Die Herausforderungen in Überzeugungsgesprächen steigen insbesondere dann, wenn sich unser Gegenüber bereits eine feste Meinung gebildet hat, seine Position aus tiefer Überzeugung vertritt oder gar ein Anhänger einer Verschwörungstheorie ist. Dabei ist der erste Impuls in der Überzeugungsarbeit meist, unschlagbare und stichhaltige Argumente aufzufahren, womit wir den Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin auf unsere Seite zu ziehen versuchen - gewissermaßen durch die Macht des stärkeren Arguments. Doch die Erfahrungen sind oft genug ernüchternd: Argument begegnet "Gegen-Argument" begegnet Argument begegnet Gegen-Argument in einer Endlosschleife eines argumentativen Pingpongs.
Gesprächsführung: Auf die Fragen kommt es an
Wenn es ums Überzeugen geht, sind wir so starrköpfig auf argumentatives Durchsetzen programmiert, dass wir eine wichtige Strategie geflissentlich übersehen, nämlich die Kunst des Fragens. Dabei können gerade kluge Fragen dabei helfen, Überzeugungsziele zu erreichen.
Fragen dienen dazu, die Position des Gegenübers wirklich zu verstehen. Nur wenn ich verstehe, warum mein Gesprächspartner zweifelt und worum es ihm im Kern geht, kann ich vernünftig mit meinen Argumenten ansetzen. Dazu gilt es herauszufinden, welche Anliegen er hat, welche Werte er vertritt, welches Weltbild er besitzt und welche Emotionen ihn bewegen.
In logischer Hinsicht sind Fragen ein gutes Mittel, die Stich- und Sachhaltigkeit einer Position zu testen und zu hinterfragen. Klug und dosiert eingesetzt, unterstützen sie dabei, zarte Zweifel zu säen, Lücken oder Widersprüche zu entlarven und auf andere Lösungsalternativen hinzuweisen. Behutsam können sie den Dialogpartner für eine andere Sicht auf die Dinge öffnen.
Fragen sind in psychologischer Hinsicht ein unentbehrliches Mittel. Denn sie zeigen dem Gegenüber, dass wir ernsthaft gewillt sind, ihm aufmerksam zuzuhören und gedanklich zu folgen. Insofern signalisieren Fragen Respekt und Wertschätzung. Und das setzt in der Regel einen Mechanismus der Gegenseitigkeit in Gang: Wenn ich bereit bin, jemandem zuzuhören, dann wird auch diese Person mehr bereit sein, mir zuzuhören. Nach dem Motto: wie du mir, so ich dir!
Gesprächsführungstechniken: Fehler, die Sie vermeiden sollten
Doch Achtung! Obwohl Fragen ein hervorragendes und häufig unterschätztes Mittel in Überzeugungssituationen sind, gilt es auf ein paar Dinge zu achten.
Keine Schulmeisterei: Ihre Fragen sollten auf keinen Fall schulmeisterlich und besserwisserisch wirken. Sie sollten daher nicht suggestiv sein oder bestimmte Antworten nahelegen, weil Sie die gerne hören möchten. ("Sie sind doch bestimmt auch der Meinung, dass…..")
Kein Verhör inszenieren: Ihre Fragen sollten den Gesprächspartner nicht in die Enge treiben und sie sollten nicht wie ein Trommelfeuer auf ihn einprasseln. Manchmal sollte man das Fragen unterbrechen und eigene Kommentare und Sichtweisen in das Gespräch einflechten.
Niemanden dumm aussehen lassen: Ihre Fragen sollten, selbst wenn sie kritisch sind, niemanden als Dummkopf hinstellen. Auch wenn man die Aussage des französischen Philosophen Descartes, dass der gesunde Menschenverstand die am gleichmäßigsten verteilte Sache der Welt sei, wahrscheinlich bezweifeln darf.
Wer diese drei Aspekte beherzigt und klug mit Fragen arbeitet, gewinnt auch größte Skeptiker für seine Sicht der Dinge. Die folgende Arbeitshilfe zu den wichtigsten Fragetypen wird Sie dabei unterstützen.
Überzeugungsgespräche: Ratgeber zur Fragestellung
Welche Fragetypen sind in Überzeugungssituationen besonders hilfreich? Obwohl prinzipiell jede Art von Frage in Überzeugungsgesprächen eine Rolle spielen kann, gibt es fünf Fragetypen, die besonders nützlich sind.
Mit Erklärungsfragen versucht man Hintergründe, Zusammenhänge, Motive und Zwecke zu ergründen. ("Welchen Zusammenhang sehen Sie denn zwischen der COVID-19-Pandemie und dem Tod von Elvis?"). Mögliche Fragen sind:
Was ist genau passiert?
Wie ist das zu erklären?
Warum ist das so gekommen?
Wie hängen A und B zusammen?
Welche Erklärung gibt es dafür?
Welche Absicht stecken dahinter?
Was wird damit bezweckt?
Mit Evidenzfragen erkundigt man sich nach empirischen Belegen, Beweisen, Begründungen oder dem Gewissheitsgrad ("Was macht Sie da so sicher, dass Elvis Presley noch lebt?"). Mögliche Fragen sind:
Wie kommen Sie da drauf?
Welche Belege gibt es dafür?
Was macht Sie da so sicher?
Wie können wir sicher sein, das dies stimmt?
Woher wissen wir das?
Wie lässt sich das beweisen?
Auf welche Quellen beziehen Sie sich?
Mit Präzisierungsfragen zielt man auf konkrete Details, Begriffsklärungen, Definitionen ("Was genau sind denn Reptilienmenschen?"). Mögliche Fragen sind:
Was kann ich unter dem Begriff X genau verstehen?
