Mac mini

Von Apple sträflich vernachlässigt

Kommentar  22.11.2022
Von 
Roman Loyola ist Senior Editor bei Macworld.com.
Apple sollte seinem kleinsten und günstigsten Mac endlich ein bisschen Liebe zukommen lassen.
Viele Nutzer wissen die Vorzüge des kleinsten und günstigsten Macs zu schätzen. Dennoch fristet der Mac mini ein Schattendasein in Apples Desktop-Portfolio.
Viele Nutzer wissen die Vorzüge des kleinsten und günstigsten Macs zu schätzen. Dennoch fristet der Mac mini ein Schattendasein in Apples Desktop-Portfolio.
Foto: Djordje Novakov - shutterstock.com

Für Mac-Enthusiasten war die Erkenntnis, dass 2022 ohne neue Mac-Ankündigungen enden wird, eine herbe Enttäuschung. Auch weil das bedeutet, dass es mindestens noch bis März 2023 dauern wird, bis sich herausstellt, ob sich die Gerüchte um ein großes Update für Apples günstigsten Mac - den Mac mini - bewahrheiten.

Ich hatte mich allerdings schon vor dieser Nachricht auf Frustration eingestellt - schließlich scheint Apple den Mac mini ohnehin nicht wertzuschätzen. Was eine Schande ist, denn der kleinste Mac war einst auch der aufregendste, den Apple zu bieten hatte - er hat es nicht verdient, in so einer Art und Weise vernachlässigt zu werden.

Liebesentzug für den BYODKM-Mac

Der Mac mini wurde im Jahr 2005 vorgestellt. Damals war Apple sehr bemüht, seinen Anteil am PC-Markt zu steigern. Der Mac mini wurde als erschwinglicher Mac für Benutzer vermarktet, die von einem Windows-PC umsteigen wollten. Um Skeptiker davon zu überzeugen, wie einfach der Umstieg ist, taufte Steve Jobs den Mac mini auf den Namen "Apples neuer BYODKM-Mac" - bring your own Display, Keyboard and Mouse.

Zwei Jahre später brachte Apple dann sein iPhone auf den Markt - was dann zum eigentlichen Device wurde, dass Windows-Nutzer dazu bewegen konnte, auf den Mac umzusteigen. Nichtsdestotrotz widmete sich Apple weiterhin seinem kleinsten Mac und ließ ihm über die Jahre zahlreiche Aktualisierungen zukommen. Im Jahr 2010 folgte ein größeres Redesign (dieser Formfaktor ist heute - abgesehen vom optischen Laufwerk - immer noch aktuell) und weitere Aktualisierungen. Ab 2014 begannt Apples Mac-mini-Leidenschaft allerdings zu schwinden: Nach dem Update im Oktober 2014 (Intel-Core-CPUs der vierten Generation) dauerte es geschlagene vier Jahre bis zum nächsten Update im Oktober 2018.

Im Jahr 2020 war der Mac mini schließlich einer von drei Macs, die den ersten Apple-eigenen M1-Prozessor erhielten. Es war die Chance, die Vorzüge des Mac mini ein weiteres Mal ins Rampenlicht zu rücken. Diese ließ Apple allerdings verstreichen, weil es deutlich mehr Laptops als Desktop-Computer verkauft. So blieb der Mac mini trotz M1-Chip ein Nachzügler im Apple-Portfolio: Kein neues Design, keine neuen Funktionen - stattdessen büßte der kleinste Mac auch noch zwei seiner Thunderbolt-Ports ein. Am schlimmsten ist aus meiner Sicht jedoch, dass Apple sein Mac-mini-Topmodell (1.259 Euro) seit 2018 mit derselben CPU - ein Intel Core i5 Prozessor mit sech Kernen und 3,0 GHz Taktung - ausliefert. Dabei handelt es sich um den ältesten Prozessor in Apples Mac-Produktpalette, was ein schlechtes Licht auf den Mac mini und auf Apple wirft.

Schicksalsjahre für den Liebling der Mac-Fans

Apple gibt sich kaum Mühe mit dem Mac mini, sei es in Sachen Hardwareentwicklung oder Marketing. Im reichhaltigen Mac-Portfolio scheint der mini das Modell zu sein, das regelmäßig vernachlässigt wird - obwohl es eine wichtige Rolle einnimmt: Mit einem Einstiegspreis von 799 Euro ist es Apples günstigster Mac. Auch wenn in diesem Preis weder Bildschirm, noch Tastatur oder Maus enthalten sind, dürfte der Gesamtpreis für ein Setup immer noch unter dem Einstiegspreis für einen iMac liegen (ab 1.449 Euro).

Ebenfalls oft übersehen: die Abmessungen des Mac mini prädestinieren ihn für einige kreative Anwendungen - beispielsweise könnten Sie als Entertainment-Center an Ihrem TV-Gerät nutzen. Davon abgesehen, kann der Mac mini beispielsweise auch als Netzwerkserver, in Autos oder Robotern eingesetzt werden. Er ist zwar nicht so klein wie ein Raspberry Pi, läuft aber mit macOS, was für viele Benutzer zugänglicher sein dürfte.

Warum greift Apple diese Aspekte des Mac mini nicht auf und spielt sie aus? Dazu müsste das Unternehmen nicht unbedingt eine große Marketingkampagne starten - einfach nur klarmachen, dass der Mac mini nicht weniger wichtig ist als iMac oder Mac Studio. Ich hoffe, das ändert sich im Jahr 2023 endlich - in Form eines neuen Mac mini, der in der Folge mit regelmäßigen Hardware-Updates versorgt wird.

Der Mac mini braucht dringend Liebe, bevor es zu spät ist. Zu viele Apple-Produkte sind schon diesen schleichenden Tod gestorben. Es wäre verdammt schade, wenn dem Mac mini das gleiche Schicksal blüht. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Macworld.