Beförderung statt Neueinstellung

So rekrutieren Sie intern

16.12.2021
Von 
Christina Wood schreibt als freiberufliche Autorin unter anderem für unsere US-Schwesterpublikationen CIO.com, InfoWorld.com und CSO Online.
Ihren vorhandenen Mitarbeitern neue Jobchancen zu ermöglichen, kann Moral, Mitarbeiterbindung und Ihre Personalarbeit insgesamt voranbringen. Lesen Sie, was Sie dabei unbedingt beachten sollten.
Wenn es darum geht, Schlüssel- und Führungspositionen zu besetzen, sollten Sie interne Talente nicht vergessen. Das gilt es beim Recruitment "von innen" zu beachten.
Wenn es darum geht, Schlüssel- und Führungspositionen zu besetzen, sollten Sie interne Talente nicht vergessen. Das gilt es beim Recruitment "von innen" zu beachten.
Foto: Vlad1988 - shutterstock.com

Wenn es darum geht, offene Stellen zu besetzen, streben viele IT-Führungskräfte danach, einen "Rockstar" anzuheuern. Dieser soll nicht nur alle gesuchten Kriterien erfüllen, sondern auch technisches Knowhow mitbringen, das in der derzeitigen Belegschaft noch nicht weit verbreitet ist. Dabei übersehen viele Entscheider unter Umständen eine bessere Lösung: IT-Profis, die sie bereits beschäftigen. "Wenn Sie Mitarbeiter aus den eigenen Reihen befördern, heben Sie die Moral im gesamten Unternehmen", ist Andy Byron, President bei Lacework, überzeugt. "Für andere Teammitglieder ist das ein Zeichen, dass sich das Unternehmen für das Wachstum und die Entwicklung seiner Mitarbeiter einsetzt."

Diese Strategie ist zwar hervorragend geeignet, um die Mitarbeiterbindung zu stärken und sogar für die Personalbeschaffung - aber sie ist nicht frei von Risiken und Herausforderungen. Interne Talente für neue Jobrollen in Erwägung zu ziehen, kann auch nach hinten losgehen - etwa, wenn wichtige Mitarbeiter bei der Entscheidung übergangen werden oder der scheinbar perfekte Kandidat sich nachträglich als eher ungeeignet erweist. Es gibt jedoch Strategien, um mit diesen Problemen umzugehen. Um Sie bei der internen Rekrutierung zu unterstützen, haben wir mit CIOs, Tech-Spezialisten und anderen Experten gesprochen, die diese Kunst bereits gemeistert haben.

Befördern oder neu einstellen?

Die Entscheidung, wie eine offene Stelle besetzt wird, ist jedes Mal eine Einzelfallentscheidung. Manchmal ist es offensichtlich, dass Sie neue Mitarbeiter einstellen müssen - zum Beispiel, weil Sie einfach nicht genug Personal haben. "Vielleicht müssen Sie auch eine technische Lücke im Unternehmen füllen", ergänzt John Roman, CIO der Bonadio Group. "Wenn Sie zum Beispiel eine RPA-Initiative starten, brauchen Sie unter Umständen einen ausgewiesenen Experten, der sofort loslegen kann."

Einen externen Kandidaten mit den benötigten Skills aufzutun, ist oft alles andere als einfach. Und es hat Auswirkungen, die Sie in Ihre Entscheidungsfndung einfließen lassen sollten: "Fragen Sie sich zunächst einmal, ob Sie wirklich ein Rockstar-Unicorn brauchen", schlägt Susanne Tedrick, Cloud-Computing-Spezialistin bei Microsoft vor. "Es hat auch einen Grund, warum diese Spezies so genannt wird: Sehr wahrscheinlich gibt es sie gar nicht. Und wenn doch, wird es vermutlich lange dauern, sie zu finden und Sie anschließend eine ganze Menge Geld kosten. Besser ist es, sich auf die unmittelbare, kurzfristige Zukunft zu konzentrieren und zu überlegen, was Sie brauchen. Schauen Sie sich die derzeitigen Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter an und fragen Sie sich, ob diese mit der neuen Herausforderung zurechtkämen. Wäre es überhaupt eine Herausforderung? Und wo bestehen Möglichkeiten, mit Weiterbildung nachzuschärfen?", empfiehlt Tedrick.

