Steigerungsraten bei Cloud-Services von durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr, die zunehmende Nutzung von 5G-Diensten sowie IoT- und Edge Computing sorgen für stetig wachsende Datenmengen. Laut dem Borderstep-Institut für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin hat sich die Nachfrage nach Rechenleistung in den Datacentern in Deutschland seit 2010 verzehnfacht. Entsprechend groß ist der Bedarf an neuen Rechenzentren.
Gleichzeitig schlägt sich der Hunger nach Rechenleistung in einem steigenden Energieverbrauch nieder. Denn in einem Rechenzentrum gespeicherte Daten müssen rund um die Uhr verfügbar sein, die Server also permanent laufen. Auf die Kühlungssysteme entfallen zwar nur 15 bis 20 Prozent ihres Stromverbrauchs. Da die Sommer tendenziell aber immer heißer werden, ist auch dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Laut dem Branchenverband Bitkom haben Datacenter und kleinere IT-Installationen in Deutschland allein im Jahr 2020 rund 16 Milliarden Kilowattstunden verbraucht - mehr als ganz Berlin. Die Ampel-Regierung hat bereits Konsequenzen gezogen: Neu installierte Rechenzentren sollen bis 2027 klimaneutral betrieben werden, heißt es im Koalitionsvertrag.
Viel Potenzial für mehr Nachhaltigkeit
Vor diesem Hintergrund setzen die Betreiber verstärkt auf erneuerbare Energien. Das alleine reicht allerdings nicht aus, um nachhaltig zu werden. Entscheidend ist, den Strom aus erneuerbaren Energien z.B. im Rechenzentrum zwischenzuspeichern, um die für Windkraft- und Solarenergie typischen Schwankungen auffangen zu können. Und dafür sind spezielle Speicherlösungen gefragt. Eine weitere wichtige Maßnahme besteht darin, die Abwärme der Kühlsysteme nicht in die Umgebung entweichen zu lassen, sondern sie zum Heizen der eigenen Büros sowie angrenzender Gebäude zu verwenden. In den skandinavischen Ländern ist dieses Verfahren sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Besonders nachhaltig sind auch sogenannte Brownfield-Ansätze, bei denen Brachland in strukturschwachen Gegenden umgenutzt wird - beispielsweise ein ehemaliges Industriegebiet. Denn das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung besteht auch darin, nicht ständig neue Flächen zu bebauen. Zudem ist eine Umnutzung vorhandener Gewerbegebiete wesentlich kosteneffizienter als Projekte, die auf der grünen Wiese entstehen.
RZ-Infrastruktur als fester Bestandteil der Raumplanung
Allerdings fehlt es oft an der notwendigen Infrastruktur, etwa um die Rechenzentren mit potenziellen Abnehmern der Abwärme zu vernetzen. Um entsprechende Initiativen realisieren zu können, müssen Datacenter dort gebaut werden, wo die Nutzer sind. Dazu sind Städte und Gemeinden gefordert, entsprechende Flächen auszuweisen und die Rechenzentren von Anfang an in die Planung von Industrie, Gewerbe- und Wohngebieten einzubeziehen. Speziell die Strominfrastruktur - Leitungen und die Nähe zu Umspannwerken - sowie Glasfaserkabel für schnelle Internet-Verbindungen erfordern enorme Investitionen, die es frühzeitig zu berücksichtigen gilt. Auch unterirdische Leitungen für die Abwärmenutzung lassen sich nur mit einem extrem hohen Aufwand nachträglich implementieren.
Rechenzentren und die dafür benötigte Infrastruktur werden in der Raumplanung allerdings oft vernachlässigt. Wichtig ist daher, dass die Akteure in Bauämtern, Ausschüssen und Stadtplanungsbüros sowie die Verantwortlichen für die Wirtschaftsförderung den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit erkennen und sich gemeinsam für die Initiierung entsprechender Prozesse stark machen. Ein Rechenzentrum wertet eine Region erheblich auf - in Form von stabilen Glasfaserverbindungen sowie durch die Möglichkeit, die Abwärme zum Heizen zu nutzen, ein gerade in der heutigen Zeit hochaktuelles Thema. Diese Vorteile sollten allen an der Stadt- und Raumplanung Beteiligten bewusst sein.
Remote-Work-Trend erfordert stärkere Regionalisierung
Bislang ballen sich die Rechenzentren vor allem an Knotenpunkten, den sogenannten FLAPs (Frankfurt, London, Amsterdam, Paris). Allerdings sind gerade in den Innenstädten geeignete Flächen ein knappes Gut. Auch Strom ist nicht endlos verfügbar. Angesichts des Remote-Work-Trends und der damit verbundenen Cloud-Nutzung ist zudem eine regionalere digitale Infrastruktur gefragt - weg von den Ballungszentren und hin zu kleineren Städten und Gemeinden. Die Nähe eines Rechenzentrums sorgt für robuste Glasfasernetze und damit für eine stabile Internet-Nutzung, von der nicht nur die Einwohner profitieren. Auch auf Firmen hat eine gut ausgebaute Infrastruktur eine Sogwirkung.
Bei der Umsetzung von sogenannten Smart Cities sind umfassende Digitalisierungsmaßnahmen ebenfalls ein Muss. Wie Datacenter hier von Anfang an mitgedacht werden, zeigt das Beispiel Kopenhagen: Große Straßen werden zurückgebaut und begrünt und der Autoverkehr mithilfe von intelligenten Steuerungssystemen um das Zentrum herum geleitet. In der Stadt entstehen Anbauflächen für Obst und Gemüse, wobei Angebot und Nachfrage digital gesteuert werden - Stichwort: Urban Farming.
Die Vorreiterrolle Dänemarks bei der Digitalisierung belegt auch der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) der Europäischen Kommission. Demnach haben heute bereits 90,4 Prozent der dänischen Haushalte einen Internetzugang. Zudem verfügt das nordische Land über die fortschrittlichste digitale Verwaltung und über den größten Pool an IT/TK-Spezialisten in der gesamten EU. Und Kopenhagen hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bereits 2025 CO2-neutral zu sein. (bw)