecker. "Zusätzlich birgt IoT Potenzial für Effizienzsteigerung, Kundenbindung und Serviceverbesserungen. Letztlich geht es wie in jeder Business-Entscheidung darum, Kosten und Nutzen abzuwägen und dann den richtigen Weg für das eigene Unternehmen zu finden."
Ein weiterer Webcast-User fragt: "Macht es Sinn, verschiedene Ecosysteme für verschiedene Geschäftsprozesse anzulegen, wenn diese sehr unterschiedlich sind?" Das beantwortet Cloud-Experte Gruber so: "Auch, wenn es im einzelnen Prozess oft effizientere Tools gibt, bedeutet das Managen mehrere Ecosysteme immer zusätzlichen Aufwand. Hier gilt es, Aufwand und Nutzen abzuwägen. Anbieter, die direkt mehrere Ecosysteme sowie Multi-Cloud-Management anbieten, können ihnen diesen Aufwand teilweise abnehmen."
Fazit aus Sicht von Frank Strecker: "Man muss eine klare Zielsetzung haben - aber sich dessen bewusst sein, dass die Reise flexibel sein wird."