In Unternehmen stieg die Anzahl der installierten Arbeitsplatzcomputer auf aktuell 32 Millonen kontinuierlich an. Die Energieeffizienz der IT-Systeme - speziell der Rechnenzentren, aber auch der IT-Arbeitsplatzgeräte - ist somit ein zunehmend wichtiger Teil einer nachhaltigen Firmenstrategie.
Dem starken Wachstum der vergangenen Jahre insbesondere im Hinblick auf die Anzahl und Vielfalt der Geräte steht erfreulicherweise eine deutliche Effizienzsteigerung pro Gerät gegenüber, die aber ähnlich wie im Autoverkehr das Gesamtvolumen nicht reduziert.
- Standard-Notebook
Trotz höherer Leistung ist der Energieverbrauch bei Standard Notebooks gesunken. - Highend-Notebook
Im Normalbetrieb ist der Stromverbrauch bei hoch performanten Highend Notebooks aufgrund der extrem hohen Rechenleistung gestiegen. Nur bei minimaler Nutzung lässt sich eine Reduktion feststellen. - TFT-Monitor
Moderne TFT Monitore sind deutlich energiesparender als noch vor 5 Jahren. Auch im Sleep Modus wird minimal Strom verbraucht. Abschalten ist daher bei Elektrogeräten grundsätzlich empfehlenswerter als der Standby-Betrieb.
Wie in vielen anderen Bereichen auch, entstehen Herstellerangaben meist unter Laborbedingungen und spiegeln somit nicht immer den tatsächlichen Energieverbrauch wieder.
Wie viel Energie bestimmte Modelle im täglichen Einsatz konsumieren, ist den meisten Anwendern und Unternehmen in der Regel nicht bekannt.
Den Stromverbrauch messen
Den Energieverbrauch allein über die Energieeinstellungen des Betriebssystems zu regulieren ist relativ schwierig. Aus diesem Grund bieten verschiedene Hersteller Softwarelösungen für PC-Power-Management an. Die Fortgeschrittenen darunter erlauben es den Netzwerk-Administratoren, die erzielten Energieeinsparungen zu erfassen und das Power-Management an die individuellen Bedürfnisse der Benutzer anzupassen, indem sie beispielsweise automatisch den Computer in den Standby-Modus versetzen und die Möglichkeit anbieten, diesen bei Bedarf wieder aufwecken zu können.
Die Einführung einer solchen Lösung ist allerdings - abhängig von der Größe eines Unternehmens und Mitarbeiterzahl - mitunter eine recht kostspielige Investition. Hinzu kommt, dass die zugrunde liegenden Parameter in der Regel allgemeingültig definiert sind und nur eine Tendenz wiedergeben, die oft weit entfernt von dem tatsächlichen Stromverbrauch ist.
Die große Frage ist also - Wie kann man den Energieverbrauch eines IT-Arbeitsplatzes selbst bestimmen?
Die Bestandsaufnahme
Um ein eigenes Power-Management-Projekt ins Leben zu rufen, stehen - wie immer - Konzeption und Planung an erster Stelle. Zunächst wird der Energieverbrauch der Computerarbeitsplätze analysiert. Um eine verlässliche Messmethode zu entwickeln, ist es wichtig die unterschiedlichen Gerätetypen in einem Unternehmen zu erfassen, um so die Basis für die Ermittlung der Hauptenergieverbraucher zu schaffen.
Welche PC/Notebooks/Monitore werden eingesetzt?
Was verbrauchen diese und wie ist die Altersstruktur?
Wie häufig sind diese Geräte im Unternehmen vorhanden?
Welchen Einfluss haben mobile Endgeräte und IT-Zubehör?
Darüber hinaus sollte festgestellt werden welche Nutzergruppen im Unternehmen vorhanden sind und wie sich diese im Hinblick auf die Nutzung verhalten.
Haben alle Mitarbeiter dieselben oder überhaupt irgendwelche Power Settings eingestellt?
Sind unterschiedliche Software-Programme im Einsatz?
Wie ist die Laufzeit der Rechner (nur 8 Stunden oder laufen PC / Laptops 24 Stunden am Tag)?
Wie ist das Verhältnis von mobilen Nutzern (Vertrieb, Beratung, …) zu stationären Nutzern (Administration, Entwicklung, …)
Die Analyse
Nun kann eine optimale Testgruppe zusammengestellt werden, um möglichst repräsentative Durchschnittswerte zu erhalten.
Typische Testkandidaten in einem IT Unternehmen wären:
Mitarbeiter die viel mobil tätig sind, wie Sales oder Consulting Mitarbeiter ausgestattet mit einem sehr leichten Notebook, einem Tablet und einem Smartphone
Entwickler mit einem leistungsstarken PC, zwei Bildschirmen und einem Smartphone.
