Umgang mit schwierigen Führungskräften

Warum Peter Pan als Chef ungeeignet ist

05.10.2023
Von 
Sonja B. Brügmann ist psychologische Beraterin und Analystin in der Unternehmensberatung und darauf spezialisiert, Unternehmen im Transformationsprozess zu begleiten und diese vor toxischen Führungskräften zu bewahren. Dafür hat sie mehrere Preise erhalten (https://sonjab.de)
Ein Chef mit dem Peter-Pan-Syndrom ist in der Zusammenarbeit anstrengend und erschöpfend, teilweise demütigend und respektlos. Diese sieben Tipps können im Umgang mit ihm weiterhelfen.
Führungskräften, denen nachgesagt wird, dass sie unter dem Peter-Pan-Syndrom leiden, neigen dazu, nicht offen und transparent zu kommunizieren und Konflikte nicht lösen zu können.
Führungskräften, denen nachgesagt wird, dass sie unter dem Peter-Pan-Syndrom leiden, neigen dazu, nicht offen und transparent zu kommunizieren und Konflikte nicht lösen zu können.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Hilfe, mein Chef ist Peter Pan, sagte mir eine Mitarbeitende im Gespräch. Woran sie dies festmachen würde, fragte ich: Er benimmt sich im Führungsalltag wie ein trotziger pubertierender Junge, dem man verboten hat Minecraft am Abend bei Kartoffelchips und Cola zu spielen.

Ob es nun darum geht, Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen - er schiebt jegliches Problem auf andere Führungskräfte, verlacht ganz unbekümmert geltende Regeln und überträgt die Lösungen auf die so unfähige Unternehmensleitung. Sein Credo ist der Spaß und die heimliche Abneigung der Selbstdisziplin.

Kaum erträgliches Macho-Gehabe

Während eines Meetings erzählt er von den wundersamen und magischen Erfolgen, die er in der Vergangenheit erzielt hat und wenn dies kritisch hinterfragt wird, gibt es einen Schwall an affektierter Respektlosigkeit an den Fragesteller.

Selbstkritik kennt er nicht, und Situationen und Dinge zu reflektieren ist soweit von ihm entfernt, wie die Sonne vom Merkur … Und wenn es ihm reicht und er zum wiederholtem Male der Meinung ist, man gebe ihm nicht die eingeforderte und ausreichende Wertschätzung: Schwingt Peter sich von Baum zu Baum, um zu demonstrieren, welche Kunststücke er kann und suggeriert, dass alle anderen Unternehmen da draußen warten - und zwar nur auf ihn! Ein kaum erträgliches Macho-Gehabe, das den Realitätsverlust und seine Denkweise widerspiegelt.

Keine Verantwortung übernehmen wollen

Manchmal gibt es eine Wendy Darling, die ihn wieder beruhigt und ihn auf die Wiese (Boden ist zu wenig magisch) der Tatsachen hilft. Es ist immer das gleiche Spiel … Tatsächlich bezieht sich das Peter-Pan-Syndrom auf ein psychologisches Phänomen. Diese Männer haben Schwierigkeiten erwachsen zu werden und Verantwortung für sich und andere Menschen zu übernehmen.

Der Psychologe Dan Kiley hat diesen Begriff in den 1980er Jahren geprägt - ein amerikanischer Familientherapeut, der in seiner Arbeit Männer analysierte, die das Erwachsenwerden verweigern. Peter Pans kindisches Verhalten kann die Zusammenarbeit extrem anstrengend machen, er gilt als sehr impulsiv und kann Schwierigkeiten haben langfristige Ziele zu verfolgen. Auch fällt es ihm oft schwer, wichtige Zusammenhänge zu erfassen, was eine strategische Ausrichtung nahezu unmöglich macht.

Peter Pan ist bindungsunfähig

Seine Angst verbirgt ein tiefes Schuldgefühl und er verarmt emotional, da er kaum in der Lage ist sich auf Bindungen, auf tragfähige Beziehungen zu anderen Menschen einzulassen oder sie langfristig zu halten. Frauen sollen auch im Unternehmen eine Rolle der altruistischen, harmoniesuchenden Mutter für ihn einnehmen - dann klappt es auch in der Zusammenarbeit.

