Konflikte sind nicht immer schlecht. Vielmehr können sie Mitarbeiter produktiver machen und stärker an das Unternehmen binden. Vorausgesetzt, man geht richtig mit Konflikten um, schreibt Sharon Florentine von unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com. Der Schlüssel: Immer professionell bleiben und daran denken, empathisch zu sein, sagt Piera Palazzolo, Senior Vice President von Dale Carnegie Training.
"Das wichtigste ist, im Kopf zu behalten, dass Konflikte nicht an sich negativ sind", sagt Palazzolo. Auch wenn Auseinandersetzungen unangenehm sind und eine Störung darstellen, können sie auch ein Anzeichen dafür sein, dass die Mitarbeiter motiviert, engagiert und leidenschaftlich bei der Arbeit sind und dass sie alles daran setzen, dass das Unternehmen erfolgreich ist, sagt sie.
- Konflikte zwischen Mitarbeitern moderieren
Wo Leute zusammenarbeiten, bleiben Konflikte nicht aus. Wie sich Führungskräfte dabei verhalten sollten, erfahren Sie hier: - 1. Schritt: Das Ziel klären
Erklären Sie den Konfliktparteien, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass wie in einer Therapie alle Emotionen und Erfahrungen in der Vergangenheit aufgearbeitet werden; auch nicht in der Form, dass wie in Betrieben oft üblich, der Konflikt ignoriert oder durch formale Regelungen zugedeckt wird. Nein, die Arbeitsbeziehung soll neu ausgehandelt und so geregelt werden, dass beide Mitarbeiter gut damit leben und ihren Job besser machen können. Dabei lautet die Maxime: Kein Beteiligter muss einer Lösung zustimmen, die ihn zum Verlierer macht. - 2. Schritt: Regeln festlegen
Definieren Sie mit den Konfliktpartnern Regeln für die Moderation. Zum Beispiel:<br><br> - Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.<br> - Diese werden nach dem Prinzip "Geben und Nehmen" ausgehandelt.<br> - Die Absprachen werden schriftlich fixiert.<br><br>Vereinbaren Sie mit den Konfliktpartnern auch, worüber Vertraulichkeit gewahrt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. Klären Sie zudem Ihre Aufgaben als Moderator. - 3. Schritt: Wünsche und die dahinterstehenden Bedürfnisse sammeln
Sind die Formalien geklärt, können Sie die Beteiligten zum Beispiel bitten, auf einem Formblatt folgende Fragen zu beantworten: <br><br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes häufiger/anders tun würden: .... weil…" <br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes seltener/nicht mehr tun würden: ....weil…" <br> "Behalten Sie folgende Aktivitäten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: ...." - 4. Schritt: Verständnis klären
Die ausgefüllten Formblätter können Sie entweder kopieren oder so aufhängen, dass sie jeder lesen kann. Bitten Sie die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche des jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren. "Sie wollen, dass ich ..." Der andere soll die Aussage entweder bestätigen oder korrigieren. Bitten Sie als Moderator sofern nötig, um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständnis sicherzustellen. - 5. Schritt: gemeinsam Lösungen suchen
Hier ist das Brainstorming die Technik der Wahl, denn sie ermöglicht es allen Beteiligten, optimal zur Lösung beizutragen. Zudem sollte das Suchen und Sammeln der möglichen Elemente einer Lösung frei von (vorschnellen) Bewertungen erfolgen. - 6. Lösungen bewerten und aushandeln
Nach dem Sammeln können beide Konfliktparteien anhand ihrer Forderungen die Lösungsvorschläge markieren, die ihnen am ehesten geeignet erscheinen. Bitten Sie die Konfliktparteien anschließend, sich wechselseitig Angebote zu machen. - 7. Schritt: Absprachen treffen und Protokoll erstellen
Notieren Sie alle getroffenen Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen und schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit geschildert werden, ist denkbar. Das sollten Sie zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei müssen Sie aber Fingerspitzengefühl zeigen und darauf achten, dass sich kein Druck aufbaut. - 8. Schritt: Abschließen und Folgetermin vereinbaren
Die bei Konfliktmoderationen getroffenen Vereinbarungen erscheinen Außenstehenden oft unbedeutend. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil Emotionen daran hängen. Folglich muss die Umsetzung der Abmachungen auch nachhaltig sichergestellt werden, damit alte Wunden nicht erneut aufgerissen werden. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden.
"Natürlich neigt man dazu, zu glauben, dass alles in Ordnung ist, wenn es gerade rund läuft, aber das ist nicht immer so. Vielleicht spielen die Mitarbeiter nur mit, damit es keinen Ärger gibt - und sie sind nicht so engagiert bei der Sache, wie sie es sein könnten", sagt Palazzolo.
