Es war die Finanzkrise, die den schwerreichen Mexikaner Carlos Slim und die renommierte US-Zeitung "New York Times" zusammenbrachte. Inmitten der heftigen Rezession 2009 eilte der Milliardär dem Traditionsblatt von der Ostküste zur Hilfe und streckte dem Medienhaus 250 Millionen Dollar vor. Damit verschaffte er der Zeitung genügend Zeit, um einen Käufer für das Schwesterblatt "Boston Globe" zu finden und die Finanzen zu ordnen.
Fünf Jahre später hat sich der Telekommunikationsunternehmer zum größten Einzelaktionär der "New York Times" aufgeschwungen. Am Mittwoch machte er von einer Option Gebrauch, die ihm für seinen Kredit eingeräumt worden war, und kaufte 15,9 Millionen Anteilsscheine für 101,1 Millionen US-Dollar (umgerechnet 85,8 Millionen Euro). Damit gehören dem Mexikaner nun 16,8 Prozent der Zeitung.
Slim ist nicht der einzige Superreiche, der in eine Zeitung investiert. Während Journalisten und Verleger über die Krise des traditionellen Print-Geschäfts diskutieren, kaufen sich immer häufiger auch branchenferne Investoren in Medienhäuser ein.
So sorgte 2013 Amazon-Gründer Jeff Bezos für Furore, als er die traditionsreiche "Washington Post" übernahm. Wie andere Zeitungen auch hat das Hauptstadtblatt seit Jahren mit schwindenden Anzeigenerlösen und sinkender Auflage zu kämpfen.
Als stiller Eigentümer versteht sich Bezos offenbar nicht. Einen Monat nach der Übernahme erläuterte er den Redakteuren seine Vorstellungen. "Die Regel Nummer eins muss sein: Seid nicht langweilig", sagte er den Journalisten. Im vergangenen Jahr ersetzte er die Verlegerin Katharine Weymouth aus der einstigen Besitzerfamilie Graham durch Fred Ryan von der Online-Konkurrenz "Politico".
US-Starinvestor Warren Buffett wiederum hat in den Vereinten Staaten zahlreiche Lokalblätter aufgekauft. Neben Großkonzernen wie American Express, Coca-Cola, IBM und Wells Fargo gehören zum Portfolio seiner Firma Berkshire nun auch der "Omaha World-Herald" aus Nebraska und der "Jackson County Floridan".
Buffett räumt zwar ein, dass das Internet die überregionalen Blätter vor enorme Herausforderungen stelle. In der Provinz hingegen seien gedruckte Zeitungen noch immer ein lohnendes Geschäft. "Wenn Sie wissen wollen, was in Ihrer Stadt passiert - seien es Nachrichten über den Bürgermeister, Steuern oder High-School-Football - dann gibt es keinen Ersatz für die Lokalzeitung", schrieb er zuletzt an seine Anleger (PDF-Link).
Auch Slim hat eine Schwäche für das gedruckte Wort. "Ich bin ein Mann des Papiers. Papier spricht", sagte er 2008, als er erstmals bei der "New York Times" einstieg. Wer allerdings glaubt, er investiere aus reiner Nostalgie in die US-Zeitung, kennt Slim schlecht. In Mexiko wird der 74-Jährige auch König Midas genannt, weil alles, was er anfasst, zu Gold wird.
Bereits jetzt hat sich die Investition für Slim gelohnt. Sein ursprünglicher Kredit ist längst zurückgezahlt worden. Er kassierte 122 Millionen US-Dollar Zinsen und eine Prämie, weil die "New York Times" das Darlehen vorzeitig ablöste. Slims Schwiegersohn und Sprecher Arturo Elías Ayub sagte dem "Wall Street Journal", die Investition habe rein finanzielle Gründe. Pro Quartal werden nun 1,1 Millionen Dollar an Dividenden an Slim ausgeschüttet.
Seine neuen Aktien konnte der Multimilliardär aufgrund einer Option aus dem Jahr 2009 nun für knapp die Hälfte des aktuellen Börsenkurses erwerben. Beim aktuellen Aktienpreis wäre es verrückt gewesen, die Optionsscheine nicht einzulösen, sagt Ayub. Würde er die Papiere sofort wieder auf den Markt werfen, könnte er einen Gewinn von fast 100 Millionen Dollar mitnehmen.
Allerdings wolle Slim nicht sofort Kasse machen, sondern die Papiere mittelfristig halten. "Wir haben weiterhin Vertrauen in das Management, wir glauben, die Dinge entwickeln sich gut", sagte Ayub. "Die 'Times' ist eine wertvolle Marke, nicht nur eine Zeitung, sondern ein Produzent von Inhalten." (dpa/tc)