Was meinen Sie damit? (Was genau sind denn Reptilien-Menschen?
Was heißt das konkret für Sie?
Was bedeutet das im Einzelnen?
Wie kann man das genauer definieren?
Wie kann man sich das genau vorstellen?
Mit Perspektivfragen erkundigt man sich nach alternativen Hypothesen und Erklärungen, nach anderen Sichtweisen, nach den Interessen der verschiedenen Stakeholder und möglichen Folgen. Sie dienen dazu, die Bereitschaft für eine alternative Sicht zu testen und andere Gedanken anzuregen ("Was könnte sonst noch ein Grund dafür sein, dass Flugzeuge einen Kondensstreifen haben?"). Mögliche Fragen sind:
An welche anderen Erklärungen haben Sie gedacht?
Wie ließe sich das sonst noch erklären?
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Wie sehen die anderen in Ihrer Umgebung das?
Was bedeutet das für andere Menschen in Ihrer Umgebung?
Wie sehr haben Sie sich mit anderen Sichten beschäftigt?
Was haben Sie da dran auszusetzen?
Was spricht gegen die anderen Positionen?
Was könnte für die andere, nicht von Ihnen vertretene Position, sprechen?
Mit Konsistenzfragen spürt man Ungereimtheiten, Lücken oder Widersprüche auf ("Wie erklären Sie sich, dass so viele Menschen glauben, die Erde sei rund, obwohl sie doch in Wirklichkeit flach ist?"). Mögliche Fragen sind:
Wie passen A und B genau zusammen?
Wie erklären Sie sich die Erklärungs-Lücke?
Wie erklären Sie sich den Widerspruch zwischen A und B?
Kann es sein, dass A und B sich widersprechen?
Wie lässt sich der Widerspruch zwischen A und B auflösen?
- Diese Kommunikationsfehler sollten Sie vermeiden
Was Sie in Gesprächen und Debatten tunlichst unterlassen sollten, um Fehlinformationen, Konflikte und Imageschäden zu vermeiden. - Fachchinesisch benutzen
Mit technischem Fachjargon um sich zu werfen, ist der größte Fehler, den IT-Verantwortliche in Gesprächen mit Nicht-IT'lern machen können. Viele Experten können nicht richtig einschätzen, wie tief das eigene Fachwissen geht und wo im Gegenzug das Fachwissen des Gegenübers endet. Hier kann es schnell zu Missverständnissen und Kommunikationsstörungen kommen. - Technische Probleme beklagen
Wer in der Team- oder Vorstandssitzung über technische Probleme im Rechenzentrum oder anderen Unternehmensstellen klagt, darf sich nicht wundern, wenn diese Beschwerden Irritation und Unsicherheit auslösen. Kollegen, die nicht mit den beschriebenen Interna vertraut sind, verstehen in einem solchen Fall oft nur "Der hat massive Probleme, die er nicht in den Griff bekommt." Natürlich müssen IT-Probleme auch im großen Kreis thematisiert werden dürfen, das jedoch besser in einer sachlichen Art und Weise, die jeder verstehen und nachvollziehen kann. - Wie ein Verkäufer reden
Manager, die bislang mit einem Business-Hintergrund tätig waren, und IT-Führungspositionen übernehmen, sprechen ihre neuen Untergebenen in einem aufgeblasenen Ton an und wirken dabei häufig wie Verkäufer, die die neueste Kollektion heiße Luft präsentieren. - Keine Fragen stellen
Gute CIOs stellen sinnvolle Fragen und hören auf die Antworten. So gelangen oft neue Aspekte in die Diskussion. Dazu werden die Kollegen eingebunden und die Beziehung zwischen Manager und Team gestärkt. Warum viele IT-Verantwortliche anders vorgehen? Sie haben (meist unbegründet) Angst, als unwissend und inkompetent dazustehen. - Niemanden einbinden
Gut ausgebildete CIOs sind überzeugt von ihren eigenen Ideen, welche Techniken sich wie am besten implementieren lassen. Viele vergessen darüber jedoch, dass auch die gesamte IT-Abteilung und der Vorstand womöglich noch eigene Ideen haben. Wenn CIOs ihre eigenen Vorstellungen ohne Rückfrage durchdrücken, verärgern sie deshalb viele Kollegen - selbst, wenn es die beste und richtige Wahl war. - Ängste schüren
Wenn der Vorstand überzeugt werden muss, das IT-Budget aufzustocken, diese oder jene Anschaffung oder Migration vorzunehmen, neigen manche CIOs dazu, in ihrer Argumentation zu übertreiben oder zu simplifizieren. Wenn neue Server angeschafft werden sollen, hört sich das dann so an: "Wenn wir bis kommende Woche nicht zehn neue Server im Schrank stehen haben, bricht der ganze Laden zusammen!" - Den Wertbeitrag nicht herausstellen
Viele CIOs betonen, wie wichtig die Unternehmens-IT ist. Die Vorstände verstehen aber häufig nicht, was die IT konkret zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche in Präsentationen und Diskussionen immer noch einen Schritt weitergehen, als nur in den eigenen Grenzen zu argumentieren. - Mit PowerPoint einschläfern
Zu viele Folien, zu viele Nichtigkeiten. Effiziente Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf die wichtigsten Infos konzentrieren, die das zuhörende Publikum direkt betreffen. Im besten Fall kann gänzlich auf PowerPoint verzichtet werden - gute Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von selbst im Gedächtnis haften bleiben und nicht durch eine Armada von Aufzählungspunkten.