Für rund 135 Millionen Euro übernimmt das TecDax-Schwergewicht den polnischen Anbieter home.pl, wie das Unternehmen am Freitag in Montabaur mitteilte. Zudem werden Schulden von 20 Millionen Euro übernommen. Um künftig weiter mit Anwendungen für Geschäftskunden zu wachsen, prüft das Management um Mitgründer Ralph Dommermuth in den kommenden Monaten den Börsengang der Teilsparte, in die auch der Zukauf in Polen fällt - mit den neuen Aktien könnte dann weiter zugekauft werden. Laut Analysten könnte der Plan Milliarden in die Kassen des Unternehmens spülen.
Der Anbieter mit den Marken 1&1, GMX und Web.de ist in Polen bereits seit 2010 mit der Marke 1&1 aktiv. Das jetzt zugekaufte Unternehmen soll vom bisherigen Management eigenständig weitergeführt werden. Verkäufer ist eine Gruppe um den Finanzinvestor V4C Eastern Europe. Die Kartellbehörden müssen dem Deal noch zustimmen. Der Anbieter home.pl peilt in diesem Jahr rund 25 Millionen Euro Umsatz und etwa 10 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) an. Commerzbank-Analystin Heike Pauls sagte, das in Polen schwache Geschäft werde dadurch gestärkt, weil der Zukauf prima dazu passe - auch wenn der Preis nicht gerade niedrig liege.
Im Hostingmarkt zählt Größe: Durch das rasant steigende Angebot von Speicherplatz und Rechenpower im Netz sinken die Preise. Dommermuth will daher künftig noch stärker auf Zukäufe setzen. Der europäische Markt für die Unterbringung von Internetseiten (Webhosting) sowie das Speichern und Verarbeiten von Daten auf Servern im Netz (Cloud Computing) sei weitgehend verteilt. United Internet hatte das Geschäft bereits in der Vergangenheit immer wieder mit Übernahmen ausgebaut und zählt weltweit zu den größten Anbietern, mit Schwerpunkten in Westeuropa und Nordamerika.
Um die geplante Expansion zu finanzieren, prüft Dommermuth den Börsengang des Geschäfts mit Anwendungen für Unternehmen ("Business Applications"). Darunter fallen etwa die Angebote zum Bau von Webseiten für Gewerbetreibende, aber auch das zuletzt gut laufende Geschäft mit Online-Werbung. 2015 rechnet der Konzern in dem Bereich mit einem Umsatz von rund 600 Millionen Euro. Laut Analyst Adrian Pehl von der Investmentbank Equinet könnte der Börsenwert des abzutrennenden Teils mehr als 3 Milliarden Euro betragen.
Die Teilsparte hatte Ende März gut 5,8 Millionen Kundenverträge und wächst nur noch langsam. Dommermuth hatte für den Bereich ohnehin schon das Marketing für die Neukundengewinnung heruntergefahren und sich auf den Verkauf weiterer Produkte bei Bestandskunden verlegt.
Eine mögliche Börsennotiz sei eine großartige Nachricht, sagte Equinet-Expertin Pauls. Der am Markt niedrig bewertete Unternehmensteil bekomme damit mehr Aufmerksamkeit und könnte beim Sprung aufs Parkett Munition für weitere Zukäufe liefern. Insgesamt komme United Internet damit einem Dax-Aufstieg näher. Analyst Karsten Oblinger von der DZ Bank kommentierte, die langfristige Wachstumsstory von United Internet sei noch lange nicht vorbei.
Die Angebote für Privatanwender wie die E-Mail-Provider GMX und Web.de sowie das Internetzugangsgeschäft von 1&1 gehören nicht zu der möglicherweise abzuspaltenden Sparte. Sollte sich das Management um Dommermuth zu einem Börsengang entschließen, soll dieser in rund zwei Jahren erfolgen. (dpa/tc)