Steve Jobs war einer, Larry Ellison und Mark Zuckerberg sind es für manchen auch: Top-Manager, die mit ihren Ideen Großes aufgebaut haben, im menschlichen Kontakt aber wenig großartige Seiten offenbaren. "Narzissmus bei Führungskräften wird zu einer Epidemie", behauptet Michael Schmitz, Professor für Psychologie und Management an der Lauder Business School.
Die Münchner Coachin Bärbel Wardetzki warnt davor, nun jeden Chef als Narzissten abzustempeln. Doch Probleme mit solch gearteten Führungskräften erlebt sie in ihrer Praxis oft. Bei einem Vortrag des Business-Netzwerks Webgrrls-bayern.de Mitte Februar in München berichtete sie von ihren Erfahrungen. Und stellte gleich klar: "Aussortieren führt leider nicht weiter. Wenn sie einen davon aussortieren, kommt der Nächste!"
Für den konkreten Umgang mit narzisstischen Chefs oder Kollegen nennt Wardetzki diese Tipps:
1. Den Mechanismus durchschauen: Narzissten verbergen hinter ihrem strahlenden Selbstbewusstsein, von dem sich viele Menschen blenden lassen, eine unsichere Seite mit Selbstzweifeln und Ängsten. Sie können andere Menschen nur grenzenlos bewundern ("Sie sind der beste Mitarbeiter, den ich je hatte!") oder massiv abwerten ("Sie sind der unfähigste Mensch, mit dem ich je zu tun hatte!"). Partner auf Augenhöhe gibt es für sie nicht.
Das heißt auch: "Echtes Lob werden sie von Narzissten nicht bekommen", so die Coachin. "Suchen sie es woanders!"
2. Die Pluspunkte verstehen: Die Wirtschaftswelt profitiert von Narzissten, weiß Wardetzki. Denn oft können diese ganze Unternehmen nach vorn bringen. Ihr Mangel an Selbstreflexion lässt kein Risikobewusstsein zu, und ihr Charisma kann ganze Belegschaften beflügeln. Damit bringen sie Innovationen voran.
Wardetzki beansprucht nicht, den Punkt zu kennen, an dem fehlendes Risikobewusstsein dasselbe Unternehmen dann auch wieder ins Desaster stürzen kann. Ihr geht es zunächst einmal darum, die positive Schubkraft von Narzissten anzuerkennen.
3. Den Narzissten als Sparring-Partner nutzen: "Denn sie zwingen uns, unser Selbstwertgefühl und unsere Kompetenz zu aktivieren", sagt die Coachin. Im direkten Kontakt können Narzissten zu einer Belastung für Mitarbeiter und Kollegen werden. "Man muss für sich selbst überlegen, wo man dem Narzissten sozusagen ein Einfallstor bietet", rät Wardetzki. Droht eine Situation zu eskalieren, hilft notfalls die Flucht aufs Klo. "Atmen sie kräftig durch, stellen sie sich wieder stabil hin", so die Coachin.
Wichtig ist, sich nicht auf Machtspielchen einzulassen. Je mehr man bei sich selbst bleibt, umso geringer die Angriffsfläche für den Narzissten. "Schalten sie das Hirn ein", rät Wardetzki.
4. Nicht ins Bermuda-Dreieck ziehen lassen: Das sogenannte Drama-Dreieck sieht drei Rollen vor. Diese lauten Opfer, Täter und Helfer. Wardetzki: "Vermeiden sie, ihr narzisstisches Gegenüber zum Täter zu machen, denn dann landen sie in der Opferrolle und werden handlungsunfähig." Aber auch die Helferrolle habe Tücken. "Helfen sie nur, wenn sie darum gebeten werden. Und nur mit der einen Frage: ,Wie kann ich dich unterstützen?` Wahren sie Distanz und bleiben sie selbst unbeteiligt."
Die Coachin führt das aus: Wenn zwischen Opfer und Täter die Aggressionen und Gegenaggressionen hin- und hergehen, wechseln diese ständig zwischen beiden Rollen. Je nachdem, wer gerade austeilt. Wer sich als Helfer einmischt, riskiert, am Ende draußen zu sein - wenn die beiden Kontrahenten sich wieder vertragen haben.
Wenn alles nichts hilft, bleibt im schlimmsten Fall nur die Kündigung, resümiert Wardetzki. "Wichtig ist, dass Sie ihren Job so machen, wie Sie es für richtig halten!"
Die Psychologin Dr. Bärbel Wardetzki arbeitet als Coachin, Psychotherapeutin und Supervisorin in München. Sie hat mehrere Bücher rund um die Themen Narzissmus und Kränkung geschrieben.