Vor allem in der IT-Branche ist der Bedarf an qualifiziertem Personal besonders dringend. So meldete das IW-Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung für das Jahr 2022 ein Rekorddefizit von bundesweit fast 68.000 unbesetzten Stellen. Dies bremst den digitalen Ausbau quer durch alle Branchen und gefährdet die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Angesichts sinkender Studierendenzahlen in MINT-Fächern kann der Bedarf in Zukunft nicht allein durch Absolventen und Absolventinnen gedeckt werden. Daher ist es für Unternehmen sinnvoll, über die Anwerbung qualifizierter Fachkräfte aus Schwellenländern nachzudenken.
Herausforderung internationale Teams
Doch internationale Personalbeschaffung bedeutet mehr als nur eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl. Es sind daher grundlegende Änderungen in der Organisation notwendig. Der HR-Software-Anbieter G-P hat in seinem Global Growth Report 2023 die entscheidenden Aspekte der Zukunft der Arbeit untersucht. Dafür wurden weltweit 2.500 Führungskräfte sowie 5.500 Beschäftigte befragt, darunter 500 aus Deutschland.
Die Erhebung zeigt, dass fast die Hälfte der Mitarbeitenden bezweifeln, dass ihr Unternehmen bereit für das Management internationaler Teams ist - selbst wenn es bereits international tätig ist. Auch 66 Prozent der HR-Verantwortlichen geben an, dass ihre Fachabteilungen wie IT und HR mehr tun müssten, um adäquat vorbereitet zu sein, globale Teams zu integrieren und zu leiten.
Fallstricke der globalen Personalbeschaffung
Die Ergebnisse des Global Growth Report in Verbindung mit dem aktuellen Fachkräftemangel und den Erkenntnissen darüber, dass sich Unternehmen auf innovative Methoden bei der Rekrutierung, Verwaltung und Bindung von Fachkräften einstellen müssen, zeigen auf, dass die Etablierung globaler Teams zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt, die bewältigt werden müssen.
Herausforderung einheitliche Firmenkultur
Der Umfrage zufolge besteht die größte Herausforderung für Führungskräfte in der Aufrechterhaltung einer einheitlichen Unternehmenskultur über verschiedene Länder hinweg. Tatsächlich gaben 36 Prozent an, dass dieser Aspekt sie davon abhält, Mitarbeitende in anderen Ländern einzustellen.
Auch die damit verbundenen administrativen Aufgaben nehmen die Befragten als Herausforderungen wahr: Dazu zählen, Märkte für die internationale Personalakquise zu identifizieren (36 Prozent), faire Gehälter festzulegen (34 Prozent), und neue Mitarbeitende einzuarbeiten (34 Prozent). Auch eine gesetzeskonforme Vertragsgestaltung betrachtet jeder Dritte als herausfordernd.
Bedenken der Arbeitnehmerseite
Insgesamt 79 Prozent der Arbeitnehmenden weltweit begrüßen die Idee, für ein globales Unternehmen zu arbeiten. Attraktiv erscheinen ihnen dabei vor allem eine höhere Bezahlung (49 Prozent ), kulturelle Vielfalt (48 Prozent), Entwicklungschancen (41 Prozent ) und Flexibilität (40 Prozent). Dennoch haben 88 Prozent der befragten Mitarbeitenden Bedenken, diesen Schritt zu wagen. Hauptsächlich geht es dabei um Sprach- oder kulturelle Barrieren (41 Prozent ), das Arbeiten über verschiedene Zeitzonen hinweg (36 Prozent), steuerliche und rechtliche Aspekte sowie intransparente Gehaltsstrukturen (je 30 Prozent).
Neben diesen Herausforderungen identifiziert die Studie auch mögliche Lösungsansätze, mit denen Unternehmen sich auf die Integration internationaler Arbeitskräfte vorbereiten können:
1. Inklusive Arbeitsumgebung als Erfolgsfaktor
Eine diverse und internationale Arbeitswelt fordert von der Führungsetage neue Maßnahmen, um unterschiedlichen Perspektiven wie Sprache und kulturellen Feinheiten gerecht zu werden. Zur Förderung der Gleichberechtigung in globalen Teams möchten die Mitarbeiter, dass Führungskräfte Unternehmensupdates (49 Prozent) und All-Hands-Meetings zeitlich und sprachlich so ausrichten, dass sie für alle zugänglich und verständlich sind.
