Der Kollege Lohmann hat im vergangenen Jahr einen passionierten Beitrag geschrieben, warum er nach Jahren Apple-Abhängigkeit dem iPhone und der Apple Watch den Rücken kehrt und zu Android wechselt. Die Google Pixel Watch hat es ihm angetan, sodass er sie als einen der wichtigsten Gründe gesehen hat, sich zumindest die Flucht aus dem berüchtigten "Walled Garden" zu überlegen.
Wie so oft ist die Zeit der nüchternste Richter für allerlei Versprechen, denn der Kollege ist nach meinem letzten Wissensstand immer noch mit iPhone und der Apple Watch ausgestattet, aus einem einfachen Grund: Die begehrte Pixel Watch war erst nach einem halben Jahr auf dem Markt, genügend Zeit, um sich anders zu überlegen. Und das ist einer der Gründe, warum ich bei Apple bleibe:
Einfache Versprechen, die (fast) immer eingehalten werden
Wenn der Hersteller etwas verspricht, spannt er seine Nutzer in den meisten Fällen nicht auf die Folter, die neuen Produkte kommen in wenigen Wochen nach der Vorstellung auf den Markt. Dazu ist auf Apples Wort meist Verlass, eher verspricht der Hersteller zu wenig als zu viel. Okay, die erste Apple Watch wurde auf der Herbst-Keynote 2014 angekündigt und kam erst im Frühling 2015 auf dem Markt, aber auch der Smartwatch-Markt war damals noch jung, Apple konnte sich diese lange Wartezeit noch erlauben
Bessere Haltbarkeit, längere Sicherheitsupdates, bessere Sicherheit des Systems und des Geräts
Wir gehen zunächst mal auf die offensichtlichen Gründe ein, warum es sich lohnt, beim iPhone zu bleiben. In den meisten Fällen sind die Geräte robust und langlebig, sodass der Secondhand-Markt an iPhone-Handys auch in Deutschland Fahrt aufnimmt.
Die iPhones sind wertbeständiger und verlieren am Wert beim Erscheinen der neuen Generation rund zwanzig Prozent. Bei einem neuen iPhone kann man damit rechnen, dass Apple sechs Jahre lang die Geräte mit den neuesten Betriebssystemversionen versorgt. Bei manchen Geräten sind auch sieben Jahre drin.
Es gibt zwar keine absolute Sicherheit, weder unter Android noch unter iOS, doch das iOS scheint besser gegen übliche Angriffe abgesichert zu sein als Android. Solche Nachrichten wie bei den PC-Welt-Kollegen sind bei uns extrem selten: "Malware infiltriert 60 Android-Apps auf Google Play mit 100 Millionen Downloads".
Nun zu den wenig offensichtlichen Gründen:
"Walled Garden" ist eigentlich ein Bullshit-Argument
Sobald die Diskussion über Vor- und Nachteile von iOS und Android aufkommt, wird "Walled Garden" als Totschlag-Argument geschwenkt. Doch die Prämissen dafür sind schon längst überholt und veraltet. Ich könnte nach Wunsch Apps nicht aus dem App Store auf meinem iPhone installieren, man muss nur wissen, wie. Auch Daten lassen sich ziemlich unfallfrei von iOS nach Android umziehen, Apple stellt sogar das Tool für den Umzug der iCloud-Fotos zu Google-Fotos zur Verfügung. Recht viele Löcher in diesem angeblichen "Walled Garden", oder?
Bessere Apps
Eine einzige gute App, die ich kenne, die es für Android und nicht für iOS gibt, ist die spanische Wander-App Oruk Maps. Es gibt sicherlich auch weitere Apps, die es in den Google Play Store, nicht aber in den App Store geschafft haben, schließlich gibt es im Play Store 2,87 Mio. Apps, im App Store - 1,96 Mio. Apps. Und dennoch gibt es für iOS einige App-Perlen, die Android einfach nicht hat. Um einige zu nennen: Photoleap (vormals Enlight) von Lightricks, Affinity Suite von Serif, die unter iOS und macOS eine veritable Alternative für Adobe-Tools ist, und das ohne Abo und nur mit Einmalkauf.
Overkast ist die beste Podcast-App auf der iOS-Plattform, um Längen besser als Apples eigene Podcast-App. Der Entwickler Marco Arment kann mit dem Business-Konzept unter iOS die Entwicklung seiner App gut finanzieren, weshalb die Android-Version fehlt. Halide ist eine Profi-Kamera-Anwendung, die die Möglichkeiten der iPhone-Kamera bis auf Äußerste ausreizt und dem Nutzer oder der Nutzerin volle Kontrolle darüber gibt.
Meine eigene Bequemlichkeit
Zwar halte ich die vorherigen Argumente alle für valide, doch ein Hauptgrund, warum ich nicht umsteige und warum die anderen Nutzer (auf beiden Seiten der Barrikaden) es nicht tun, ist die eigene Bequemlichkeit. iOS und Android haben im Hinblick auf Funktionalität schon längst Parität erreicht. Bei jeder Hauptversion, sei es Android oder iOS, geht es meist um nette Erweiterungen, die sicherlich das Leben erleichtern, aber für die meisten Anwender und Anwenderinnen nicht kriegsentscheidend sind. (Ok, für sehbehinderte Nutzer mag die Situation anders ausschauen, iOS und iPhones sind vorbildlich bezüglich Barrierefreiheit).
Doch letztlich stellt sich bei jedem generellen Umstieg die Frage: Welche Vorteile erhalte ich, wenn ich mir die ganze Mühe mache und von der Plattform X auf die Plattform Y umziehe. Aktuell schaut die Lage auf dem Markt so aus, als dass es auf dem Android-Markt wenig Anreize gibt, die den Aufwand für den Umstieg belohnen würden. Und umzusteigen nur wegen des Umstiegs willen werde ich nicht machen. Dafür kann ich meine Zeit deutlich besser investieren. (Macwelt)