Während 2018 noch 78 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beabsichtigten, in einem Jahr noch bei der derzeitigen Firma zu sein, sank dieser Prozentsatz im Jahr 2021 auf 60. In den kommenden drei Jahren sehen sich laut dem aktuellen Gallup Engagement Index 2021 nur noch 44 Prozent bei ihrem aktuellen Arbeitgeber beschäftigt, während dieser Wert 2018 noch bei 65 Prozent lag. Die Wechselbereitschaft der deutschen Arbeitnehmer nimmt zu.
Doch Deutschland ist mit dieser Entwicklung nicht alleine. Im Jahr 2021 gab das US Bureau of Labor Statistics bekannt, dass jeden Monat durchschnittlich mehr als 3,98 Millionen Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz kündigen. Nie zuvor hatten so viele Amerikaner ihren Arbeitsplatz verlassen, und die Zahlen haben sich 2022 nicht verbessert. Im letzten Berichtsmonat Februar warfen sogar fast 4,4 Millionen weitere Menschen ihren Job hin. Oder um es mit den Worten von David Allan Coe und Johnny Paycheck zu sagen: Mehr Arbeitnehmer als je zuvor sagen: "Nimm diesen Job und schieb ihn dir sonst wohin!"
Toxische Arbeitskulturen
Doch warum verlassen Menschen in den USA ihren Arbeitsplatz? Schlechte Bezahlung ist ein wichtiger Grund, aber bei weitem nicht der einzige. Laut MIT Sloan Business Review ist der größte Prädiktor für den Verlust von Arbeitnehmern mit großem Abstand eine toxische Arbeitskultur. Eine toxische Unternehmenskultur ist bei der Vorhersage der Fluktuation zehnmal wichtiger als die Vergütung. Andere Gründe, die noch vor den Löhnen rangierten, waren
Arbeitsplatzunsicherheit/Umstrukturierung,
ein hohes Maß an Innovation,
mangelnde Anerkennung der Leistung und
eine schlechte COVID-19-Reaktion.
Was ist eine "toxische Arbeitskultur"? Darüber wird gestritten, seit es echte Wasserspender gibt, um die herum sich Kolleginnen und Kollegen zum Plaudern treffen können. Die Autoren der MIT Sloan Business Review-Studie wählten jedoch einen eher akademischen Ansatz und analysierten 1,3 Millionen Bewertungen aus dem Job-Portal Glassdoor.
In der Studie benennen sie "fünf toxische Eigenschaften" von Arbeitsplätzen, die die Firmenkultur aus Sicht von Mitarbeitern vergiften, nämlich
respektlos,
nicht inklusiv,
unethisch,
ausbeuterisch und
beleidigend.
Wenn Ihre Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie nicht respektiert werden, werden Sie sie verlieren. Das Gleiche gilt, wenn Mitarbeiter schwul, weiblich, schwarz oder zu alt sind und das Gefühl haben, dass sie zu kurz kommen. Ein ähnliches Problem tritt auf, wenn Ihre Mitarbeiter glauben, sie müssten einer bestimmten Clique angehören oder der Liebling des Chefs sein, um weiterzukommen.
Es gibt noch andere Jobkiller. Wenn Ihre Mitarbeiter glauben, dass Sie sie anlügen, sei es in Bezug auf Gehaltserhöhungen, Beförderungen oder die Tatsache, dass ihre Mitarbeiter wie Familienmitglieder sind, werden sie das Unternehmen verlassen. Und wenn Sie Ihre Mitarbeiter anschreien oder herablassend mit ihnen sprechen, werden sie mit Sicherheit gehen.
Wohin Mitarbeiter gehen
Wohin gehen aber ehemaligen Mitarbeiter, wenn es soweit ist? In der Vergangenheit traten sie gleich den nächsten Job an. Diesmal nicht. Eine wahre Geschichte: Gestern wollte ich mir bei meinem Lieblingsfriseur die Haare schneiden lassen. Er war für heute geschlossen. Es war niemand da, der arbeiten wollte, und so schlossen sie ihre Türen. Das ist kein Einzelfall, sondern für viele kleine Unternehmen in den USA zur neuen Normalität geworden.
Laut einer neuen Adobe Document Cloud-Umfrage unter Managern und Mitarbeitern in Großunternehmen und kleinen bis mittleren Unternehmen kehren die meisten Menschen zurück ins Büro - aber halt nicht Ihres. Genauer gesagt:
Einer von fünf (21 %) Managern in Unternehmen bewarb sich um eine neue Stelle, 26 Prozent erhielten ein neues Stellenangebot, und 6 Prozent traten eine neue Stelle an.
Bei den Mitarbeitern bewarben sich etwas weniger (18 %) für eine neue Stelle, 17 Prozent erhielten ein neues Stellenangebot, und 9 Prozent fingen an einer neuen Stelle an.
Diejenigen, die ihren Job kündigten, wechselten in eine neue Branche (42 %), gründeten ihr eigenes Unternehmen (16 %) oder wurden Freiberufler (10 %).
Der Anteil von insgesamt 26 Prozent, der sein eigenes Unternehmen gründete, scheint mir beachtlich zu sein. Nach allem, was ich gesehen habe, glaube ich, dass die meisten dieser Personen dies tun, um weiterhin von zu Hause aus arbeiten zu können und mehr Kontrolle über ihre Zeit- und Arbeitsplanung zu haben.
Die Babyboomer packen ihre sieben Sachen
Adobe fand auch heraus, dass zwei von drei KMU-Führungskräften sagen, dass jede Minute für ihren beruflichen Erfolg zählt - jetzt mehr denn je. Gleichzeitig spüren drei von fünf Mitarbeitern diesen Druck und wünschen sich mehr Kontrolle über ihre Zeit. Dies führt zu Burnout, der ebenfalls ein Grund für die Abwanderung von Mitarbeitern sein kann. Alles, was Sie tun können, um diese Spannungen abzubauen, wird den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens verbessern.
Ein weiterer Grund, den Adobe nicht anspricht, sind die Babyboomer, die in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden. Goldman Sachs schätzt, dass mehr als die Hälfte derjenigen, die während der Great Resignation in den USA das Unternehmen verließen, über 55 Jahre alt waren. Sie werden nicht zurückkommen. Jedenfalls noch nicht.
Lesetipp: Die Babyboomer werden noch gebraucht
Wie dem Personalschwund gegensteuern?
Laut der Adobe-Umfrage sind die Gründe, warum Menschen an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz bleiben, folgende:
Angemessene Anerkennung durch das Unternehmen,
Gehaltserhöhungen,
Flexibilität vor Ort oder im Home-Office zu haben,
Besseres Zuhören,
Flexible Arbeitszeiten und -pläne.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation Computerworld.