Viele Bitcoin-Spenden

Ukraine schafft legalen Rahmen für Kryptogeschäfte

17.03.2022
Von Redaktion Computerwoche
Bitcoin, Ethereum, Tether, Dogecoin – Spenden aus aller Welt fließen in Form von Kryptowährungen in die vom Krieg gezeichnete Ukraine. Jetzt schafft ein neues Gesetz einen legalen Rahmen dafür.
Die Ukraine ist im Krieg gegen die russischen Invasoren auf Unterstützung angewiesen - gerne auch in Form von Kryptowährungen.
Die Ukraine ist im Krieg gegen die russischen Invasoren auf Unterstützung angewiesen - gerne auch in Form von Kryptowährungen.
Foto: Ink Drop - shutterstock.com

Die Ukraine hat im Zuge des russischen Angriffs hohe Millionenbeträge an Spenden in Form von Kryptowährungen erhalten. Nun hat die Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Gesetz über virtuelle Vermögenswerte verabschiedet. Damit will das Land einen legalen, regulierten Kryptomarkt schaffen.

"Von nun an können ausländische und ukrainische Kryptowährungsbörsen legal arbeiten. Und unsere Banken können Konten für Kryptounternehmen eröffnen", twitterte das ukrainische Ministerium für Digitale Transformation. "Dies ist ein wichtiger Schritt zur Entwicklung des Marktes für virtuelle Vermögenswerte in der Ukraine."

Ein entsprechendes Gesetz über virtuelle Vermögenswerte war bereits am 17. Februar 2022 im Parlament verabschiedet worden und tritt nun in der zweiten Iteration in Kraft. Zuvor hatte es bereits im September 2021 Diskussionen über einen ersten Entwurf gegeben, gegen den aber Selenskij selbst ein Veto eingelegt hatte. Laut Mashable hatten ihn damals die hohen Kosten, die durch die Einrichtung einer neuen staatlichen Regulierungsbehörde für Kryptowährungen anfallen würden, abgeschreckt. Der neue Gesetzentwurf wird nun die bereits bestehende Nationale Kommission für Wertpapiere und den Aktienmarkt der Ukraine ermächtigen, diese Aufgabe zu übernehmen.

Viele Ukrainer kennen sich mit Kryptowährungen gut aus

Etliche Ukrainer sollen sich während des Krieges, der auch den Finanzmarkt durcheinandergewirbelt hat, verschiedenen Kryptowährungen zugewandt haben. Laut Elliptic, einem Unternehmen für Blockchain-Analysen, sind seit Beginn der russischen Invasion mehr als 120.000 Kryptowährungs-Spenden in Höhe von insgesamt 63,8 Millionen Dollar in die Ukraine geflossen.

"Das wird bald 100 Millionen Dollar übersteigen. Das ist eine beträchtliche Menge Geld. In der letzten Woche war es mehr als das, was die UNO gegeben hat", sagt Alex Gladstein, Chief Strategy Officer bei der Human Rights Foundation.

Die ukrainische Regierung akzeptiert Bitcoin, Ethereum, Tether und Dogecoin. Mit Spenden in Form solcher Kryptowährungen erhält das Land Finanzmittel nahezu in Echtzeit. Die digitalen Token lassen sich mobil handeln: Geber und Empfänger können unabhängig vom Standort zugreifen. Und schließlich kann das Land auch hohe Transaktionsgebühren vermeiden, die von traditionellen Finanznetzwerken erhoben werden.

Die Kryptowährungsspenden, die in der Ukraine getätigt werden, gehen teils an die Regierung, teils an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie auch an Wohltätigkeitseinrichtungen und direkt an Bürger. Avivah Litan, Analystin von Gartner, nennt im Gespräch mit der Computerworld rund 30 Prozent geringere Gemeinkosten und um 15 Prozent reduzierte Abgleichsgebühren als wesentliche Vorteile. Diese Beträge würden normalerweise von traditionellen Finanznetzwerken erhoben.

"Rund zwei Millionen Ukrainer sind bereits nach Europa und in andere Länder geflohen, und sie mussten das ziemlich schnell tun", sagt Gladstein. Was die Akzeptanz von Kryptowährungen angehe, liege die Ukraine mit ihren überdurchschnittlich IT-versierten Menschen weltweit auf dem vierten Rang. Es sei anzunehmen, dass etliche Geflüchtete zumindest einen kleinen Teil ihres Vermögens mitnehmen konnten.

Mit Bitcoins die mitlitärische Aufrüstung finanzieren

Ein wichtiger Grund für das neue Gesetz sei auch, dass die ukrainische Regierung Kryptowährungen nutzen wolle, um sich schnell Geld für den Krieg gegen Russland zu beschaffen. Traditionell passiere das eher über Kriegsanleihen oder Überweisungen zwischen Regierungen, doch durch Bitcoin & Co. könnten nun alle Unterstützer auf dem Globus und auch jede Regierung von überall aus für die ukrainische Sache spenden.

"Ich denke, es ist Zeit, die Vorstellung abzulegen, dass Kryptowährungen nur etwas für illegale Aktivitäten sind", sagt Gartner-Analystin Litan. Gerade in Krisenländern und -situationen gebe es viele Vorzüge. So sei eine Spende an die digitale Geldbörse einer Organisation oder eines ukrainischen Bürgers wesentlich bequemer als die auf ein herkömmliches Bankkonto. Im einfachsten Falle könnten ukrainische Bürger und Hilfsorganisationen einfach einen QR-Code auf einem Plakat oder Schild anbringen, um darüber an öffentlicher Stelle Gelder einzutreiben. "Mit einem Scan hat man eine Blockchain-Adresse, an die man Geld schicken kann", sagt Litan.

Laut Chainanalysis hat die Ukraine generell viel Erfahrung mit der Distributed-Ledger-Technologie. Interessant ist etwa, dass die Regierung das Kriegsgeschehen einschließlich aller Beweise auf dezentralen Blockchains aufzeichnet. So kann die Dokumentation von Kriegsverbrechen durch das russische Militär nicht gelöscht oder verändert werden. Die Human Rights Foundation hat eine Liste legitimer Organisationen veröffentlicht, an die Spender Kryptowährungen schicken können.

Die ukrainische Regierung nimmt Spenden in Bitcoin, Ethereum, Tether und Dogecoin entgegen. Zudem hat Aid for Ukraine eine initiative gestartet, mit der die weltweite Krypto-Community aufgefordert wird, digitale Spenden für humanitäre Zwecke und die militärische Aufrüstung in dem gepeinigten Land zu tätigen. Auch die Kryprobörse Binancespendet und ermuntert ihre Kunden mitzumachen.