Seit einigen Jahren wird dem Marketing und insbesondere dem CMO ein einschneidender, geradezu disruptiver Bedeutungszuwachs vorausgesagt. Bewahrheitet hat sich das bislang allerdings nur in den wenigsten Fällen. Die Gründe liegen auf der Hand: Unternehmen verharren in alten Gewohnheiten, vorhandene Prozesse und Technologie sind nicht geeignet, das Marketing entscheidend voranzubringen und häufig fehlt es schlicht und einfach an charismatischen Persönlichkeiten.
Aber die Lage ändert sich gerade. Die digitale Transformation der Geschäftsmodelle, neue Anforderungen und Erwartungshalten der Kunden und immer ausgefeiltere Möglichkeiten der Technologie- und Datennutzung bergen erhebliches Potenzial für besseres und effizienteres Marketing. Anstelle von "allgemeinen Botschaften" an den Kunden geht es jetzt um die Vermittlung des individuellen Nutzens für jeden einzelnen Kunden und zwar auf Basis aller verfügbaren Informationen über den Kunden.
Erfolgreiche CMO und Marketingorganisationen setzen auf einen Mix aus bewährten und neuen Methoden. Erfolgreich sind sie allerdings nur in der Verknüpfung der verschiedenen Ansätze in einem einheitlichen Vorgehen. Technologie ist dabei als Klammer, Impulsgeber und Automatisierungstool der wichtigste Trigger für ein erfolgreiches Marketing.
Veranstaltung als Marketinginstrument
Viele Unternehmen haben ihre Ausgaben für digitales Marketing in den vergangenen Jahren hochgefahren und digitalen Kanälen eine zentrale Rolle im Marketing-Mix zugemessen. Beide Ansätze, klassische Methoden wie Events und Digitales Marketing haben ihre individuellen Stärken. Innovative Marketingorganisationen beginnen nun verstärkt, die klassischen Vorteile von Events digital zu untermauern und zu erweitern. Wie sieht das im Einzelnen aus?
Awareness
Lead Generierung
Brand-Positionierung
Thought Leadership
Kundennähe sowie
Face-to-Face-Kommunikation
lassen sich auf Veranstaltungen wie in keinem anderen Format mehr oder minder simultan vermitteln. Klassische Eventformate müssen um innovative Ideen ergänzt und erweitert werden. Unternehmen werden mit Events allerdings nur dann Erfolg haben, wenn sie für die verschiedenen Marketingbereiche und den Vertrieb eine einheitliche Eventkonzeption entwickeln: Kampagnen und Formate müssen ineinander übergreifen und miteinander verzahnt sein. Content muss modular und personalisiert verfügbar sein.
Selbst kommunizieren oder per Assistent?
Das IT-gestützte Instrumentarium für CMOs und Marketiers hat sich in den vergangenen Monaten immens schnell weiterentwickelt. Die bereits erwähnte Modularisierung bei Content bietet auch in weiteren Formaten und Kanälen erhebliches Potenzial. Bis 2018 beispielsweise werden weltweit 15 Prozent der Unternehmen ihre Social Marketing Aktivitäten in geschlossene Gruppen und Messaging-Kanäle und Apps investieren. Influencer Marketing kann somit gezielt positioniert werden.
- Pizza kommt per #EasyOrder
Seit Mai 2015 können Domino's-Kunden die Lieferung ihrer Lieblingspizza per Twitter veranlassen – dazu posten sie ein "Pizza-Emoji" an @Dominos oder nutzen den Hashtag #EasyOrder. Mehr als jeder zweite Pizzafan nutzt das bereits. - "Blinde Vorbestellung" bei Taco Bell
Die amerikanische Fast-Food-Kette Taco Bell startete im vergangenen Februar die "blinde Vorbestellaktion" eines neuen Produkts. Um was es sich handelte, blieb geheim – sicher war nur, dass es sich online vorbestellen ließ und dann am 6. Februar zwischen 14 und 16 Uhr im lokalen Restaurant abgeholt werden konnte. Die Taco-Bell-Jünger kamen in Scharen. - Edeka-Video #HeimKommen
Das weihnachtliche Werbevideo der Supermarktkette Edeka berührte im vergangenen Winter viele Hunderttausende Zuschauer. - Niveas zweite Haut
Auch dieser Weihnachtsclip aus 2015 ging viral: Kosmetik-Hersteller Niva stellte sein "Second Skin Project" vor und erreichte deutlich sechsstellige Abrufzahlen. - Snapchat-Kampagne zur Oscar-Verleihung
PricewaterhouseCoopers (PwC) kümmert sich seit 82 Jahren um die Auszählung der Stimmen für die Academy Awards, im Volksmund auch Oscar-Verleihung genannt. Für die 2016er-Ausgabe startete PwC eine Snapchat-Story rund um die berühmten goldenen Umschlägen mit den Oscar-Gewinnern. Viele neue Fans und ein Shorty Award waren der Lohn. - Lustige Sprüche frei Haus
