Home-Office-Verbot

Home-Office: Kontrolle ist erlaubt – Beendigung auch?

06.05.2022
Von 
Claudia Knuth ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Lutz Abel in Hamburg sowie Dozentin im Bereich Human Resources Management an der Hochschule Fresenius.
In Zeiten des Coronavirus wurden zahlreiche Arbeitnehmer ins Home-Office geschickt. Nach dem Auslaufen der Home-Office-Pflicht stellt sich die Frage, wie Arbeitgeber das Home-Office wieder beenden können. Kontrollrechte und Beendigungsmöglichkeiten müssen abgestimmt sein.
Zeigen sich im Home Office Leistungsdefizite oder verstößt der Mitarbeiter gegen arbeitsvertragliche Pflichten, kann sie vom Arbeitgeber untersagt werden.
Zeigen sich im Home Office Leistungsdefizite oder verstößt der Mitarbeiter gegen arbeitsvertragliche Pflichten, kann sie vom Arbeitgeber untersagt werden.
Foto: Milan Ilic Photographer - shutterstock.com

Die Kontrolle der Arbeitsleistung sowie die Erfassung der Arbeitszeit des Mitarbeiters ist im Home-Office bedeutend schwerer als im Betrieb. Hilfsreich ist in jedem Fall eine vertrauens- und ergebnisorientierte Arbeitskultur. Zur Sicherung eines konstanten Leistungsniveaus kann die Tätigkeit etwa mit einem erfolgsorientierten Anreizsystem (Zielvereinbarungen, Boni etc.) kombiniert werden. Hierbei sind auch halbjährliche oder quartalsweise Feedback-Gespräche, Zielvereinbarungen oder Incentives möglich.

Von einer Kontrolle des Mitarbeiters mittels Keylogger, also einem Programm, das erfasst, ob und welche Daten am heimischen Laptop eingegeben werden, ist hingegen abzuraten. Der Einsatz von Keyloggern ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nur erlaubt, wenn ein durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung bestünde. Eine verdeckte Kontrolle "ins Blaue hinein" ist daher stets unzulässig. Sollten aufgrund eines konkreten Verdachts Keylogger eingesetzt werden, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Ebenso verhält es sich beim Einsatz digitaler Überwachungssoftware (zum Beispiel einer E-Discovery-Software).

Da der Arbeitgeber grundsätzlich auch im Home Office für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften verantwortlich bleibt, kann zur Kontrolle ein Zutrittsrecht zur Wohnung des Mitarbeiters vereinbart werden. Etwaige Zutrittsgründe sollten in einer Home-Office-Vereinbarung ausdrücklich benannt werden, um für alle Transparenz zu schaffen.

Home-Office - Nicht ohne Regeln

Empfehlenswert ist es auch, feste Zeiten der Erreichbarkeit oder Präsenztage zu vereinbaren, um Gespräche mit Vorgesetzten zu führen oder an Meetings teilzunehmen. Bislang war im Fall von Home Office die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit - ohne eine detaillierte Zeiterfassung - sinnvoll.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019, das weitreichende Dokumentationspflichten für die Arbeitszeit konstituiert, bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber für flexible Arbeitszeitmodelle wie Home Office und Mobilarbeit eine Ausnahme macht. Der Entwurf des Mobile-Arbeit-Gesetzes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sieht jedenfalls eine Verpflichtung des Arbeitgebers vor, Beginn, Ende und Dauer der gesamten Arbeitszeit im Home Office aufzuzeichnen, wenngleich die Aufzeichnung auch durch den Arbeitnehmer erfolgen kann

Zeigen sich im Rahmen der Home-Office-Tätigkeit Leistungsdefizite oder verstößt der Mitarbeiter gegen arbeitsvertragliche Pflichten, kann es unter Umständen sinnvoll sein, ihn (wieder) im Betrieb zu beschäftigen und die Home-Office-Tätigkeit zu beenden. Hierzu kommt zunächst die Vereinbarung eines Widerrufsrechts in Form einer Widerrufsklausel in Betracht.

Ob die Widerrufsklausel detaillierte Gründe, die den Arbeitgeber zum Widerruf der Home-Office-Regelung berechtigen, enthalten muss, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (vom 10. September 2014, 12 Sa 505/14) sah jedenfalls in der Vereinbarung eines vorbehaltslosen Widerrufs eine unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters und lehnte einen wirksamen Widerruf ab. Etwaige Widerrufsgründe sind ausdrücklich und genau zu benennen. Zudem kann auch eine Ankündigungsfrist vorgesehen werden.