Wenn es Konflikte gibt, zeige das, dass die Mitarbeiter sich um die Sache kümmern; dass sie engagiert sind und dass sie willens sind, für ihren Standpunkt einzutreten und für ihren Erfolg bei der Arbeit. "Der Trick ist, den Konflikt richtig anzugehen und dass er so genutzt wird, dass die Firma davon profitiert: So kann man verschiedene Standpunkte sehen, unterschiedliche Herangehensweisen an Probleme erkennen und gleichzeitig Innovation und ungewöhnliche Denkweisen fördern", so Palazzolo weiter.
Konflikt = Kooperation
Mit anderen Worten: Eine Führungskraft sollte sicherstellen, dass alle Streitereien letztlich zu einer besseren Zusammenarbeiter führen. Das schreiben Yves Morieux und Peter Tollman in ihrem Buch "Six Simple Rules: How to Manage Complexity Without Getting Complicated."
Sie argumentieren, dass Streit auch ein Zeichen von Kooperation sein kann: Die Mitarbeiter verrichten dadurch den Knochenjob, damit das Unternehmen besser wird, agiler und konkurrenzfähiger.
Mit der Zeit kann ein Konflikt, der Spannungen zwischen Mitarbeitern verstärkt, die Mitarbeiter sogar glücklicher machen. Letztlich profitiert das Unternehmen davon, weil es erfolgreicher wird.
Glück kommt mit dem Konflikt
"Mehr Kooperation - und manchmal mehr Konflikte - bewirken, dass die Mitarbeiter glücklicher sind. In einer trägen Organisation, die sich nur langsam ändert, werden die Mitarbeiter schnell frustriert, weil ihre Arbeit keine Auswirkungen hat. Wenn man Meinungsverschiedenheiten auch zulässt und manchmal sogar fördert, werden die Mitarbeiter wütend, streiten miteinander - und das macht sie am Ende glücklicher. Denn am Ende haben sie durch den Streit eine schwierige Aufgabe erledigt, die tatsächlich einen Unterschied macht", schreiben Morieuy und Tollman.
Das heißt nicht, dass sich eine Führungskraft zurücklehnen kann und den Mitarbeitern beim Streiten zusehen sollte. Ein Konflikt muss produktiv und konstruktiv gehandhabt werden, sodass alle davon profitieren, und dass die Unternehmensziele vorangebracht werden, sagt Palazzolo.
Empathie vor!
Das erste, woran jeder denken sollte, ist Empathie, sagt Palazzolo. Man muss dafür offen sein, dass andere Menschen andere Standpunkte haben, und man muss das respektieren - auch, wenn man anderer Meinung ist. Und man sollte sicher gehen, dass Streit im beruflichen Zusammenhang bleibt und nicht zu einer persönlichen Attacke wird.
Nicht persönlich werden
"Wer in einen Streit verwickelt ist, egal, ob er ein Projekt betrifft oder ein genereller Disput über die Arbeitseinstellung oder Überstunden, sollte sicherstellen, dass er nicht persönlich wird. Die Argumente sollten immer auf einer professionellen Ebene bleiben", sagt die Trainerin. "Eine gute Frage, die man sich stellen kann, um das zu erreichen, wäre "Welchem Aspekt kannst du nicht zustimmen? Hinter welchem Teil der Strategie stehst du nicht?"
Palazzolo rät auch, das "große Ganze" im Blick zu behalten, wenn man versucht, einen Konflikt beizulegen. Manchmal kann das Ziel, das man erreichen will, im Kleinklein des Alltags verloren gehen.
"Wer einen Konflikt beilegen will, muss sicher gehen, dass das Ziel im Hinterkopf bleibt. Und er sollte sicherstellen, dass die Auseinandersetzung nicht wegen der Erwartungen des Unternehmens oder des großen Projektumfangs entsteht. Eine Führungskraft sollte sich fragen, ob nicht vielleicht die Strategie selbst falsch ist. Wissen alle im Team, was überhaupt das Ziel ist und kennen sie ihre Rollen und die Erwartungen, die an sie gestellt werden?", fragt Palazzolo. Wenn nicht, sollte sich der Chef fragen, ob er dem Projekt die richtige Zielrichtung gegeben hat.
Gleichzeitig sollten Führungskräfte darauf achten, genug Feedback vom Team zu bekommen, rät Palazzolo. Indem ein Manager offene Diskussionen fördert, die auch konstruktive Kritik beinhalten, kann das unnötige Streitereien verhindern - und das erleichtert es, unausweichliche Streitigkeiten besser zu handhaben.