SAP-Beratung

Tipps für Young Professionals

01.02.2020
Von 
Freddy Staudt ist Geschäftsführer der Web&Tech PR GmbH in Puchheim.
Die digitale Transformation stellt neue und noch härtere Anforderungen an SAP-Consultants. Experten geben Tipps, worauf Berufseinsteiger achten sollten.
  • SAP-Projekte werden zunehmend kürzer und agiler.
  • SAP-Berater müssen auch Management- und Prozessberater sein.
  • Die Kombination des Know-how vieler Experten bietet einen enormen Mehrwert bei der Projektarbeit.

Die digitale Transformation verändert die SAP-Beratung. Es scheint, dass gerade junge Bewerber und Young Professionals mehr Fähigkeiten mitbringen müssen als je zuvor. Einen Eindruck davon bekommt man, wenn man sich zum Beispiel bei der itelligence AG umhört, einem der größten SAP-Beratungshäuser in Deutschland. Für Dieter Schoon, EVP Global People und damit oberster Personaler, steht im Zentrum, dass "alle SAP-Berater auch Management- und Prozessberater sind, die mit ihrem Kunden in den funktionalen Bereichen arbeiten." Deshalb sollten sie zuhören, sich in die Lage eines Kunden versetzen, intelligent kommunizieren, Dinge anpacken und umsetzen können. "Die Herausforderung ist es, kreative und zugleich praktikable digitale Lösungen finden."

In der SAP-Beratung wird das Aufgabenfeld durch die Digitalisierung noch anspruchsvoller und breiter.
In der SAP-Beratung wird das Aufgabenfeld durch die Digitalisierung noch anspruchsvoller und breiter.
Foto: Wright Studio - shutterstock.com

Sarah Breitfeld, die als Consultant bei itelligence tätig ist, und ihre Masterarbeit über "Kompetenzen von SAP-Beratern für die digitale Transformation" geschrieben hat, meint: "Eigeninitiative ist das A und O, denn diese Transformation ist unglaublich facettenreich. Man muss nicht jedes Detail neuer Technologien selbst wissen, aber man sollte die Grundzüge verstehen, um Potenziale erkennen zu können, sich einlesen und außerdem Ideen im Netzwerk mit Kollegen entwickeln und diskutieren." So entstehe Innovation, die zur Wertschöpfung beitrage.

"Wir sind stets auf der Suche nach Persönlichkeiten, die die digitale Transformation aktiv mitgestalten wollen", antwortet Harald Rodler, der als Innovation Manager im gleichen Unternehmen arbeitet, auf die Frage, worauf er bei der Rekrutierung wert legt. Gesucht seien Absolventen und Young Professionals aus allen technischen Bereichen, die den Blick über den Tellerrand wagen. "Wir suchen Freidenker: Wichtig sind Neugierde, Offenheit, Spaß an Innovation sowie die Zusammenarbeit im Team. Beim Einstieg zählt dies mehr als allein die SAP-Expertise."

Fasst man die Stimmen des Personalchefs, der jungen Beraterin und des Innovations-Verantwortlichen zusammen, sind es vor allem die folgenden vier Tipps, die die drei Experten heutigen Young Professionals und Absolventen mit dem Berufsziel SAP-Berater mitgeben:

1. Offenheit für neue Technologien

Die Fähigkeit, neue Technologien wie IoT, KI oder Blockchain in die SAP-Welt zu integrieren, wird immer wichtiger. Dabei werden nicht nur immer mehr bestehende Arbeitsgänge digitalisiert, sondern ganze Geschäftsmodelle neu erdacht. Zukünftig kommt es deshalb für SAP-Berater noch stärker darauf an, das Know-how über Prozesse verschiedener Branchen zusammenzuführen und zu wissen, auf welche Weise sich einzelne Schritte optimal digitalisieren lassen.

Harald Rodler: "Neben der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte schnell zu erfassen, sollten SAP-Berater eine hohe Leistungsbereitschaft sowie Verhandlungs- und Kommunikationsgeschick mitbringen, um neue Ideen beim Kunden vorzustellen und durchzusetzen."
Harald Rodler: "Neben der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte schnell zu erfassen, sollten SAP-Berater eine hohe Leistungsbereitschaft sowie Verhandlungs- und Kommunikationsgeschick mitbringen, um neue Ideen beim Kunden vorzustellen und durchzusetzen."
Foto: Rodler - itelligence AG

"Neben dem Verständnis für Prozesse benötigen Berater daher auch möglichst umfangreiche Kenntnisse über die einsetzbaren Technologien", erklärt Rodler. Nur durch die Kombination beider Bereiche können neue Ideen zielführend entwickelt und umgesetzt werden.

2. Flexibilität und Agilität

Mit neuen Technologien halten auch neue Arbeitsweisen in der SAP-Beratung Einzug. Breitfeld: "Ich will da sein, wo der Kunde ist und so kommunizieren, wie es für ihn passt. Es gibt viel abzustimmen, da können zwischendurch Web-Konferenzen helfen." Für Digital Natives fühle sich das sehr natürlich an. Trotzdem bespreche man wichtige Themen nach wie vor am besten persönlich, zum Beispiel die systemseitige Umsetzung der bestehenden und optimierten Prozesse, neue Möglichkeiten durch neue Technologien, die Klärung von Fragen und bereichsübergreifende Thematiken oder die Veranschaulichung der Systemwelt. "Diese Flexibilität, zum Kunden zu reisen, gehört einfach dazu."

Rodler ergänzt: "In der neuen Arbeitswelt ist man nicht unbedingt mehr ständig am selben Einsatzort, wie es traditionell der Fall war." In seinem Team werden die Projekte kürzer und agiler. Sie dauern im Durchschnitt etwa drei Monate. Dafür erhöhe sich die Anzahl der parallelen Projekte an verschiedenen Standorten.

