Schneller, höher, stärker - dieses Motto der Olympischen Spiele gilt auch für Unternehmen. Vor allem der Druck, rascher auf Anforderungen von Kunden und neue Markttrends zu reagieren, nimmt stetig zu. Dazu trägt maßgeblich der Trend zur Digitalisierung von Angeboten bei. Ein Mittel, mit der Unternehmen ihre Agilität erhöhen können, ist die Automatisierung von Prozessen. Doch das setzt voraus, dass die Fachabteilungen und IT-Experten im ersten Schritt ermitteln, welche Abläufe überhaupt vorhanden sind - mithilfe von Process-Mining-Tools. Auf Basis der Ergebnisse dieser Analyse lassen sich Prozesse automatisieren. Dabei kommen Ansätze von Robotic Process Automation (RPA) zum Zuge.
"Wir sind der Überzeugung, dass der Einsatz von Prozessanalysen, RPA und die Umsetzung in innovative Plattformen Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig machen. Das Ziel ist es, Firmen zu befähigen, ihr Geschäftsmodell digital zu transformieren", betont denn auch Roman Schäfer, Partner beim Digitalisierungsspezialisten Blue Reply. Offenkundig sehen das auch deutsche Firmen so, wie die Studie "Process Mining & RPA 2019" von IDG Research Services belegt. Denn vier Fünftel der Unternehmen haben zumindest Teilbereiche ihrer Prozessumgebungen analysiert. Zudem bewerten mehr als 60 Prozent den Nutzen von Process Mining als positiv.
Mittelstand will in Process Mining investieren
Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Budgets wider, die Firmen für die Analyse von Prozessen vorsehen. Vor allem mittelständische Unternehmen wollen ambitionierte Programme auflegen: Mehr als 40 Prozent der Firmen mit 500 bis 1.000 Beschäftigten möchten im kommenden Jahr (2020) zwischen 250.000 Euro und fünf Millionen Euro für Process Mining ausgeben. Wie wichtig das Erfassen und Optimieren von Abläufen ist, haben zudem auch kleinere Unternehmen mit bis zu 499 Mitarbeitern erkannt. Rund ein Viertel von ihnen plant Investitionen von bis zu fünf Millionen Euro; weitere 25 Prozent immerhin von 50.000 bis 250.000 Euro. Das heißt, Process Mining ist nicht allein großen Firmen vorbehalten, die über "dicke" Budgets und gut bestückte IT-Abteilungen verfügen.
Eine umfassende Prozessanalyse ist die Voraussetzung für den zweiten Schritt: die Optimierung von Abläufen mittels Robotic Process Automation, so Dr. Gero Decker, CEO der Signavio GmbH. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin entwickelt Lösungen für das Business Process Management. Laut Decker müssen Unternehmen zunächst klären, welche Ziele sie mit Prozessoptimierung erreichen wollen: "Immer mehr Unternehmen investieren in Robotic Process Automation. Doch an welchen Stellen ist der Einsatz von Softwarerobotern eigentlich sinnvoll? Wo sollte ein Prozess zunächst verbessert werden, bevor er automatisiert wird? Wie lassen sich RPA-Initiativen planen, auswerten und steuern?", so Decker. Seine Empfehlung: "Eine skalierbare RPA-Initiative basiert auf einer fundierten Dokumentation, Analyse und Optimierung von Prozessen. Nur so gewinnen Unternehmen Handlungssicherheit und erzielen langfristige Erfolge."
Speziell größere Firmen sind dabei, solche Ratschläge umzusetzen, bestätigt Ulrich Meyer, Director Alliances DACH bei Blue Prism, einem Anbieter von RPA-Lösungen: "Unternehmen wie die Commerzbank, die Telekom und Henkel Global haben das Potenzial von RPA erkannt. Sie nutzen die Technologie nicht nur als Produktivitätswerkzeug, das die Betriebseffizienz steigert, sondern setzen RPA und intelligente Automatisierung ein, um eine echte digitale Transformation voranzutreiben."
