Der plötzliche Bedarf an Homeoffice-Arbeitsplätzen stellt jede Applikationslandschaft auf den Prüfstand - und zeigt die Notwendigkeit einer Modernisierung auf. Ein Webcast der Computerwoche erklärt, was IT-Entscheider jetzt tun können. Florian Deter, Cloud Application Services Leader DACH, IBM Deutschland, und sein Kollege Marius Merkel, Brand Leader Hybrid Cloud Integration DACH, stellen erprobte Ansätze im Bereich der Applikationsmodernisierung vor und diskutieren das Thema mit dem Analysten Axel Oppermann. Fachjournalist Oliver Janzen von der Computerwoche moderiert den Webcast.
Deter und Merkel stehen klar für die These, dass die Cloud ein essentieller Bestandteil bei der Applikationsmodernisierung ist. Oppermann bestätigt das mit einem Hinweis auf ein "riesiges Wachstum" auf dem Markt, in Zahlen sind das mehr als 20 Prozent. Deter bringt das komplexe Thema auf einen Satz: Applikationsmodernisierung soll die existierenden Landschaften in die neue Welt bringen, um einen Mehrwert zu schaffen.
Janzen startet die Sendung mit einer Zuschauerumfrage über die größten Herausforderungen bei der Applikationsmodernisierung. Davon gibt es mehrere: 71 Prozent der Zuschauer nennen die Ausarbeitung der richtigen Zielarchitektur, 64 Prozent außerdem die Abhängigkeiten zwischen den Applikationen. Weitere Herausforderungen bringen die Kosten mit sich - und fehlende Skills. "Das Thema Abhängigkeiten wird oft unterschätzt", kommentiert Merkel.
"Applikationsmodernisierung heißt Hürden beseitigen"
Vorteile der Applikationsmodernisierung sehen die Teilnehmer vor allem in einer schnelleren Time-to-Market (70 Prozent) und in der prozessualen Zukunftsfähigkeit (65 Prozent). 53 Prozent setzen außerdem auf technologische Zukunftsfähigkeit - und nicht zuletzt auf organisatorische Verbesserungen und mehr Attraktivität für junge Talente.
Ein Thema mit vielen Facetten also - das Oppermann alltagssprachlich so herunterbricht: "Applikationsmodernisierung heißt Hürden beseitigen. Hürden für die Digitalisierung, Hürden für neue Geschäftsmodelle." Die steigende Nachfrage nach der Cloud überrascht den Analysten nicht. Er rät, eine Modernisierung in konkreten Fragen anzugehen: "Was mache ich wann und warum? Mit wem? Wie? Welche Legacy-Anwendungen haben Priorität? Welche Anwendungen sind zukünftig strategisch wichtig?"
Oppermann spricht von einer "Pflicht zur Anwendungsmodernisierung". Deren Eckpunkte sind erstens die Kompetenzen beziehungsweise an Mangel an Kompetenzen für den Betrieb älterer Systeme sowie fehlender Support. Zweitens ist es der Wettbewerbsdruck durch den Markt. Drittens geht es um die Mitarbeiter, das heißt, um die Employee Experience. Der vierte Eckpunkt sind die Kosten. Hier ist nicht nur der Aufwand für den Betrieb gemeint, sondern auch die Kosten für schlechte Prozesse.
"Das Stichwort Corona geht inzwischen jedem auf den Geist", räumt der Analyst mit einem Seufzer ein, "aber es zieht einen wirtschaftlichen Abschwung nach sich." Applikationsmodernisierung wird dazu führen, dass Unternehmen auf wirtschaftliche Schwankungen besser reagieren können. "Das sollte nicht aufgeschoben werden", appelliert Oppmerann, "es geht um bessere Prozesse und mehr Geschwindigkeit!"
Die einzelnen Elemente einer solchen Modernisierung sind das "Was", also die Architektur (von monolithisch zu Microservices), die Infrastruktur und die Bereitstellung. Das "Wie" hat laut Oppermann vier Aspekte: Places (Kompatibilität mit bevorzugten Plattformen), Policies, People und Prozesse. Rat des Analysten: "Macht das nicht allein, sucht euch einen Dienstleister!" Dieser braucht zum einen Branchenerfahrung und muss zum anderen fähig sein, das Ganze technologisch umzusetzen. "Es gibt nicht viele Anbieter, die alles können, deswegen kaufen mittelgroße Anbieter auch andere auf", beobachtet er.
Das "cognitive Enterprise" hat sieben Layer
Dabei ist die Applikationsmodernisierung ist nur ein Baustein des "coginitive Enterprise"s so Deter. Dieses kennzeichnen sieben Layer: erstens neue Arbeitsweisen, zweitens das Denken in Plattformen, drittens die Workflows, viertens Technologien, fünftens Daten, sechstens Next-Generation-Anwendungen und siebtens die offene und sichere hybride Cloud-Infrastruktur. Seiner Beobachtung nach stellen sich viele Entscheider die Frage, wie sie die Fachbereiche auf so eine Applikationsmodernisierungsreise mitnehmen. Als Argumentationshilfen nennt er Speed und Scale, den Zugriff auf die Möglichkeiten der Cloud und nicht zuletzt die Sicherung der Umsätze. Wer richtig modernisiert, erhält Zugang zu Talent und neuen Ecosystemen. New Ways of working können möglich werden.
Als höchsten Modernisierungswert nennen die Experten den Umbau auf Basis von Microservices. Entscheider müssen überlegen, wo sie nachhaltig etwas verändern und Cloud-native Architekturen nach vorne treiben können. Noch sieht der Status Quo anders aus: "Wir wissen heute, dass weniger als 20 Prozent der Workloads bewegt wurden", erklärt Merkel. Um gleich anzufügen: "Unsere Hypothese: in den nächsten fünf Jahren kommt großer Shift!"
Eine Case Study behandelt den Fall einer großen Bank mit gewachsenen Applikationen. Diese brauchte eine zentrale Bankenplattform für Mitarbeiter, Tochtergesellschaften und Kunden. "Wir sind iterativ an das Thema ran gegangen", sagt Merkel. Man habe sich angesehen, wo Quick wins sind, und auch, welche Komponenten man erstmal nicht anfassen wollte. "Ein wichtiger Punkt ist die Kompatibilität", betont Merkel, "die Bank hatte Partner ins Boot geholt." Open Source machte das möglich. IBMs Cloud Transformation Advisor unterstützt den Kick-Start in die Applikationsmodernisierungsreise mit sehr handfesten Fragen: Wo fangen wir an und wie, wieviel Zeit kostet es, welchen Nutzen bringt es?
Am Ende der Sendung erkundigt sich ein Zuschauer nach der Rolle von Lowcode-Entwicklungen. Merkel bestätigt: "Das ist ein Trend. Und wenn ich es sauber mache, senkt es operative Kosten!"