Mehr denn je sind CIOs, CDOs und IT-Leiter in diesem Jahr gefordert, mit weniger mehr zu erreichen. Dies war in der Vergangenheit schon mehrfach der Fall. Doch jetzt ist diese Aufgabe aufgrund neuer Rahmenbedingungen besonders herausfordernd: Veränderte Kundengewohnheiten im Zuge der Digitalisierung, Nachwehen der Pandemie, Inflation, Lieferkettenprobleme sowie hohe Unsicherheit erhöhen den Druck auf die IT-Verantwortlichen, ihre IT-Kosten "im Griff zu behalten", wenn nicht sogar diese - entgegen dem Trend - deutlich zu senken.
Kaum strategische Handlungsoptionen
Eigentlich führen die Inflation im zweistelligen Bereich und die explodierenden Energiekosten dazu, dass die IT-Kosten in allen Unternehmen ganz automatisch ansteigen. Damit nicht genug herrscht ein eklatanter Mangel an IT-Fachkräften, der durch die Alterspyramide mit den geburtenschwachen Jahrgängen weiter verschärft wird. Aus einem Arbeitgebermarkt ist mittlerweile ein Arbeitnehmermarkt geworden und aufgrund des immer stärker umkämpften Arbeitsmarktes und der inflationsbedingten höheren Gehaltserwartungen steigen auch in der IT die Personalkosten.
Der strategische Handlungsspielraum von IT-Verantwortlichen als Reaktion darauf ist entsprechend begrenzt:
Gleiches Geld ausgeben und weniger IT-Leistung bieten.
Gleiches Geld ausgeben und (durch Optimierung versuchen) das Leistungsniveau halten.
Mehr Geld ausgeben und das Leistungsniveau halten, beziehungsweise sogar auszubauen.
Vor diesem Hintergrund der beschränkten Handlungsoptionen fallen Entscheidungen umso schwerer und die meisten, wenn nicht sogar alle Verantwortlichen haben bereits Vorkehrungen getroffen. Mit einer ganzheitlichen Sichtweise über mögliche Einsparungen und die Priorisierung nach ihrem potenziellen Umfang, ihrer Machbarkeit, ihrer Geschwindigkeit und ihren Auswirkungen auf das Unternehmen gibt es oft schon bereits ein Arsenal an häufig bereits in der Umsetzung befindlichen Maßnahmen.
Alle Steine umdrehen
Gerade auch in der IT gilt es deshalb, alle Steine umzudrehen. Auch wenn es oft keine "Low-Hanging-Fruits" mehr gibt, hilft die Kenntnis des gesamten Spektrums an verfügbaren Spar- und Effizienzmaßnahmen den Verantwortlichen, proaktiv einen klaren Standpunkt zu entwickeln, welche Einsparungen (und potenziell damit verbundene Risiken) möglich sind und wann sie je nach Entwicklung der Geschäftssituation gezogen werden müssen. Dabei kann dann auch die zeitliche Wirksamkeit unterschieden werden.
Fokus | Kurzfristig | Mittelfristig |
Externe Dienstleister | - Einstellung Projektunterstützung | - Insourcing strategischer Funktionen |
Services | - Reduktion von Mengen/ Volumina innerhalb Vertragsgrenzen | - Verträge neu verhandeln |
Software | - Wartungsstopp für End-of-Life-Anwendungen | - Verzögerung oder Vermeidung von Upgrades |
Hardware | - Verbesserung der Ressourcen-Steuerung | - Verzögerung oder Vermeidung von Reinvestitionen |
Personal | - Verkürzung der Arbeitszeiten | - Vorgezogener Ruhestand |
Kernmaßnahmen zur IT-Kostensenkung
Während die IT aus dem Blickwinkel von Unternehmen meist als Fixkostenblock wahrgenommen wird, haben die meisten IT-Budgets viel Flexibilität eingebaut, um mit dem Unternehmen zu "atmen" und sich an Änderungen der Geschäftszyklen und -anforderungen anzupassen. In einer Krise ist die Nutzung dieser Flexibilität der schnellste und effektivste Weg zur Kostensenkung. Flexibilitätsbedingte Kürzungen sind exemplarisch: Projektportfolio-Bereinigung, Entlassung von Auftragnehmern, Weiterbetrieb im Einsatz befindlicher Hardware/Stopp von Anschaffung neuer Hardware oder der Wechsel zu kostengünstigeren Service-Niveaus.