Um mit den Kollegen im engen Kontakt zu bleiben, kommt vermehrt die virtuelle Teamarbeit zum Einsatz sowie die Nutzung von Co-Working-Spaces. Die ideale Teamgröße liegt laut Rodler bei zehn bis zwölf Beratern. Dadurch ergeben sich sowohl Wissensüberschneidungen als auch Expertise in Spezialgebieten. Dies biete besondere Agilität und einen breiten Wissensschatz für die jeweiligen Projekte.

Diese Veränderungen bringen teilweise eine erhöhte Reisetätigkeit mit sich, allerdings auch mehr Möglichkeit zum Home-Office. Gestaltet sich die Beratung bei klassischen Großprojekten, wie etwa einer ERP-Einführung, nach dem Modell von vier Tagen beim Kunden vor Ort sowie einem Tag im Home-Office, ermöglicht die neue Arbeitsweise oft ein flexibleres Verhältnis von 50:50. Mit den voranschreitenden technologischen Entwicklungen werde diese Art des agilen Arbeitens laut Schoon weiter zunehmen. Die Fähigkeit eines effizienten Selbstmanagements sei für SAP-Berater daher noch wichtiger als bisher.

3. Austausch und Netzwerken

"Vor dem Hintergrund neuer Technologien wird es unerlässlich, sich mit Kollegen auszutauschen und von deren Expertenwissen zu profitieren, um Lösungsansätze zu verbessern und seine eigenen Beurteilungen zu schärfen", weiß Schoon. Durch die enge Kollaboration mit Kollegen können Berater verifizieren, ob bestimmte Technologien tatsächlich geeignet sind, die Prozesse oder Geschäftsmodelle zu verbessern, an denen sie gerade arbeiten. Sein Unternehmen biete dafür verschiedene Plattformen wie Veranstaltungen und ein Intranet. Es gehöre aber auch dazu, sich einfach einmal intern durchzufragen, bis man beim richtigen Ansprechpartner landet.

Die Kombination des Know-how vieler Experten bietet einen enormen Mehrwert bei der Projektarbeit. Breitfeld meint: "Niemand kann alles wissen." Ihr Rat an Young Professionals: "Man sollte bereits früh in seiner Karriere Kontakte zu Kollegen pflegen, deren Wissen und Erfahrung man besonders schätzt." Ebenso sollte man Zeit investieren, wird man selbst um eine Einschätzung gebeten. Dadurch baue man sein zukünftiges, persönliches Experten-Netzwerk auf.

4. Kommunikation und Überzeugungskraft

Die Ansprechpartner auf Kundenseite sind nicht länger primär technisch orientiert, sondern gehören oft der Geschäftsführung oder den Fachabteilungen an. Mit der digitalen Transformation sind IT und damit nicht zuletzt SAP-Systeme in der Regel zur Chefsache geworden. "Neben der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte schnell zu erfassen, sollten SAP-Berater daher eine hohe Leistungsbereitschaft sowie Verhandlungs- und Kommunikationsgeschick mitbringen, um neue Ideen beim Kunden vorzustellen und durchzusetzen", so Rodler.

Oft gilt es, die C-Level-Sprache zu beherrschen und Sachverhalte zielgruppengerecht zu vermitteln: Lohnt sich das Projekt betriebswirtschaftlich? Lassen sich die geschäftlichen Risiken quantifizieren? Zur Kundenkommunikation gehört es auch, Zwischenerfolge kontinuierlich weiterzugeben, und aufzuzeigen, wie die Produktivität eines Unternehmens durch bisherige Maßnahmen gestiegen ist.

Nicht zuletzt sollten Berater stets kritikfähig bleiben. Breitfeld: "Natürlich gibt es manchmal Widerstände. Es kommt vor, dass Vorschläge aus Gründen zurückgewiesen werden, die man nicht nachvollziehen kann. Es hilft, solche Fälle mit erfahrenen Beratern durchzusprechen." Keinesfalls dürfe man sich unterkriegen lassen: "Es ist gerade das spannende an dem Job: Man lernt, wie verschieden die Menschen sind und wie unterschiedlich ich sie ansprechen muss." Zugleich bietet Kritik neue Impulse, ausgetretene Pfade zu verlassen und offen für neue Denkansätze zu sein.

Hingabe und Persönlichkeit

Wer diese vier Tipps beherzigt, dem steht eine SAP-Karriere unter den neuen Vorzeichen offen. Doch einfach ist es nicht: Laut Schoon unterschätzen Young Professionals oft die "Flexibilität und Hingabe, die nötig sind, um ein wirklich guter Berater zu werden." Man müsse jegliche Rampenlicht-Mentalität zurückstellen: "Erfolge erringen unsere Kunden, nicht wir." Er richtet sein Augenmerk bei der Beurteilung einer Bewerbung auf die Besonderheit der Person, die sie zur Persönlichkeit reifen lässt.

Für viele Unternehmen ist SAP-Software das Herz ihrer Digitalisierungsstrategie. Neue Technologien und Denkansätze ermöglichen eine immer einfachere, intuitivere Abbildung und Unterstützung von Prozessen. Für diejenigen, die den Schritt in die SAP-Beratung wagen wollen, ebenso wie für gestandene Fachkräfte, bedeutet dies allerdings auch ein noch anspruchsvolleres und breiteres Aufgabenfeld. Neugierde, Wissensdurst und die Fähigkeit lebenslangen Lernens sind deshalb für Young Professionals und Top-Berater gleichermaßen das Rezept für einen langanhaltenden beruflichen Erfolg.