Lange als Hype belächelt, trägt das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) mittlerweile branchenübergreifend zum Gelingen der Geschäfte bei. Selbst im landwirtschaftlichen Bereich, zum Beispiel bei der Viehzucht und in Molkereien, finden sich IoT-Lösungen wieder.
In einigen landwirtschaftlichen Betrieben etwa tragen alle Kühe auf dem Nacken einen kleinen Sensor, der nur so groß wie ein Zwei-Euro-Stück ist und mehrere Male pro Sekunde Standortinformationen an Funkempfänger sendet. Damit ist es möglich, einzelne Tiere selbst in großen Herden ohne jede Verzögerung in Echtzeit zu lokalisieren, um sie beispielsweise zum Melken zu bringen, zu untersuchen, behandeln oder zu pflegen.
Durch die Vernetzung bekommt die Viehhaltung eine völlig neue Transparenz: Dank der Aufzeichnung von Bewegungsdaten können viele weitere relevante Informationen über jedes einzelne Tier gewonnen werden, etwa Bewegungsmuster, Melkergebnis oder Fressverhalten. Der Betrieb hat somit eine transparente Sicht auf die ganze Herde und kann bei Bedarf einzelne Tiere besonders beobachten. Diese Erkenntnisse helfen dem Landwirt, eine optimale Versorgung der Tiere sowie einen reibungslosen Produktionsablauf zu gewährleisten.
IoT-Anwendungen wie diese erfüllen in Unternehmen aller Branchen bereits die unterschiedlichsten Zwecke. IDC schätzt, dass die Zahl der weltweit vernetzten Geräte von 2015 bis 2020 um fast 70 Prozent steigen wird - von etwa 12 Milliarden auf über 30 Milliarden IoT-Geräte. Die aus diesen "Dingen" generierten Daten werden automatisch von Computern gesammelt und ausgewertet und helfen Menschen - zunehmend aber auch selbstlernenden Maschinen - anhand der so gewonnenen Erkenntnisse bessere Entscheidungen zu treffen.
- IoT-Produkte und -Strategien der Hersteller
Im Zukunftsmarkt des Internet of Things (IoT) bringt sich nahezu jeder große IT-Hersteller in Stellung. Manchmal ist der Marktzugang nachvollziehbar, manchmal werden auch Nebelkerzen geworfen und vorhandene Produkte umdefiniert. Wir geben einen Überblick über die Strategien der wichtigsten Player. - Microsoft
Wie über 200 andere Unternehmen war der Softwarekonzern bis vor kurzem Mitglied in der von Qualcomm initiierten Allianz AllSeen und wechselte kürzlich in die neu formierte Open Connectivity Foundation. Deren Ziel ist die Entwicklung einer einzelnen Spezifikation oder zumindest eines gemeinsamen Sets an Protokollen und Projekten für alle Typen von IoT-Geräten. - Microsoft
Auf Client-Seite fungiert Windows 10 IoT Core als mögliches Betriebssystem für industrielle Geräte. Das Beispiel zeigt ein Roboter-Kit. - Microsoft
Als Cloud-Plattform stellt Microsoft die Azure IoT-Suite bereit. Diese enthält bereits einige vorkonfigurierte Lösungen für gängige Internet-of-Things-Szenarien. Mit dem Zukauf des italienischen IoT-Startups Solair wird das Portfolio erweitert. - Amazon
Das Portfolio erstreckt sich mit AWS Greengrass bis in den Edge-Bereich. So können IoT-Devices auf lokale Ereignisse reagieren, lokal auf die von ihnen erzeugten Daten wirken können, während die Cloud weiterhin für Verwaltung, Analyse und dauerhafte Speicherung verwendet wird. - IBM
Im März 2015 hat Big Blue mitgeteilt, über die nächsten vier Jahre rund drei Milliarden Dollar in den Aufbau einer IoT-Division zu investieren. Sie soll innerhalb des Unternehmensbereichs IBM Analytics angesiedelt sein. IBM will hier neue Produkte und Services entwickeln. Im Zuge dessen wurde auch die "IBM IoT Cloud Open Platform for Industries" angekündigt, auf der Kunden und Partner branchenspezifisch IoT-Lösungen designen und umsetzen können. - Intel