Vereinbarung einer Versetzungsklausel

In Anbetracht der erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich eines wirksam vereinbarten Widerrufsvorbehalts sollte auf eine Widerrufsklausel verzichtet und vorzugsweise eine Versetzungsklausel vereinbart werden. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter anweisen, künftig nicht mehr im Home-Office, sondern im Betrieb tätig zu sein. Ein solches Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht insbesondere dann, wenn in einer Home-Office-Vereinbarung eine Versetzungsklausel im Hinblick auf den Arbeitsort vereinbart wurde.

In Anlehnung an Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen sollte das Recht des Arbeitgebers zur Beendigung des Home-Office ausdrücklich unter den Vorbehalt billigen Ermessens gestellt und davon abhängig gemacht werden, dass die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Home-Office das Interesse des Mitarbeiters an seiner Aufrechterhaltung überwiegt. Berechtigte Arbeitnehmerinteressen können insbesondere durch die mit dem neuen Arbeitsort verbundenen An- und Abfahrtzeiten oder Fahrtkosten beeinträchtigt werden: Je weiter der Betrieb vom Home-Office des Mitarbeiters entfernt ist, desto eher ist sein Interesse an der Aufrechterhaltung der Home-Office-Tätigkeit.

Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung von Home-Office kann bestehen, wenn die Arbeitsleistung im Home-Office quantitativ oder qualitativ nachlässt oder der Mitarbeiter Pflichtverletzungen begeht, die auf seine Home-Office-Tätigkeiten zurückzuführen sind.

Nach einer Entscheidung des LAG München (vom 26. August 2021, 3 SaGa 13/21) ist auch eine vom betrieblichen Arbeitsplatz abweichende technische Ausstattung oder unzureichende Datenschutzvorkehrungen im Home Office ausreichend.

Beendigung durch bloße Weisung

Auch ohne eine entsprechende Versetzungsklausel kommt eine Weisung nur dann nicht in Betracht, wenn dem Mitarbeiter allein das Home-Office als Arbeitsort zugewiesen wurde und er annehmen durfte, dass sich der Arbeitsvertrag nur auf diesen Arbeitsort beschränkt. Selbst wenn dem Mitarbeiter vertraglich "bis auf weiteres" die Möglichkeit eingeräumt wurde, Home Office zu verrichten, bedeutet das nicht, dass sich der Arbeitgeber hierzu dauerhaft verpflichten wollte. In einem etwaigen arbeitsrechtlichen Prozess muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass er bei der Ausübung seines Weisungsrechts die Grenze des billigen Ermessens gewahrt hat. Arbeitgeber sollten daher vorsorglich alle Umstände dokumentieren, die die Weisung, künftig im Betrieb tätig zu sein, im Einzelfall als berechtigt erscheinen lassen.

Der Entwurf des Mobile-Arbeit-Gesetzes sieht zudem vor, dass die Home-Office-Tätigkeit innerhalb von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats beendet werden kann, ohne dass hierfür Kündigungsgründe vorliegen müssen. Die Beendigungsmöglichkeit soll jedoch frühstens nach sechs Monaten bestehen.

Vielfach wurden Mitarbeiter aufgrund der Corona-Pandemie ohne besondere Vereinbarung angewiesen, im Home-Office arbeiten. Die Weisung, dass der Mitarbeiter ins Büro zurückzukehren soll, dürfte nach dieser verhältnismäßig kurzen Zeit rechtmäßig sein. Zur Rückkehr ist dem Mitarbeiter in der Regel eine angemessene Frist zu gewähren.

Home Office - Versetzung nur mit Betriebsrat

Zu beachten ist schließlich, dass eine Versetzung des Mitarbeiters - ob mit oder ohne Versetzungsklausel - nach Paragraf 99 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) stets der vorherigen Zustimmung eines etwaigen Betriebsrats bedarf. Wird der Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats dazu angewiesen, wieder in den Betrieb zurückzukehren, ist die Weisung auch im Verhältnis zum Mitarbeiter unwirksam. Er ist daher nicht verpflichtet, an dem zugewiesenen betrieblichen Arbeitsplatz zu arbeiten.

Ist eine einseitige Beendigung des Home Office weder durch Versetzung des Mitarbeiters noch durch Widerruf oder Weisung möglich, kommt nur eine Änderungskündigung in Betracht, die jedoch den hohen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) genügen muss. Im Einverständnis mit dem Mitarbeiter kann schließlich auch eine Vertragsänderung mit geändertem Arbeitsort vereinbart werden.