Hier gehts zur Studie Process Mining & RPA 2019
Auch die "Kleinen" sehen den Nutzen von RPA
Die Einschätzung von Ulrich Meyer wird durch die Studie von IDG bestätigt. Vor allem Großunternehmen (mehr als 1.000 Mitarbeiter) investieren in RPA, rund 40 Prozent von ihnen zwischen einer Million und fünf Millionen Euro - oder noch mehr. Dennoch wäre es verfehlt, kleineren und mittelständischen Firmen Untätigkeit vorzuwerfen. So wollen fast 28 Prozent der kleineren Unternehmen mit bis zu 499 Beschäftigen im kommenden Jahr mindestens 250.000 Euro für RPA-Tools und entsprechende Beratungsleistungen ausgeben. Von den mittelständischen Firmen sind es 47 Prozent.
Offenkundig haben Unternehmen jeder Größenordnung den Stellenwert von Prozessautomatisierung erkannt. Die bestätigt Walter Obermeier, Managing Director der UiPath GmbH. Das Unternehmen vermarktet eine Plattform für Robotic Process Automation. "Es gibt kein besseres Tool als Robotic Process Automation, wenn es darum geht, mit wenigen personellen Ressourcen das Optimum rauszuholen", sagt Obermeier. "Natürlich muss ich auch in Zukunft meine alten Legacy-Systeme warten. Aber zügig auf Veränderungen reagieren und Business-Wünsche schnell erfüllen zu können geht eben mit RPA am besten. Auf einmal können sich IT und Business wieder anfreunden und gemeinsam agil und erfolgreich agieren."
Noch etliche Baustellen vorhanden
Ist somit in deutschen Unternehmen alles "in trockenen Tüchern", was die Analyse und das Automatisieren von Prozessen betrifft? Nicht ganz, so die Studie von IDG Research Services. Eine "Baustelle" ist der Mangel an Know-how: Immerhin 37 Prozent der Firmen gaben an, dass dieser Faktor die Umsetzung von Process-Mining-Projekten behindert oder gar blockiert. Denselben Punkt führte rund ein Drittel der Befragten als größten Hemmklotz bei Robotic Process Automation an. Mehr als ein Viertel der Unternehmen hat zudem mit einer unzureichenden Qualität der Daten zu kämpfen.
Eine spezielle Rolle spielt zudem der "Faktor Mensch", und dies in mehrfacher Hinsicht. So beklagten sich fast 30 Prozent der befragten IT-Entscheider und Führungskräfte, dass sich das Management gegen Vorhaben im Bereich Process Mining sperrt. Bei RPA-Projekten lassen es immerhin fast 24 Prozent der Geschäftsführer und Business-Entscheider an der notwendigen Unterstützung fehlen. Offenkundig fehlt es diesen Führungskräften an Informationen darüber, welchen Nutzen beide Technologien bringen können und warum entsprechende Investitionen notwendig sind.
Unternehmenskultur und Mitarbeiter sind Erfolgsfaktoren
Doch nicht nur auf der Führungsebene regt sich Widerstand. Jeweils etwa ein Viertel der Unternehmen gab an, dass sich Mitarbeiter gegen die Einführung von Prozessanalyse- und RPA-Tools wehren. Ein Grund dafür dürfte die Furcht sein, dass durch den Einsatz solcher Technologie Arbeitsplätze wegfallen. Unternehmen müssen daher im Rahmen von entsprechenden Projekten nicht nur die Kosten und die Technologie im Auge behalten, sondern Mitarbeiter und die Human-Resources-Abteilung frühzeitig einbinden.
- Gero Decker, CEO der Signavio GmbH
"Immer mehr Unternehmen investieren in Robotic Process Automation. Doch an welchen Stellen ist der Einsatz von Software-Robotern eigentlich sinnvoll? Wo sollte ein Prozess zunächst verbessert werden, bevor er automatisiert wird? Wie lassen sich RPA-Initiativen planen, auswerten und steuern? Eine skalierbare RPA-Initiative basiert auf einer fundierten Dokumentation, Analyse und Optimierung von Prozessen. Nur so gewinnen Sie Handlungssicherheit und erzielen langfristige Erfolge." - Roman Schäfer, Partner bei Blue Reply
"Wir sind der Überzeugung, dass der Einsatz von Prozessanalysen, RPA und die Umsetzung in innovative Plattformen Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig machen. Ziel ist es, Firmen zu befähigen, ihr Geschäftsmodell digital zu transformieren." - Walter Obermeier, Managing Director der UiPath GmbH
"Was kann ich heute schnell und agil tun, um für morgen fit zu sein? Es gibt kein besseres Tool als Robotic Process Automation, wenn es darum geht, mit wenigen personellen Ressourcen das Optimum rauszuholen. Natürlich muss ich auch in Zukunft meine alten Legacy-Systeme warten, aber zügig auf Veränderungen reagieren und Business-Wünsche schnell erfüllen zu können, geht eben mit RPA am besten. Auf einmal können sich IT und Business auch wieder anfreunden und gemeinsam agil und erfolgreich agieren."