2. Interkulturelle Führung und Schlüsselkompetenzen
Um internationale Teams zu führen, bedarf es der gezielten Förderung und Entwicklung bestimmter Führungskompetenzen. So halten die befragten Angestellten Flexibilität (56 Prozent), Kreativität und Problemlösungskompetenz (53 Prozent) sowie interkulturelle Kommunikationsfähigkeit (51 Prozent) für die wichtigsten Eigenschaften, die Führungskräfte im internationalen Arbeitsumfeld haben sollten. Solche Soft Skills befähigen Entscheider, sich in ihre Belegschaft hineinzuversetzen und unterschiedliche Perspektiven nachzuvollziehen.
3. Zusammenarbeit mit Experten
Die Ergebnisse zeigen, dass viele Unternehmen Unterstützung benötigen, um die administrativen Herausforderungen des globalen Wachstums zu bewältigen. Knapp die Hälfte der Führungskräfte, die neue Märkte erschlossen haben, stellten HR- und Compliance-Experten vor Ort ein. Ähnlich viele (46 Prozent) haben Personal- oder Beratungsfirmen engagiert. Diese arbeiten häufig auf Basis des Employer-of-Record-Modells (EOR). Dabei beauftragt das expandierende Unternehmen einen EOR, um Fachleute in den Zielmärkten einzustellen und sich um die Kommunikation mit den lokalen Behörden sowie die rechtliche Abwicklung der Arbeitsverhältnisse zu kümmern.
Der EOR agiert als formeller Arbeitgeber und gibt das Weisungsrecht an das Unternehmen weiter, in dem die Kandidaten dann tätig sind. Durch die Zusammenarbeit mit Partnern, die sowohl über ein Expertenteam vor Ort als auch über die entsprechende Technologie verfügen, können diese Unternehmen sicher sein, dass sie alle wichtigen steuerlichen, rechtlichen und personalwirtschaftlichen Auflagen erfüllen, und können sich so auf die wichtigen Aufgaben des Aufbaus ihres globalen Teams und des Wachstums ihres Unternehmens konzentrieren.
4. Technologische Unterstützung durch KI und Automation
Die Kombination aus menschlichem Fachwissen und leistungsstarken technologischen Lösungen ist erfolgversprechend: So nutzen 45 Prozent der befragten Führungskräfte mit globaler Wachstumserfahrung Drittanbieter-Technologie, um neue Märkte zu erschließen. Darunter fallen auch KI-gestützte globale Beschäftigungsplattformen, die Unternehmen in vielen administrativen Prozessen bei der internationalen Personalbeschaffung unterstützen, etwa bei der Erstellung von Arbeitsverträgen unter Einhaltung lokaler Steuer- und Arbeitsrechtsvorschriften.
Eine solche Automatisierung von Routineaufgaben entlastet zusätzlich das HR-Fachpersonal, dem somit mehr Zeit bleibt, um Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Unternehmenskultur zu ergreifen. Durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben sinkt zudem die menschliche Fehlerquote. Teils binden solche Lösungen auch generative KI ein, die in Form von Chatbots rund um die Uhr spezifische steuer-, personal- oder arbeitsrechtliche Fragen beantwortet.
Internationale Talente als Schlüssel zu Wachstum
Ein globaler Ansatz bei der Personalbeschaffung erweist sich angesichts des wachsenden Fachkräftemangels als strategisch kluger Schachzug für Unternehmen. Die Automatisierung von HR-Prozessen durch globale Beschäftigungsplattformen in Verbindung mit professioneller menschlicher Expertise und Beratung, ermöglicht es Unternehmen, schnell fundierte und intelligente Entscheidungen zu treffen. Auf diese Weise kann der Einsatz von Technologie dazu beitragen, die Fachkräftelücke im IT-Sektor zu schließen und zukünftiges Wachstum für Unternehmen unabhängig von ihrer Größe oder Branche zu sichern.
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