Diese Vorgehensweise ist aufwändiger, als eine Stellenanzeige zu verfassen - kann sich in Bezug auf die Personalbeschaffung aber positiv auswirken: Wenn die Menschen gerne für Ihr Unternehmen arbeiten, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie andere Karrierewege beschreiten, um voranzukommen. "In jedem Kündigungsgespräch, das ich geführt habe, wurden mangelnde Karriereausblicke und Mobilität als Gründe für den Weggang genannt. Dieser Eindruck manifestiert sich auch beim Blick auf die Daten", weiß Mari Kemp, Senior Vice President of HR bei Ease.

Davon abgesehen, ist die Arbeit mit der bloßen Einstellung eines Rockstar-Unicorns längst nicht getan: "Einer der wichtigsten Vorteile einer internen Beförderung: Sie bekommen jemanden, der Ihre Systeme, Applikationen, Ihr Netzwerk und Ihre Benutzer versteht", gibt Matt Radolec, Senior Director of Security Architecture and Incident Response bei Varonis, zu bedenken. "Darüber hinaus können interne Kandidaten eine Leidenschaft und Hingabe zur Unternehmensmission mitbringen, die sich nicht so einfach ersetzen oder nachbilden lässt."

Dennoch sollten Sie den Grundsatz der Einzelfallentscheidung verinnerlichen: "Wir starten immer mit einer Analyse, wen wir von innen heraus befördern können", konstatiert Zack Rosen, Mitbegründer und CEO von Pantheon. "Aber man muss kalkulieren. Das ist ein Grund, warum Führung so schwierig ist - das sind Entscheidungen, bei denen es um alles oder nichts geht."

Wen Sie befördern sollten

Sehr wahrscheinlich besteht Ihr Team aus Mitarbeitern, die befördert werden können, und solchen, die nicht befördert werden wollen oder nicht bereit sind, aufzusteigen. Darauf zu warten, dass Einzelne um eine Beförderung bitten, ist allerdings kein guter Filter, um herauszufinden, wer in welche Kategorie fällt: Manche Menschen sind ambitioniert, haben aber keine Skills. Andere wiederum sind zurückhaltend, würden sich aber hervorragend als Führungskraft eignen. Um den Sprung zu schaffen, ist in den meisten Fällen Mentoring oder Training nötig.

"Ich verlasse mich darauf, dass meine leitenden Angestellten mir sagen, wer förderungswürdig ist", meint Roman. "Wir suchen nach Leuten, die Persönlichkeit, Motivation und Antrieb mitbringen. Wir können Menschen in Technologie schulen, aber Motivation und Hingabe kann man nicht trainieren."

Aber nur weil jemand gut geeignet ist, heißt das nicht, dass er auch befördert werden will. Vor allem in der Tech-Branche gibt es viele Menschen, die kein Interesse an Führungsverantwortung haben, sondern nur ihre technischen Skills verbessern wollen. Auch bei solchen Mitarbeitern lässt sich jedoch unter Umständen eine Entwicklung anstoßen: "Schlagen Sie zum Beispiel eine Rolle wie Projektmanager vor. Das ist eine Kombination aus technischem und menschlichem Management, aber keine wirkliche Führungsaufgabe. Vielleicht entwickelt der Kandidat im Laufe der Zeit den Wunsch, zu führen. Bis es so weit ist, haben Sie einen Projektleiter", empfiehlt Roman.