Wichtig ist, dass die Testgruppe sich aus einem möglichst repräsentativen Verhältnis aus Nutzergruppen zusammensetzen und dass die meist genutzten Gerätetypen vertreten sind. Diese sollten etwa 90 Prozent des Bestandes ausmachen.
Der Test wird im Alltagseinsatz mit Hilfe eines Strommessgerätes durchgeführt. Zu empfehlen wäre hierbei der Einsatz eines netzwerkfähigen Messgerätes, welches die Daten mittels SNMP übermittelt und auf einem Server speichert.
Die Ergebnisse der Messungen werden dann zum Aufbau einer Datenbank genutzt. Ein permanenter Einsatz solcher Messgeräte an allen Arbeitsplätzen im Unternehmen wäre zwar theoretisch die genauste Methode, ist allerdings wenig kosteneffizient.
Die Auswertung
Die in der Datenbank hinterlegten Verbrauchswerte für die unterschiedlichen Energiezustände wie Idle oder Productivity dienen nun zur bequemen Hochrechnung des Energieverbrauchs.
An dieser Stelle lohnt sich der Vergleich zwischen Herstellerangaben und Messergebnissen - denn je nach Nutzerverhalten des jeweiligen Anwenders können hier schon einige Prozent Differenz vorhanden sein. Durch diesen Abgleich gewinnt man ein Gefühl von der Größe der Abweichung und kann so künftig auf diese Werte zurückgreifen.
Mit den Erkenntnissen der Messungen, lässt sich nun folgende vereinfachte Formel ableiten um den Energieverbrauch zu ermitteln:
Energieverbrauch (E) =
Leistung "Durchschnittswert Messungen" (PON,avg,model_PC) *
Aktive Stunden im Monat(WH4weeks) +
Durchschnittswert aus dem Energiezustand "OFF" und "SLEEP" beruhend auf Herstellerangaben (POFF,avg,modelPC) *
Stunden inaktiv
Auf ein Notebook der älteren Generation angewandt lautet die Formel:
Energieverbrauch (E) = 34,83 W * 140 h + 1,24 W * 532 h = 5535,88 Wh
Das Beispiel bezieht sich auf einen Berechnungszeitraum von vier Wochen und eine Stundenwochenzahl (aktive Rechnerzeit) von 35 Wochenstunden (40 Stunden - eine Stunde Pause am Tag).
Eine Alternative wäre, einen statistischen Durchschnittswert zugrunde zu legen (WH4weeks * Active Ratio) oder, wenn vorhanden, technische Aufzeichnungen aus einem System Management Tool wie z.B. SCCM zu nutzen.
Die Berechnung des Energieverbrauchs der Monitore erfolgt analog.
Tablets und Smartphones können über die Anzahl der Ladezyklen in die Berechnung mit einbezogen werden.
Da der Energieverbrauch von Zubehör wie Headsets, Tastaturen und Mäuse im Vergleich zu PC/Notebooks/Monitoren sehr gering ist, wurde dieser in der Betrachtung vernachlässigt. Man könnte sich hier jedoch auch auf Herstellerangaben beziehen und diese hinzunehmen.
Um den Gesamt-Energieverbrauch der IT-Arbeitsplätze des Unternehmens zu erhalten, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Man wendet die Formel auf die Geräte in der Testgruppe an um den Verbrauch pro Gerätetyp / Hersteller zu ermitteln. Im letzten Schritt multipliziert man das Ergebnis mit der Nutzung / Nichtnutzung in Stunden und Anzahl der Geräte im Unternehmen.
Die Maßnahmen
Die Erkenntnisse aus der Analyse können als Basis für den Aufbau einer eigenen Datenbank mit charakteristischen Energieverbrauchswerten dienen, aber auch um eingesetzte Power-Management-Softwarelösungen oder einen definierten Windows Power Plan zu hinterfragen oder zu optimieren.
Man gewinnt ein Gefühl dafür, in wie weit den Herstellerangaben eine reale Arbeits- / Nutzungssituation zu Grunde liegt, beziehungsweise wie weit es hier Diskrepanzen gibt.
Schnell wird erkannt, dass ein Austausch alter Geräte und wenig oder nicht genutzter Geräte und Zubehör durchaus eine sinnvolle Maßnahme sein kann, um den Stromverbrauch der IT-Arbeitsplatzumgebung zu reduzieren beziehungsweise zu einer intelligenten Nutzung beizutragen. Der Lebenszyklus eines Mitarbeiterarbeitsplatzes kann so nachhaltig optimiert werden.
