Der Fachkräftemangel bleibt ungebrochen, vor allem IT-Spezialisten fehlen branchenübergreifend und können häufig zwischen mehreren Stellenangeboten wählen. Für qualifizierte Fachkräfte auf der Suche nach einer neuen Position bieten dabei erfahrene Personalberater im Bewerbungsprozess durch ihre Marktkenntnis, Vernetzung und Reichweite bei der Stellensuche viele Vorteile. Doch nicht für alle Bewerber ist ein Headhunter die richtige Wahl. "In bestimmten Fällen kann ein Personalberater sogar negative Konsequenzen für die Jobsuche bedeuten", warnt Thomas Biber, Geschäftsführer der auf das SAP-Umfeld spezialisierten Personalberatung Biber & Associates.
Hinzu kommt, dass nicht nur die Gehälter für erfahrene IT-Spezialisten hoch sind. Auf der Suche nach qualifiziertem Personal lassen sich die Unternehmen die Unterstützung durch Headhunter auch einiges kosten, um geschäftskritische Vakanzen schnellstmöglich mit einem geeigneten Kandidaten zu besetzen. Je nach ausgeschriebener Position bezahlt der Auftraggeber für die Vermittlung von Top-Fachkräften zwischen 15.000 und 25.000 Euro.
Für qualifizierte Fachkräfte, die einschlägige Expertise und Berufserfahrung mitbringen, bieten Headhunter durch ihre Marktkenntnis eine breitere Auswahl an interessanten Positionen. Darüber hinaus können sie eine umfangreiche und fundierte Beratung liefern, welche Möglichkeiten in puncto Gehalt und weiterer Benefits wie vermögenswirksamer Leistungen oder Arbeitszeitgestaltung für das jeweilige Bewerberprofil realistisch und umsetzbar sind. "Zudem ermöglichen erfahrene Personalberater in der Kommunikation mit den Unternehmen den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer langjährigen Vernetzung mit den relevanten Ansprechpartnern im Rekrutierungsprozess auch etwas mehr Druck aufbauen können. Und zwar ohne dabei das Verhältnis von Bewerber und dem möglichen neuen Arbeitgeber zu beschädigen", führt Biber aus.
- Genau prüfen
Ein guter Personalberater will nicht nur einen Abschluss, sondern eine gute Betreuung von Auftraggeber und Kandidat. Dies zeigt sich daran, wie transparent der Suchprozess ist, ob auch kritische Aspekte angesprochen werden und ob die Interessen des Kandidaten ein wichtiger Bestandteil der Gespräche sind. - Gelassen bleiben
Wenn der Anruf mit dem Jobangebot dann kommt, ist Ruhe Trumpf. Fragen nach dem Namen der suchenden Firma oder dem Gehalt sind im Erstgespräch tabu. Lieber um eine anonymisierte Stellenbeschreibung und etwas Bedenkzeit bitten. Bei Interesse Lebenslauf schicken und schon mal über geeignete Referenzgeber nachdenken. Wichtig ist, dass der Headhunter auch wirklich ein exklusives Mandat für die Suche hat. - Souverän auftreten
Gespräche mit der Zielfirma sollten sorgfältig vorbereitet werden. Geschickter als einfach Fragen zu beantworten ist es, eigene Impulse zu setzen und zu erklären, welche Akzente man im Erfolgsfall im neuen Job setzen möchte. Vorsicht: Auch hier sind die Unterschiede zwischen einzelnen Headhuntern groß. Ein seriöser Personalberater wird seine Kandidaten intensiv auf anstehende Gespräche vorbereiten und auch ausloten, ob das Angebot zu ihren langfristigen Karriere-Zielen passt. - Früh anfangen
Wer aufsteigen will, sollte nicht warten, bis ihn ein Headhunter anruft. Es lohnt sich, früh selbst Kontakte zu Personalberatern zu knüpfen - spätestens ab Mitte 30. - Klug auswählen
Einen Standardlebenslauf an möglichst viele Adressen zu senden ist ungeschickt und wirkt austauschbar. Deshalb gut überlegen, welche Personalberatung über die nötige Expertise und Vernetzung in der jeweiligen Branche verfügt. Der Erstkontakt kommt idealerweise durch persönliche Empfehlung zustande. Auch die Unterstützung bei anderen Suchen - durch Einschätzungen oder Referenzen - ist ein guter Türöffner.
Wann ist direkte Bewerbung erfolgversprechender?
Bei bestimmten Bewerberprofilen kann sich die Beauftragung eines Headhunters jedoch negativ auswirken. Hierzu zählen laut Biber
• frisch zertifizierte Quereinsteiger mit noch wenig Berufserfahrung sowie Fach- und Branchenkenntnissen,
• Kandidaten mit längeren Auszeiten oder vielen, schnellen Positionswechseln im Lebenslauf,
• ältere Bewerber ab 55,
• rein englischsprachige Fachkräfte sowie
• Bewerber, die sich komplett neu orientieren möchten.
