Disruptive Strategien – was im IT-Bereich bereits gang und gäbe ist, hat den Alltag etablierter Unternehmen noch längst nicht flächendeckend erreicht. Auch wenn es in der Vergangenheit immer wieder bahnbrechende Entwicklungen gegeben hat, hat das Ganze unter dem disruptiven Aspekt doch einen ganz anderen Wirkungsgrad – oder doch nicht? Vielleicht verdrängen wir auch ganz einfach, dass solch Neues zum Business dazugehört, weil es uns inzwischen immer schneller trifft – inklusive der Angst, mit dem rasanten Fortschritt nicht Schritt halten zu können – weder als Unternehmen, noch als Führungskraft, Team oder Mitarbeiter.
Vom Modewort zur Technologie
Eine disruptive Technologie (englisch to disrupt „unterbrechen“) ist eine Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt – so schreibt Wikipedia.
Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Clayton M. Christensen hat den Begriff der disruptiven Innovation zuerst geprägt. In seinem Buch „The Innovator's Dilemma“ spricht er in diesem Zusammenhang von der dritten Schale der Innovationszwiebel, bei der einem schon die Tränen kommen können, da bisher bekannte Routinen vollkommen über den Haufen geworfen werden. Als vierte Schale wird dann das Bewusstsein disruptiver Innovationen genannt – also die wissentliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, zerstörerisch zu sein oder eine derartige Wirkung zu erfahren.
Lieber einmal mehr hinsehen als das Nachsehen haben
Klingt bedrohlich, oder? Aber ist es nicht eher ein Spiegel, der etablierten Unternehmen vorgehalten wird: Seht was passiert, wenn man sich seiner Sache zu sicher ist. Und was machen in so einem Fall viele Unternehmer: Sie beklagen sich über diese neuen Wettbewerber, die „ihren“ Markt neu aufrollen. Sie beschimpfen sie als unprofessionell.
- Rolle des CDO
Die Analysten von PwC erklären den Chief Digital Officer (CDO) zu einer vorübergehenden Erscheinung, wie schon der Untertitel ihrer "2015 Chief Digital Officer Study" zeigt: "Adapt, disrupt, transform, disappear" - Vier-Phasen-Modell
Der CDO muss sein Unternehmen durch vier Phasen der Digitalisierung führen. Diese beginnen mit der Entdeckung neuer digitaler Möglichkeiten und enden mit der vollzogenen Transformation. - Hintergrund
Erst sechs Prozent der von PwC befragten rund 1.500 Firmen weltweit arbeiten mit einem CDO. Dieser kommt oft aus dem Marketing oder Sales/Vertrieb. - Branchen
Unternehmen aus Kommunikation/Medien/Entertainment sowie Lebensmittel/Getränke und Konsumgütern können noch am ehesten als Vorreiter gelten. - Level
Viele CDOs sind auf C-Level oder Vizepräsidenten-Ebene angesiedelt.
Dabei entstehen disruptive Produkte oder Dienstleistungen selten über Nacht oder mit einem großen Knall. Vielmehr entwickeln sie sich meist über einen längeren Zeitraum hinweg im Schatten existierender Produkte oder Dienstleistungen. Spätestens jetzt wäre eine Reaktion der Etablierten möglich. Doch dafür müssten diese erst einmal hinsehen und die Gefahr ernst nehmen – aber wer im Elfenbeinturm oder auf dem hohen Ross sitzt, steigt eher selten in die Tiefen der Realität hinab. Umso größer dann aber das Geschrei, wenn die neue Technologie erst einmal im Markt angekommen ist. Fragen Kunden aktiv danach, ja entsteht sogar ein Sog, nimmt die Entwickelung rasch an Fahrt auf und etablierten Unternehmen bleibt nichts anderes als das Nachsehen.
Die folgenden Tipps helfen Ihnen, selbst innovativ und disruptiv, statt den Fehler vieler etablierter Unternehmen zu wiederholen:
Tipp 1: Hinterfragen Sie Ihr Tun permanent
Ein kritischer Umgang mit dem eigenen Tun hat noch keinem Unternehmen geschadet – ganz im Gegenteil: dadurch werden Weiterentwicklungspotentiale entdeckt. Vielleicht wähnen Sie sich aufgrund Ihres Wissens- oder Erfahrungsvorsprungs ja noch in Sicherheit und glauben, dass alles gut ist und bleibt.
Augen zu und durch mag in der Vergangenheit vielleicht funktioniert haben. In disruptiven Zeiten zieht der Sturm allerdings schneller auf als Sie denken. Dann nützt es nichts, einmal Marktführer gewesen zu sein – zu viele davon haben wir in den vergangenen Jahren zugrunde gehen sehen. Es hilft nur eines: Nehmen Sie sich regelmäßig, besonders in sehr erfolgreichen Phasen, Zeit, um sich eigene Vorgehensweisen, vor allem aber auch das Umfeld aufmerksam zu betrachten und in allen Geschäftsbereichen entsprechende innovative Impulse zu setzen.
Tipp 2: Achten Sie stets auf neue Trends
Das Dampfschiff hat das Segelschiff ersetzt, das Auto die Pferdekutsche und die Digitalfotografie eine ganze Branche nachhaltig verändert. Die großen Energieversorger haben lange Zeit die erneuerbaren Energien und deren Erzeugungen ignoriert und bekämpft, statt sich dem Trend zu stellen und Lösungen zu finden. Gleiches könnte in der Automobilbranche mit der Elektromobilität oder dem autonomen Fahren passieren.
Wir ereifern uns über neue Unglaublichkeiten, wenn eine Firma Uber Taxifahren anders denkt, oder airbnb das Reisen neu definiert. Trends geben Auskunft über zukünftiges Geschäft. Sich damit rechtzeitig zu beschäftigen, sollte ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur sein.
Tipp 3: Haben Sie den Mut, aus Fehlern zu lernen
Innovationen entstehen aus Ideen, die ausprobiert und weiter verfolgt werden – auch wenn dabei Fehler passieren. Gerade diese sind wichtig, um daraus zu lernen, wiederum neue Ideen zu generieren beziehungsweise sogar eine disruptive Technologie zu entwickeln.
Es liegt an Ihnen als Unternehmer und Führungskräfte eine solche Kultur zu fördern. Sie allein fördert langfristig das Überleben. Allerdings bedarf es dazu Freiräume in Denken und Handeln als Nährboden für Ideen. Ein kreativer Austausch firmenintern, aber auch über den eigenen Tellerrand hinaus – sprich mit Kunden oder Lieferanten – hilft dabei, Trends nicht zu verschlafen und motiviert die Mitarbeiter, an möglichen Innovationen dran zu bleiben. (haf)