Wie wichtig die Rolle der Mitarbeiter und des Managements für Erfolg von Projekten im Bereich RPA ist, unterstreicht ein weiteres Resultat der Studie: Die drei wichtigsten Faktoren, die über das Gelingen solcher Vorhaben entscheiden, sind demnach die Unternehmenskultur (42 Prozent), die Mitarbeiter (34 Prozent) und ein Mitspracherecht für Fachabteilungen und Beschäftigte (ebenfalls 34 Prozent). Technische Aspekte, etwa dass etablierte RPA-Plattformen zum Einsatz kommen, sind nur für rund 20 Prozent der befragten Führungskräfte ausschlaggebend.
Hier gehts zur Studie Process Mining & RPA 2019
RPA-Plattform: benutzerfreundlich und einfach zu implementieren
Das bedeutet allerdings nicht, dass Unternehmen unklare Vorstellungen von den Funktionen einer Lösung für Robotic Process Automation haben. Interessant ist, dass der Faktor "Lizenzkosten" in der Rangliste der wichtigsten Eigenschaften nur auf dem vierten Platz landete. Wichtiger sind Faktoren wie ein geringer Implementierungsaufwand (37 Prozent) und eine hohe Benutzerfreundlichkeit (36 Prozent). Der Aspekt "Sicherheit" nimmt den dritten Rang ein (35 Prozent).
Weitgehend einig sind sich Unternehmen jeder Größe, dass die IT-Abteilung die Führungsrolle bei der Einführung und dem Betrieb von RPA- und Process-Mining-Lösungen übernimmt. Allerdings ist der IT-Sektor auch der größte Profiteur solche Ansätze: Mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen wollen zunächst in der IT-Abteilung Prozesse analysieren und automatisieren. Dies ist auf den ersten Blick durchaus logisch. Denn in Bereichen wie IT-Sicherheit, System- und Change-Management oder Monitoring lässt sich ein beträchtlicher Teil der Prozesse automatisieren.
Auch Fachabteilungen müssen RPA "lernen"
Allerdings sollten Unternehmen nicht vergessen, dass im Rahmen von Digitalisierungsvorhaben auch geschäftsbezogene Vorgänge schneller und effizienter abgewickelt werden müssen. Ein Beispiel sind Anfragen von Kunden und Interessenten. Ein Großteil von ihnen lässt sich mithilfe von Chat-Bots beantworten. Weitere Einsatzfelder sind beispielsweise Support-Prozesse, auch bei Konsumgütern wie einem Smart TV, oder die Vorbereitung von Quartalsabschlüssen.
Das heißt, letztlich müssen sich auch die Fachbereiche mit RPA und Process Mining beschäftigen und in die Lage versetzt werden, eigenständig Prozesse zu automatisieren. Dabei können wiederum weitere Technologien Hilfestellung geben, etwa Low-Code- und No-Code-Plattformen. Sie ermöglichen es auch einem Mitarbeiter im Vertrieb oder in der Marketingabteilung, Standardaufgaben automatisch abzuwickeln, wenn auch zugegebenermaßen in überschaubarem Umfang.
Studiensteckbrief
Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner
Studienpartner
Platin-Partner: BluePrism GmbH
Gold-Partner: Blue Reply GmbH, Signavio GmbH, Uipath GmbH
Grundgesamtheit: Oberste (IT-) Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider & IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media. Persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage.
Gesamtstichprobe: 361 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 16. April bis 24. April 2019
Methode: Online-Umfrage (CAWI)
Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern
Durchführung: IDG Research Services