Obwohl sich Intel mit seinen Ein-Prozessor-Computern "Galileo" und "Edison" im Bereich der Endgeräte für das Zeitalter von Wearables und IoT schon gut gerüstet sieht, will das Unternehmen mehr vom Kuchen. "Das Internet of Things ist ein End-to-End-Thema", sagte Doug Fisher, Vice President und General Manager von Intels Software and Services Group, zur Bekanntgabe der IoT-Strategie vor einem halben Jahr. Deren Kernbestandteil ist demnach ein Gateway-Referenzdesign, das Daten von Sensoren und anderen vernetzten IoT-Geräten sammeln, verarbeiten und übersetzen kann. - Intel
Im Zentrum der IoT-Strategie des Chipherstellers steht eine neue Generation des "Intel IoT Gateway". Auf Basis der IoT Plattform bietet Intel eine Roadmap für integrierte Hard- und Software Lösungen. Sie umfasst unter anderem API-Management, Software-Services, Data Analytics, Cloud-Konnektivität, intelligente Gateways sowie eine Produktlinie skalierbarer Prozessoren mit Intel Architektur. Ein weiterer maßgeblicher Bestandteil der Roadmap ist IT-Sicherheit. - SAP
Bei der SAP IoT-Plattform "HANA Cloud Platform for IoT" handelt es sich um eine IoT-Ausführung der HANA Cloud Platform, die um Software für das Verbinden und Managen von Devices sowie Datenintegration und -analyse erweitert wurde. Die Edition ist integriert mit SAPs bereits vorgestellten IoT-Lösungen "SAP Predictive Maintenance and Service", "SAP Connected Logistics" und "Connected Manufacturing". - Hewlett-Packard
HP hat Ende Februar 2015 seine "HP Internet of Things Platform" präsentiert. Das Unternehmen richtet sich damit an "Communications Service Providers", die in die Lage versetzt werden sollen, "Smart Device Ecosystems" zu schaffen - also in ihren Netzen große Mengen an vernetzten Produkten und Endgeräten zu verwalten und die entstehenden Daten zu analysieren. - PTC
Mit der Übernahme von ThingWorx konnte der amerikanische Softwareanbieter PTC zu Beginn vergangenen Jahres zum Kreis der vielversprechendsten Internet-of-Things-Anbieter aufschließen. Das Unternehmen bietet mit "ThingWorx" eine Plattform für die Entwicklung und Inbetriebnahme von IoT-Anwendungen in Unternehmen an.
Die Vernetzung schreitet weiter voran
Tausende neue Anwendungen für das IoT werden derzeit entwickelt, darunter viele innovative Ideen, die Unternehmen einen klaren Mehrwert bieten werden. Wenngleich sich laut IDC die Mehrheit der deutschen Unternehmen noch in der Planungs- oder Bewertungsphase für IoT-Projekte befindet, so haben immerhin 37 Prozent bereits IoT-Projekte umgesetzt und ihr Unternehmen in Sachen Digitalisierung damit einen großen Schritt vorangebracht.
Dies ist auch wichtig, denn der technologische Fortschritt ist schnell und unaufhaltsam - auf viele Unternehmen wirkt er bedrohlich. Die Chancen der Vernetzung sind indes enorm und wer nicht auf der Strecke bleiben möchte, muss sie nutzen. Ein vernetztes, "intelligentes" Unternehmen verknüpft die physische mit der digitalen Welt und fördert damit Produktivität, Effizienz, Wachstum und Innovation. In verschiedenen Branchen kann das beispielsweise wie folgt aussehen:
Logistik: Die Kapazitäten vieler LKW auf Deutschlands Straßen sind nur ungenügend ausgelastet. Wenn LKW mit zu viel Leerraum unterwegs sind, leidet darunter jedoch die Effizienz des Logistikunternehmens. Mithilfe von 3D-Kameras an den Laderampen und geeigneter Analytics-Software können jedoch verschiedenste Daten über den Beladungsprozess gesammelt und ausgewertet werden.