"Unsere Klingen sind so gut, dass du sie einen ganzen Monat lang benutzen kannst" - das Start-up Dollar Shave Club verschickt unter diesem Claim im Monatsabo Rasierer und Rasierklingen per Post. Die zugehörige Marketing-Kampagne mit Bildern abgewetzter Klingen und lustigen Sprüchen sorgte für eine große Aufmerksamkeit im Social Web. - Für eine Handvoll Dollar
Black Friday als Konsum-Höhepunkt des Jahres? Der Partyspiel-Anbieter "Cards Against Humanity" machte da im vergangenen Jahr nicht länger mit. Er nahm seinen Shop einen Tag lang vom Netz und bot den Kunden stattdessen "nichts" für fünf Dollar an. Die dankten es ihm und zahlten - es kamen über 71.000 Dollar zusammen. - Luxus bei Snapchat
Das britische Modelabel Burberry war im April 2016 die erste Luxusmarke, die eine native Snapchat-Werbeanzeige buchte. 24 Stunden lang wurde ein neues Parfum beworben - mit exklusiven Videos, darunter dem Kurzfilm "Mr. Burberry" des Oscar-prämierten Regisseurs Steve McQueen, der binnen eines Monats bei Youtube fast 370.000 Mal aufgerufen wurde. - "Deadpool" – ein durchschlagender Erfolg
Das Antihelden-Epos "Deadpool" verhalf 20th Century Fox zu neuen Social-Web-HöhenflügeN: Die fast 500.000 Follower des @deadpoolmovie-Twitter-Kanals, der fast ein Jahr (!) vor dem Kinostart mit einem mehr als 55.000 Mal retweeteten Posting gestartet ist, die vielen prominenten Fans der Comicreihe und der im Social Web ebenfalls sehr aktive Hauptdarsteller Ryan Reynolds ließen die Grenzen zwischen PR und purer Fan-Vorfreude verschwimmen. - Verkaufen per Pinterest
Nach dem "127 Corridor Sale" im vergangenen Jahr bot der Spraydosen- und Farbenverkäufer Krylon dort erworbene und aufgehübschte Waren online via Pinterest Buyable Pins zum Verkauf an - als erster Anbieter überhaupt. Neben den erzielten Einnahmeen, die kmplett gespendet wurden, erfuhr Krylon für die Aktion eine mediale Aufmerksamkeit, die das Unternehmen ein Vielfaches von dem gekostet hätte, wäre sie auf klassischem Wege per Werbeanzeige zustande gekommen.
Kognitive Ansätze lassen sich vom Marketing auf verschiedene Weise nutzen. Einige Unternehmen setzen Bots bereits erfolgreich ein. Wir erwarten, dass bis 2020 40 Prozent der E-Commerce-Transaktionen und notationsbasieren Kommunikation bot-gestützt sein werden, denn eine neue Generation kognitiver Agenten steht bereits in den Startlöchern.
Der ganze Kunde unter einem Dach
Moderne Marketingtechnologie versetzt CMOs in der Lage, die Wirksamkeit von Marketing drastisch zu erhöhen. Voraussetzung ist aber, dass kundenorientierte Aktivitäten auf Basis eines "Customer Experience Operating System (CX-OS)" durchgeführt werden. CX-OS beschreibt eine IT-Infrastruktur beziehungsweise einen Architekturansatz, der auf Basis von APIs und Microservices alle kundenrelevanten Lösungen, Apps und Daten zusammenführt und verbindet. Die Stärken des CX-OS liegen in der automatisierten und rollenbasierten Unterstützung von Workflows, Entscheidungen, Interaktionen und Prozessen, der Verwaltung von Kunden-IDs und eines abgestimmten Security-Konzepts. Kurzum: es ermöglicht Transparenz und Integration innerhalb des Marketings und zwischen allen anderen kundenorientierten Prozessen.
Das ist umso wichtiger, da Customer Experience eine zentrale Säule der digitalen Transformation ist. Ohne ein CX-OS werden 50 Prozent der Initiativen für digitale Transformation scheitern, da kundenorientierten Aktivitäten nicht ausreichend proaktiv und interaktiv vorangetrieben werden können.
Fazit
CMOs können aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung ihrer Kreativität im Marketing freien Lauf lassen. Aus Sicht von IDC werden diejenigen CMOs erfolgreich sein, die digitales Marketing konsequent mit bewährten Methoden verbinden. Ein Patentrezept gibt es, wie so oft im Leben, auch hier nicht. Jedes Unternehmen muss seine eigene Vorgehensweise entwickeln und umsetzen. Aber für alle gilt: Modernes Marketing vermittelt Content modular, technologiebasiert und automatisiert und nutzt beziehungsweise unterstützt alle kundenrelevanten Aktivitäten im Unternehmen. Und zwar nicht nur 2017, sondern weit darüber hinaus.