Die Zahlen sind besorgniserregend: Eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie hat gezeigt, dass im industriellen Mittelstand mehr als 90 Prozent der Unternehmen in den gestiegenen Preisen für Energie und Rohstoffe eine starke (58 Prozent) oder existenzielle (34 Prozent) Herausforderung sehen. Fast jeder zehnte Betrieb hat die Produktion hierzulande bereits gedrosselt oder unterbrochen. Und nahezu jedes vierte Unternehmen plant die Verlagerung von Unternehmensbereichen und der Produktion ins Ausland.
Die drängende Frage ist: Wie kann den Betrieben hierzulande geholfen werden, um Insolvenzen zu verhindern, Arbeitsplätze zu erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern? Zwar hat die Politik Maßnahmen wie das Energiekostendämpfungsprogramm auf den Weg gebracht, durch das energie- und handelsintensive Unternehmen mit Kostenzuschüssen unterstützt werden. Doch das allein wird nicht tragen. Ein Zurück zu billiger Energie wird es nicht mehr geben. Unternehmen müssen also selbst dafür sorgen, ihren Energieverbrauch zu drosseln.
Was viele dabei nicht auf der Rechnung haben: Die digitale Transformation kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten. Betriebe, die das Energiemanagement bereits in den Mittelpunkt ihrer Initiativen für intelligente Fabriken und die digitale Transformation gestellt haben, sind weitaus besser für die aktuellen Herausforderungen gerüstet als Unternehmen, die noch keine entsprechenden Programme initiiert haben.
Wie Daten helfen, Rohstoffe zu sparen
Energieeffizienz ist einer der wichtigsten Treiber für die Einführung des Industrial Internet of Things (IIoT). In Fabriken ist zum Beispiel der Energieverbrauch bestimmter Anlagen im Vergleich zu anderen überproportional hoch. Besonders diese gilt es zu monitoren. So kann etwa der Verbrauch von Kompressoren, Heizkesseln oder Notstromgeneratoren enorm sein. Und das abhängig von Betriebsanforderungen oder Umgebungsfaktoren wie der Außentemperatur. Allein daraus ergibt sich ein hohes Einsparpotenzial, wenn solche Anlagen stets am Betriebsoptimum gefahren werden. Wichtig ist zudem, den Maschinenpark möglichst vorausschauend zu warten, was nur möglich ist, wenn entsprechende Daten erhoben und analysiert werden.
Indem Maschinen einer Fabrik mit intelligenten Sensoren ausgestattet werden, die wiederum mit einer IIoT-Plattform kommunizieren, lassen sich auf Geräteebene bestimmte Muster beim Energieverbrauch identifizieren. Außerdem sind exakte Einblicke in den Gesamtenergieverbrauch möglich. So lassen sich wichtige Erkenntnisse zu übermäßigem Energieverbrauch gewinnen, so dass gezielt gegengesteuert werden kann.
Durch den Einsatz modernster Methoden zur Kombination und Analyse von Energieverbrauchsdaten mit Informationen aus dem Manufacturing Execution System (MES) und anderen wichtigen Anwendungen lassen sich Produktionspläne optimieren. So können sie etwa exakt mit Zeiten niedrigerer Energiekosten oder höherer Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien abgestimmt werden. Auch teure Spitzenlasten lassen sich auf diese Weise vermeiden. Denn eine einzelne Verbrauchsspitze kann die Energiekosten für ein ganzes Jahr deutlich in die Höhe treiben.
Solche Analysen lassen sich auch nutzen, um fortschrittlichere autonome Betriebsprofile zu entwickeln. So können beispielsweise mit Sensoren ausgestattete Maschinen erkennen, wann sie eingeschaltet werden und in Betrieb bleiben müssen und wann sie durch Abschaltung Energie sparen können.
Selbst produzierte Energie effektiv nutzen
Ähnliche Ansätze können von Unternehmen angewandt werden, die eigene Anlagen für erneuerbare Energien auf ihrem Firmengelände nutzen, zum Beispiel Photovoltaikmodule oder Windturbinen. Fortschritte in der Batterietechnologie ermöglichen es dabei, intelligent lokal erzeugten Strom zu speichern und zu nutzen. Hierbei ist ebenfalls IIoT-Technologie hilfreich. Denn Solarmodule, Windturbinen und Batteriespeicher sind wie jede andere intelligente Fabrikanlage zu betrachten. Daten, die sie über ihre Aktivitäten, ihren Status und ihren Zustand übermitteln, lassen sich sammeln, verwalten und analysieren.
Auch hier transferiert eine IIoT-Plattform all diese Daten aus verschiedenen Quellen zu einem einzigen, konsolidierten Ort, wo sie mit anderen Informationen kombiniert und von den Nutzern über Dashboards und Alerts eingesehen werden können. Auf diese Weise sind Betriebe in der Lage, nicht nur die Nutzung der Anlagen zu optimieren, die sie zur Energieerzeugung vor Ort einsetzen, sondern auch smartere Entscheidungen darüber zu treffen, wann und wofür sie diese Energie nutzen.
Initiativen wie das Energiekostendämpfungsprogramm verschaffen der deutschen Industrie zwar eine Atempause. Doch bei solchen Programmen handelt es sich um zeitlich befristete Maßnahmen. Langfristig gilt es jedoch, eine bezahlbare, effiziente und nachhaltige Energienutzung sicherzustellen. Zusätzlich gilt es für die deutsche Industrie, in den nächsten Jahren die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen. Ein besseres Energiemanagement leistet einen wichtigen Beitrag hierfür - und die digitale Transformation ist die beste Strategie, um dies zu erreichen. (mb)