"Handelt es sich etwa um einen SAP-Logistikexperten, der in den Bereich Investment Banking einsteigen möchte, jedoch keinerlei relevante Vorkenntnisse mitbringt, gehen die Vermittlungschancen über einen Headhunter nahezu gegen null", erläutert Biber.
Geraten diese Bewerber an einen unseriösen oder unerfahrenen Personalberater, kann dies im schlimmsten Fall dazu führen, dass ein Kandidat durch den Headhunter für einen großen Teil des Arbeitsmarkts "verbrannt" wird. "Diese Akteure streuen auch schwieriger zu vermittelnde Bewerberprofile breit an Unternehmen", weiß der Personalberater. "Aufgrund des Kostenpunkts für einen Headhunter sind Unternehmen bei diesen Kandidaten jedoch nicht gewillt, zum Bewerbungsgespräch einzuladen. Für Bewerber bedeutet dies, dass sie nach anfänglich vollmundigen Versprechen von einem unprofessionellen Personalberater entweder nur Absagen erhalten oder einfach gar nichts mehr hören."
Biber empfiehlt daher diesen Aspiranten, von einem Headhunter abzusehen und sich direkt bei Unternehmen auf interessante Stellenausschreibungen zu bewerben. Dadurch steige die Chance auf eine Einladung erheblich, denn Unternehmen seien durchaus interessiert, auch Kandidaten mit zusätzlichem Ausbildungsbedarf wie etwa Quereinsteiger zum Bewerbungsgespräch einzuladen. Die Eigenbewerbung erfordere zwar mehr Rechercheaufwand und Einsatz vom Bewerber, sei in diesem Fall jedoch wesentlich erfolgversprechender, da dem Unternehmen keine Kosten für einen Headhunter entstehen.
- Maximilian Born, Netlight:
"Die Schaffung positiver Bewerbungserlebnisse für Kandidaten zählt nach unseren Erfahrungen zu den zentralen Erfolgsfaktoren bei der Personalgewinnung." - Thomas Knauer, NTT Data:
"Gerade Talente, die wir über Social Media ansprechen, müssen während des gesamten Bewerbungsverfahrens von einem einzigen Mitarbeiter betreut werden." - Carolin Webersinke, Microsoft:
"Sourcer müssen die Bedürfnisse der Fachbereiche genau kennen und in der Lage sein, die Alleinstellungsmerkmale in der Unternehmenskultur nach außen angemessen zu verkaufen." - Simon Eisenried, MaibornWolff:
"Das Recruiting ist zu einem zweiten Vertrieb geworden, der das Unternehmen wie ein Produkt verkaufen muss, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen." - Frank Rechsteiner, Hype Group:
"Viele Arbeitgeber werben mit bloßen Marketing-Floskeln für sich. Besser ist es, verständliche Unternehmenswerte ehrlich nach außen zu kommunizieren." - Kurt Leo Kaiser, it-motive:
"Wenn eine Führungskraft ihre künftigen Mitarbeiter persönlich kontaktiert, wie ich es praktiziere, wirkt das viel überzeugender, als wenn dies ein Headhunter tut." - Michael Krato, Brose:
"Als großes Familienunternehmen haben wir den Vorteil, dass wir unseren Mitarbeitern auch kostspielige SAP-Zertifizierungsprogramme ermöglichen können."
Schwarze Schafe unter Headhuntern erkennen
Aufgrund der hohen Vermittlungshonorare zieht das Berufsbild des Headhunters leider auch unprofessionelle Akteure an. "Diese steigen in der Hoffnung auf das schnelle Geld in das Geschäft ein, bei Misserfolg aber auch ebenso rasch wieder aus", weiß Biber. Für Fachkräfte, die einen Headhunter in Betracht ziehen, nennt Biber eine einfache Checkliste, die sie abklopfen können, um einen seriösen Personalberater zu erkennen.
"Letztlich gibt es drei simple, jedoch wichtige Punkte, an denen Bewerber einen guten Headhunter erkennen können - wichtig ist allem voran die fachliche Expertise", so Biber.
1. In einem ersten Gespräch können Fachkräfte relativ schnell feststellen, ob der Headhunter Fachkenntnisse in ihrem Bereich mitbringt, um sie auch adäquat vermitteln zu können.
2. Bewerber sollten stets recherchieren, wie lange die jeweilige Personalberatungsfirma bereits im Markt tätig ist. Gleiches gilt für den Headhunter, der persönlich für einen zuständig ist.
3. Kandidaten müssen darauf achten, dass der Personalberater möglichst langjährige Erfahrung sowie Vermittlungserfolge in den für sie relevanten Bereichen vorweisen kann.
Klopfen Fachkräfte diese drei Instanzen gut ab, gehen sie sicher, dass sie rundum professionell betreut werden.