Wo die Gefahr lauert

Wenn Sie eine Stelle sowohl für interne als auch für externe Bewerber öffnen, setzen Sie Ihr Team möglicherweise einer großen Enttäuschung aus: "Es hat etwas sehr Demoralisierendes, wenn sich interne Kandidaten bewerben und am Ende ein externer Kandidat den Job bekommt. Oft verlassen die internen Bewerber, die die Stelle nicht bekommen haben, das Unternehmen", meint Steve Fairbanks, Chief Technology Officer bei O.C. Tanner. Er weist darauf hin, dass es wichtig sei, dieses Szenario bereits im Vorfeld der Entscheidung zu berücksichtigen: "Kommunizieren Sie Wertschätzung und betonen Sie, dass sich - unabhängig davon, wer die Stelle bekommt - in Zukunft weitere Aufstiegsmöglichkeiten bieten werden.

Es gibt jedoch einen Weg, unangenehme Gespräche über Beförderungen zu meistern, und zu verhindern, dass verärgerte Teammitglieder einen Weggang ins Auge fassen. Dazu sollten Sie Ihre Stellenbeschreibungen überprüfen, Karrierewege für jedes Teammitglied aufzeigen und diese Pläne Mitarbeitern und Managern deutlich machen: "Beförderungen sollten keine Ad-Hoc-Entscheidungen sein. Erstellen Sie eine Roadmap für Beförderungen. Tun Sie das nicht, denken die Mitarbeiter, die Führungskraft treibt ihre Karriere voran, während die Führungskräfte denken, der Mitarbeiter treibt sie voran. So kann nie eine gesunde Diskussion über berufliche Weiterentwicklung entstehen", sagt Kemp.

Upskilling ist Pflicht

Varonis-Experte Radolec glaubt an den Aufbau von Fähigkeiten von oben nach unten und hat diesen Ansatz genutzt, um ein ganzes Team für die Bildung einer neuen Abteilung zu qualifizieren: "Wir hatten ein internes Sicherheitsteam, wollten aber ein weiteres Team für den Kunden-Support aufbauen. Aus Technologen, die auf Active Directory oder Systemtechnik spezialisiert waren, wurden Sicherheitsexperten. Dazu haben wir alles, womit sie im Alltag konfrontiert werden, in einem intensiven, 90-tägigen Trainingsprogramm gebündelt, klein angefangen und durch kontinuierliches Upskilling unser Ziel erreicht."

Dieser Ansatz könne verwendet werden, um eine Person in eine Rolle zu befördern, für die sie noch nicht die nötigen Fähigkeiten hat, meint Tedrick: "Vielleicht verfügt ein Mitarbeiter nur über die Hälfte der Qualitäten, die Sie sich für die Stelle wünschen. Statt einen externen Kandidaten einzustellen, sollten Sie dafür sorgen, dass der Mitarbeiter sich die fehlenden Skills aneignen kann."

Bias unerwünscht

Wenn Sie Ihr Team betrachten und niemanden sehen, von dem Sie glauben, dass er bereit ist, eine Führungsrolle zu übernehmen, sollten Sie Ihre Perspektive auf den Prüfstand stellen: Betrachten Sie eventuell nur diejenigen, von denen Sie denken, dass sie bereit sind?

"Wir ermutigen Führungskräfte dazu, nicht nur auf einen bestimmten Typus von Menschen zu fokussieren", so Kemp. "Männliche Führungskräfte gehen zum Beispiel oft automatisch davon aus, dass andere männliche Führungskräfte für eine Beförderung bereit sind. Wir helfen ihnen, auch die Frauen in ihrer Abteilung in den Blick zu nehmen."

Vor allem, wenn es um Führungspositionen geht, belegen Zahlen, dass die Personen, die die Beförderung vornehmen, Männer klar bevorzugen. "Sobald wir über das Senior- und Executive-Level sprechen, lässt der Diversity-Fokus nach", bestätigt Tedrick. "Sprechen Sie mit den Frauen. Sprechen Sie mit den unterrepräsentierten Personen in Ihrer Abteilung. Wie sehen deren Karrierepläne aus? Es liegt in der Verantwortung des CIO beziehungsweise der Führungskraft, die Mitarbeiter bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen und ihnen die entsprechende Entwicklung zu ermöglichen." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.