Er möchte gelobt, überall geliebt und umsorgt werden. Während er das Gefühl des Hilfesuchenden verbreitet, lehnt es sich selbst für dieses ungestillte Bedürfnis Hilfe anzunehmen ab. Auf ungeplante Ereignisse reagiert er passiv-aggressiv, und diese dunkle Wolke trägt er von Abteilung zu Abteilung, von Mitarbeitenden zu Mitarbeitenden - von einer entspanntesten Wohlfühl-Atmosphäre, ob im Meeting oder im Mitarbeitergespräch, keine Spur.

Probleme mit Vorgesetzten und Autoritäten

Die daraus resultierende Einsamkeit entwickelt eine ständige Suche nach Pseudo-Freunden und Gleichgesinnten, die aber vergeblich bleibt und durch Anpassung an einer Interessengruppe kompensiert wird.

Hinzu kommen auch Schwierigkeiten mit Vorgesetzten und Autoritäten. Es fällt ihm schwer, Autoritätspersonen zu akzeptieren und selbst Autorität auszuüben. Das wiederum liegt an seinem tief verwurzeltem Konflikt mit dem Vater und die ständige Fokussierung auf die eigene Mutter. Mitarbeitern die notwendige Sicherheit in der Zusammenarbeit zu geben, ist Peter Pan nicht möglich.

Ständige Teamkonflikte

Das Ergebnis sind ständig verdeckte und offene Führungs- und Teamkonflikte, die es der Unternehmenskultur und vor allem seinen Teams schwer machen, strategisch an Projekten und Prozessen zu arbeiten, offen und transparent zu kommunizieren und Konflikte zu erkennen und zu moderieren. Die Kommunikationsprobleme die daraus entstehen, führen zu Missverständnissen und Frustration bei den Mitarbeitenden und nicht selten zu einer innerer Kündigung. Peter Pan kann seinem Team und den Mitarbeitenden vor allem eines nicht geben: Sicherheit in der Zusammenarbeit!

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu betrachten gilt, ist die Erkennung und Unterstützung von Mitarbeiterpotenzialen. Da er immerwährend seine Bedürfnisse und seinen Nutzen gestillt wissen will, ist er kaum in der Lage, Mitarbeitende zu entwickeln und zu fördern. Unvermögend das genaue Potenzial zu beschreiben, gelingt es kaum eine Funktionsbeschreibung so zu verändern, dass sie mit den Talenten und Fähigkeiten des Mitarbeitenden überein stimmen. Die Konsequenz ist eine Stagnation im Unternehmen und dessen Kultur, je höher seine Position verankert ist. Da ist ein People & Culture Manager oft falsch eingesetzt, weil das Problem im Kern nicht analysiert und verstanden wurde.

So gelingt der Umgang mit Peter Pan

Und umso wichtiger ist es, dies bei einer Neueinstellung zu analysieren oder den Umgang mit diesen Männern offen zu legen und die Mitarbeitenden darauf zu trainieren. Hier nun einige Hinweise im Umgang mit Chefs mit dem Peter-Pan-Syndrom:

  • Versuchen Sie Ihren Chef zu verstehen und Empathie zu entwickeln, er hat häufig einen hohen Leidensdruck und kann sich selbst nicht ausstehen.

  • Seien Sie immer offen und ehrlich zu ihm und geben Sie ihm konkrete Beispiele für sein Verhalten. Dieses Feedback sollte selbstverständlich hinter verschlossenen Türen stattfinden, sonst kommt er in innere Bedrängnis.

  • Kommunizieren Sie sachlich und schlagen Sie mögliche Lösungen vor. Steuern Sie die Gesprächsführung.

  • Achten Sie auf einen geeigneten Zeitpunkt. Steckt er gerade in einem passiv aggressiven Moment, wird er Ihnen nicht zuhören und das Gesagte landet in einem See des Vergessens. (der narzisstische Zusammenhang ist keine Zufälligkeit.)

  • Setzen sie eigene Grenzen, wenn das Verhalten Ihres Chefs mit einem Peter-Pan-Syndrom zu starken Belastungen und inneren Konflikten führt.

  • Überprüfen Sie, inwieweit Sie selbst mit diesem Thema zu tun haben. Diese Situation kann eine wunderbare Möglichkeit sein, die eigene Persönlichkeitsentwicklung voran zu treiben.

  • Nehmen Sie Kontakt zu Ihrem HR Verantwortlichen auf und vernetzen Sie sich mit Menschen, denen Sie vertrauen und sich austauschen können.

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