Selbstverständlich heißt das nicht, dass alte Geräte generell verbannt werden sollten, denn auch bei der Produktion und Entsorgung werden Energie und Ressourcen eingesetzt. Allerdings könnte man zum Beispiel überlegen, ältere noch einsatzfähige Computer an wenig genutzten Arbeitsplätzen einzusetzen. Ein stets mobiler Mitarbeiter wie zum Beispiel ein Sales-Mitarbeiter, der fast ausschließlich beim Kunden vor Ort ist, könnte an seinem wenig genutzten stationären Büroarbeitsplatz beispielsweise einen älteren Monitor einsetzen.
Generell ist Transparenz der erste Schritt zu nachhaltigerem Verhalten.
Lassen Sie ihre Mitarbeiter an ihren Maßnahmen teilhaben
Rufen sie aktiv zur Mitarbeit an den Messungen auf
Veröffentlichen Sie intern ihre Testergebnisse und Erkenntnisse in ihrem Intranet oder internen Social Media Kanälen
Organisieren Sie Informationsveranstaltungen
Veröffentlichen Sie einfache Tipps zum Stromsparen
Schaffen Sie Beispiele, um die Bedeutung eines Watts klar zu machen
Nur wenn Mitarbeiter wissen was ihr Verhalten bewirkt, kann ein Bewusstsein für das Thema geschaffen und das Verhalten langfristig geändert werden.
Und lassen Sie mich an dieser Stelle noch mit einem weitverbreiten Mythos aufräumen - für alle, die es noch nicht wussten: Animierte Bildschirmschoner sparen keinen Strom. Bildschirmschoner hatten früher den Zweck, das Einbrennen eines Bildes bei älteren Röhrenmonitoren zu verhindern. Bei modernen TFT-Bildschirmen sind sie überflüssig und können beispielsweise durch die Berechnung aufwendiger 3D-Animationen sogar mehr Strom verbrauchen als der Normalbetrieb des Computers. Der kurzfristige Standby-Betrieb des Displays oder das Abschalten des Bildes sind hier die besseren Alternativen.
- Der dunkle Recycling-Irrweg
Weltweit agierende illegale Netzwerke machen Milliardengewinne mit Elektroschrott: Kein Mensch und auch keine Behörde, kann wohl genau nachvollziehen, wo seine in gutem Glauben bei Mülldeponien oder Entsorgungsunternehmen abgegebenen Elektrogeräte endgültig landen. - Der dunkle Recycling-Irrweg
Ein unsortierter Haufen von Elektrogeräten und Kleinteilen landet im besten Fall bei einem ausgewiesenen Recycling-Spezialisten in Europa. - Der dunkle Recycling-Irrweg
Professionelle Recyclingfirmen sortieren die vorhandenen Geräte und führen sie der Rohstoffverwertung zu. - Der dunkle Recycling-Irrweg
Jährlich verlassen aber tausende von Containerschiffen mit Elektroschrott Europa. Das schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch der Wirtschaft. - Der dunkle Recycling-Irrweg
Die Container sind vollgepackt mit offiziell funktionsfähigen Geräten, denn sonst dürften sie Europa nicht verlassen. Wenn auch nur ein Gerät im Container nicht funktionsfähig ist, ist der Transport illegal. Kontrollen solcher Container sind nur stichprobenartig machbar. - Der dunkle Recycling-Irrweg
In Spanien klauen zum Beispiel Menschen alte Elektrogeräte direkt von den Wertstoffhöfen. Sie zerlegen diese und verkaufen nachgefragte Rohstoffe für ein paar Euro, um zu überleben. - Der dunkle Recycling-Irrweg
In chinesischen Familienbetrieben werden Handys angezündet. Um die unterscheiden Plastiksorten zu unterscheiden, müssen die Arbeiter daran riechen. - Der dunkle Recycling-Irrweg
Die Verwertung von 50.000 zerlegten Mobiltelefonen ergibt 1 kg Gold. Noch Fragen?
Das Schlusswort: Unsere Energieressourcen sind begrenzt
Ein IT-System optimal und effektiv zu nutzen und dabei den Energieverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren ist eine komplexe Herausforderung, der sich eine moderne Organisation stellen sollte. Denn Ökonomie und Ökologie gehen hier Hand in Hand - das lässt sich gut vermarkten, spart Geld durch die Reduktion der benötigten Energie und schont somit die Umwelt.
Wie ermitteln Sie in ihrem Unternehmen den Energieverbrauch eines Arbeitsplatzes? Welche weiteren Maßnahmen konnten Sie ableiten?
Ich freue mich auf unseren Austausch und ihre Fragen. (bw)