Sie liefern während der Beladung wichtige Informationen, etwa zur Ladedichte, Auslastung, Beladungsgeschwindigkeit und Hebetechnik. Bemerkt das System Fehler oder Ineffizienzen beim Verladen, kann eine Benachrichtigung an den Supervisor ausgelöst werden, der die Beladung per Computer oder Tablet beaufsichtigt. Mithilfe dieser Informationen kann er bei Bedarf einschreiten, das Training der Mitarbeiter verbessern und somit im zweiten Schritt die Beladungsqualität verbessern.
Andere Lösungen verwenden BLE-Beacons (Bluetooth Low Energy), durch deren Signal Mitarbeiter erkennen können, ob Pakete in den richtigen LKW verladen werden. Durch korrekt beladene und optimal ausgelastete LKW kommen Pakete schneller bei Kunden an und die Kundenzufriedenheit steigt. Gleichzeitig reduzieren sich nicht nur deutlich die Kosten für Logistikunternehmen durch Einsparungen an LKW, Wartungen und Kraftstoff, sondern auch die Emissionen, was zur Entlastung der Umwelt beiträgt.
Einzelhandel: Etwa vier Prozent potenzieller Umsatz gehen jedes Jahr verloren, weil Einzelhändler die Nachfrage nach bestimmten Produkten nicht befriedigen können, da diese gerade nicht verfügbar sind. Besonders im Modehandel ist dies ein weit verbreitetes Problem, wo Artikel gerne in Umkleidekabinen vergessen, zurückgelassen oder am falschen Platz wieder abgelegt werden. Wenn Produkte jedoch beispielsweise mit RFID-Tags versehen werden, können Mitarbeiter sie überall und jederzeit orten, Bestandsinformationen in Echtzeit abrufen und die Produktverfügbarkeit auf der Ladenfläche erhöhen.
Zudem eignet sich diese Technologie als Diebstahlschutz, besonders für hochpreisige oder Luxusgüter, da die getaggten Artikel einen Alarm auslösen können, sobald sie sich dem Ausgang nähern, ohne bezahlt worden zu sein. So können Einzelhändler den Verlust von Ware sowie durch mangelnde Verfügbarkeit entgangene Umsätze signifikant reduzieren.
Gesundheit: Das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure - Ärzte, Krankenpfleger, Krankenhäuser, Versicherer und Pharmaunternehmen - macht das Sammeln, Bereitstellen und Analysieren von medizinischen Daten zu einer echten Herausforderung. IoT und Datenanalyse können dazu beitragen, die Datenerfassung und -verarbeitung zu verbessern und ermöglichen dadurch eine bessere Patientenversorgung.
Das Leiden University Medical Center (LUMC) in Leiden, Niederlande, nutzt beispielsweise eine IoT-Lösung zum Time-Tracking bei Patienten mit akutem Herzinfarkt. Internetfähige Patientenarmbänder senden Herzfrequenzdaten an Ärzte - und zwar von der Einlieferung des Patienten ins Krankenhaus bis zum Abschluss der Operation. Die Auswertung dieser Daten liefert Erkenntnisse darüber, wie schnell Patienten eine Behandlung erhalten. So kann die Klinikleitung reagieren, die Personalplanung verbessern und Ärzten lebenswichtige Informationen in Echtzeit zur Verfügung stellen.
Dies sind nur einige Beispiele für den Einsatz des IoT in den vernetzten Unternehmen von heute - es gibt zahlreiche weitere. Die Fülle der anfallenden Daten, fein säuberlich ausgewertet, helfen Unternehmen dabei, ein tieferes Verständnis für ihre Geschäftsabläufe zu entwickeln, die Planung zu verbessern und neue Umsatzmöglichkeiten oder sogar Geschäftsmodelle aufzuzeigen. IoT-Lösungen erzeugen Transparenz in Echtzeit und tragen so zu innovativen Entwicklungen bei, die Unternehmen einen Schritt näher an eine intelligent vernetzte Zukunft bringen.