"SAP S/4HANA ist bereits bei zwei Dritteln der SAP-Anwender gesetzt", lautet das Ergebnis einer weltweiten Befragung der Marktforscher von IDC. Demzufolge planen zwei von drei SAP-Kunden die Zukunft ihres Unternehmens mit der SAP-Anwendungssuite der nächsten Generation.
Diese Zahlen lassen sich durch umfangreiche Praxiserfahrungen bestätigen: So haben viele Unternehmen die Weichen für einen S/4HANA-Umstieg bereits gestellt, um zunächst in einem ersten Schritt ihr Rechnungswesen mit S/4HANA Finance - dem Flaggschiff der kommenden S/4HANA-Roadmap - neu zu gestalten. Damit geraten auch andere Module der herkömmlichen SAP Business Suite ins Visier der Modernisierer, darunter beispielsweise das weit verbreitete und bewährte SAP Supplier Relationship Management (SAP SRM).
Doch erweist sich im Einkaufsbereich ein S/4HANA-Wechsel als weniger attraktiv, da SAP SRM im On-Premise-Bereich durch ein funktional reduziertes Modul - SAP S/4HANA Sourcing and Procurement - ersetzt wird. So können viele SRM-Funktionen nur durch den Einsatz der Cloud-Lösung SAP Ariba abgebildet werden und nicht direkt im On-Premise-System.
Zahlreiche SAP-Anwender suchen daher nach Alternativen, um neben dem von SAP favorisierten Lösungsweg mit der Public-Cloud-Plattform von Ariba ihre Beschaffungsprozesse fit für den digitalen Wandel zu machen. Passende Optionen dafür versprechen Partner- und Drittanbieter-Lösungen - wäre da nicht das neue Preismodell von SAP, das die Anwender für die indirekte SAP-Nutzung durch Third-Party-Lösungen ("SAP Digital Access") künftig zur Kasse bittet.
Zahl der digitalen Zugriffe wächst
Befördert wurde das im April 2018 vorgestellte SAP-Lizenzmodell durch die Ausbreitung von IT-Trends, wie dem Internet der Dinge (IoT), Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Robotics und Bots. Dadurch finden immer mehr digitale Zugriffe auf SAP-Systeme statt - entweder durch Geräte, Bots und automatisierte Systeme oder durch Personen, Geräte und Systeme, die SAP indirekt über Non-SAP-Frontends, eigenentwickelte Kundenlösungen oder Anwendungen von Drittanbietern nutzen.
Abgerechnet wird dabei nach erzeugtem Dokumenttyp und aufkommensbasiert nach Belegpositionen. Bisher orientierte sich das SAP-Lizenzmodell an der Zahl der Nutzer (User) und den direkten/menschlichen Zugriffen ("SAP Human Access"), die dann erfolgen, wenn Anwender auf SAP über eine Schnittstelle zugreifen, die zusammen mit der SAP-Software oder als Teil davon bereitgestellt wird.
Obwohl SAP mit dem neuen Preismodell nach eigenem Bekunden für mehr Kostentransparenz bei indirekten Zugriffen sorgen will, wird das Thema in der Branche weiterhin kontrovers diskutiert. So kritisiert die International Association for SAP Partners (IA4SP) in einer offiziellen Stellungnahme die zum Teil erheblichen Zusatzkosten, die Kunden für die indirekte Nutzung an SAP zahlen sollen.
Dies habe wiederholt dazu geführt, dass sich SAP-Anwender gegen den Kauf von Third-Party-Applikationen entschieden haben - aus Sicht der SAP-Partnervereinigung "eine gefährliche Entwicklung, denn sie reduziert die Angebotsvielfalt und Innovationskraft im SAP-Markt". Zudem kann die indirekte Nutzung zu einem massiv unkalkulierbaren Kostenfaktor werden, da in den zunehmend heterogenen SAP-Systemlandschaften oft der Überblick fehlt, welche Dokumente überhaupt direkt von lizenzierten SAP-Nutzern und welche über Non-SAP-Anwendungen angelegt werden.
Integriertes Nutzermanagement von Vorteil
Wie wirkt sich die neue SAP-Lizenzpolitik nun auf die SAP SRM-Anwender aus? Sie müssen sich im On-Premise-Bereich entweder mit den abgespeckten Einkaufsfunktionen von S/4HANA begnügen - oder andernfalls für die Nutzung einer Third-Party-Lösung tiefer in die Tasche greifen. Eine Möglichkeit, diesem Dilemma zu entgehen, bieten intelligente Add-ons, die neben einer tiefen SAP-Integration eine flexible und damit preisgünstigere Nutzung des neuen dokumentenbasierten SAP-Lizenzmodells gewährleisten.
Ein Beispiel: Angenommen, es gibt in einem Unternehmen bereits 500 lizenzierte Nutzer, die auf die SAP-Systeme zugreifen dürfen, um Dokumente zu Einkaufsprozessen zu erstellen. Nun kommen 2.000 neue Anwender hinzu, von denen jeder durchschnittlich nur 20 Bestellpositionen im Jahr anlegt. Hat das Unternehmen im Beschaffungsbereich eine reine Drittanbieter-Lösung im Einsatz, kommt es in keinem Fall mehr an der Lizenzierung der indirekten SAP-Nutzung vorbei. Es ist dem entstehenden Belegvolumen vollständig ausgeliefert, das häufig zudem gar nicht mehr kontrollierbar ist.
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Um das Lizenzvolumen zu optimieren und Intransparenz zu vermeiden, bieten sich SAP Add-ons für den Einkaufsbereich an, die Unternehmen flexible Wahloptionen zwischen "Human Access" und "Digital Access" eröffnen. Möglich wird dies durch ein optionales Nutzermanagement-Modul, das auf einem vorgelagerten Non-SAP-Server läuft und es dem Anwender nach erfolgter Anmeldung erlaubt, nur noch indirekt mit dem SAP-System zu kommunizieren. Er hat also jedes Mal die Wahl, entweder mit dem SAP-eigenen Nutzermanagement und damit direkt mit einem SAP-User zu arbeiten oder dies indirekt über das Add-on tun - je nachdem, welche Variante die jeweils preisgünstigere ist.
Wer sein aus der Wartung laufendes SAP SRM durch ein Add-on ersetzen möchte, sollte also unbedingt darauf achten, dass dieses neben einer vollständigen SAP-Integration auch flexible Wahlmöglichkeiten zwischen direkter und indirekter SAP-Nutzung bietet. Nur so ist gewährleistet, dass sich ein Unternehmen im Einkaufsbereich nicht ausschließlich auf die neudefinierte digitale SAP-Nutzung beschränken muss, wie es bei einer reinen Drittanbieter-Lösung der Fall wäre.
Wer zwischen dem SAP-integrierten und dem ausgelagerten Nutzermanagement switchen kann, ist in der Lage, das strittige neue SAP-Lizenzmodell zu seinen Gunsten zu verwenden oder, wie es Andreas Oczko, Vorstand der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) in einer offiziellen Stellungnahme fordert, "ein echtes, atmendes Modell auf der Basis eines Pay-per-Use-Ansatzes zu entwickeln".