Mitarbeitende des Arzneimittel-Herstellers Stada (Grippostad, Curazink etc.) sollen vier Werte hochhalten: Integrity, Agility, Entrepreneurship und "One-Stada". Letzteres braucht Erklärung - und IT.
Die ersten drei Werte sind selbsterklärend: Edel sei der Mensch (also ethisch motiviert, Stada nennt das "Integrity"), hilfreich (heißt bei Stada "Entrepreneurship" - jeder Einzelne soll Wachstum und Wert schaffen) und gut ("jeder Einzelne führt mit Flexibilität und Entschlossenheit" oder kurz: "agil"). Aber wofür steht "One-Stada"?
One Stada
Tobias Günthör, seit April 2021 CIO der Stada Arzneimittel AG, erklärt: "One-Stada meint, dass jeder Einzelne von uns im besten Interesse des Unternehmens als Ganzes und nicht nur seiner Geschäftseinheit handelt." Angesichts der jüngsten Geschichte des 125 Jahre alten Unternehmens ist das kein No-Brainer: Die Private-Equity-Gesellschaften Bain und Cinven haben 2017 bei Stada die Mehrheit übernommen.
Es folgten aufreibende Jahre, die nicht ohne Veränderungen im IT-Personalbereich stattgefunden haben. Inzwischen ist der Hersteller von Generika, Spezialpharmazeutika und Consumer Healthcare durch Zukäufe auf 3,2 Mrd. Euro und über 800 Millionen Euro Profit gewachsen - mit den üblichen Folgen für die IT.
Um die (sehr agile) Go-to-Market Struktur zu unterstützten, hat Stada neue Gesellschaften teilweise nur unvollständig in die IT-Landschaft integriert. Das IT-Team betreibt inzwischen mehr als 500 Legacy Applikationen und mehrere ERP Plattformen. Günthörs Ansatz ist jetzt, Harmonie durch unternehmensweite Daten und Analyse zu erzeugen. "Speziell die Werte Agility und Entrepreneurship helfen dabei unserem modularen Architekturansatz", sagt der CIO: "Das ist die Kultur, die wir vorantreiben wollen."
Projekt: Bringing Data to the People
Klassisches Reporting basierte bislang auf fünf SAP BW Systemen und unzähligen lokalen MS SQL Servern. "Self-Service war unbekannt", sagt Günthör. Das Team habe deshalb in einem ersten Schritt einen "Data-Lake" geschaffen, in dem jetzt mehr als 12.500 Stada-Mitarbeitende aus mehr als 20 Ländern nach Informationen fischen können. Um "brain to the table" zu bekommen, haben die ITler 200 Mitarbeitende geschult, selbstständig analytische Datenflüsse zu bauen. "Wir haben mit MS Azure und dem Data Warehouse Snowflake vollständig auf die Cloud gesetzt", ergänzt Günthör. "Kritisch ist dabei die Übergangszeit, in der on-premise Anwendungen und die Cloud-Welt koexistieren"
Natürlich ist es beim modularen Architekturansatz nicht mit zwei Anbietern getan. Günthör nennt für sein Datenprojekt weitere IT-Produkte:
Databricks für Big Data Management Framework
Qlik für Daten Integration
Power BI and Tableau für Daten Visualisierung
Alteryxs als Daten Aufbereitungs-Tool
SAP Analytics und S4/Hana BW zum Konsolidieren der Finanzdaten
Gitlab für Source Code Management
MS Office für Kollaboration and Knowledge Management
MS Azure Devops für Backlog Management
Automation Anywhere für Workflow Automation
Diverse ERP, CRM, Regulations-Plattformen und externe Datenquellen als Source Systeme
Die Liste dieses Daten-Projekts mit einem zweistelligen Millionen-Budget zeigt: Die Zeit der monolithischen Anbieter ist vorbei - bei Stada auf alle Fälle. Vielleicht sogar für die ganze Pharma-Branche: "Im regulatorischen Bereich finden Sie gar nicht die großen Vendoren", sagt Günthör. Bleibt also die Aufgabe, viele IT-Jobs selbst zu erledigen. Stada hat dafür ein Nearshore-Center in Belgrad. Aber damit will er sich nicht schmücken, sagt der CIO. Da habe er auf der Weitsicht seiner Vorgänger aufgebaut. (kf)