Doch eins ist klar: Alle Maßnahmen haben ihren Preis - oft gerade im Business. Gerade in Krisenzeiten wird dort IT zur Digitalisierung und zur Automation mehr denn je benötigt. Wird der Rotstift zu stark angesetzt, können dort die erforderlichen Einsparungen nicht realisiert werden. Dies wiederum erfordert in Funktionen, wie der IT, mehr Einsparungen. Ein Teufelskreis beginnt.
Es gibt keinen heiligen Gral!
Die Informationstechnologie ist ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftsprozesse und damit der wesentliche Schlüssel für eine kosteneffiziente Unternehmensorganisation. Die IT bildet sowohl die Basis für die Leistungsoptimierung als auch die Grundlage für neue Geschäftsmodelle. Ein fähiger CIO kann nicht nur die laufenden IT-Kosten senken, sondern auch dazu beitragen, das Unternehmen für die Erholung und das künftige Wachstum zu positionieren. Dies kann nur situativ angepasst entlang der wesentlichen Gestaltungsparameter der Unternehmens-IT erfolgen.
Gerade die Anpassung der Sourcing-Strategie ist, neben der Neuverhandlung von Verträgen mit externen Dienstleistern, eine der vielversprechendsten Maßnahmen, um mittel- und langfristig dem in Deutschland herrschenden Ressourcen- und Kapazitätsengpass entgegenzuwirken sowie in Konsequenz die IT-Personalkosten für interne Mitarbeiter und externe Dienstleister zu senken. Die Internationalisierung der Sourcing-Strategie bietet damit nicht nur einen wesentlichen Stellhebel zur Senkung der Personalkosten, sondern kann auch dazu beitragen, dem am deutschen Arbeitsmarkt vorherrschende IT-Fachkräftemangel etwas entgegen zu halten.
Effektives IT-Kostenmanagement in sieben Schritten
Heute müssen viele IT-Verantwortliche in der einen oder anderen Form Kosteneinsparungen vorweisen. Selbst bei kurzzeitiger wirtschaftlicher Ungewissheit sollten IT-Verantwortliche darauf vorbereitet sein, Fragen zu den IT-Kosten zu beantworten. Die folgenden sieben Schritte können dabei helfen:
Der erste Schritt besteht in der Hinterlegung des abstrakten Begriffs "IT-Kosten". Die Definition umfasst meist die klassische Aufgliederung in IT-Personalkosten, IT-Sachkosten und Abschreibungen. Daraus leiten sich dann die Strukturen für die Vertiefung ab. Die IT-Personalkosten werden mit einer Verteilung des Personaleinsatzes im IT-Bereich entlang von Prozessen transparent und damit "benchmarkfähig".
Anschließend folgt die Abarbeitung und Tiefenbohrung der langen Liste klassischer IT-Kostensenkungsmaßnahmen inklusive einer Betrachtung des Veränderungsportfolios auf Basis von objektiven Informationen. An diesem Schritt werden durchaus auch Geschäftseinheiten beteiligt.
Sobald die Liste der IT-Kostensenkungsmaßnahmen und digitalen Investitionen erstellt ist, werden die Maßnahmen bewertet. Dies erfolgt in einem Workshop Setting mit der IT und den Geschäftsabteilungen. Dies führt dann meist auch zu neuen Ideen zur Kostensenkung.
Die Maßnahmen sind oft mit IT-Investitionen verbunden, deshalb sind diese im Hinblick auf ihre Kosten und ihre Umsetzungsdauer zu ermitteln und grob abzuschätzen. Das ermöglicht dann auch eine Priorisierung von Maßnahmen und die Erstellung einer Auswahlliste mit sofortigen IT-Kostensenkungsmaßnahmen ("Quick-Wins") und Maßnahmen mit längerfristiger Wirksamkeit.
Der nächste Schritt besteht in der Umsetzungsentscheidung und einem Einphasen der Maßnahmen in ein Nutzen-Controlling.
Im ersten Schritt in die Umsetzungsphase sollte zwischen "Quick-Wins" und langfristigen Maßnahmen unterschieden werden. "Quick Wins" können in Linienverantwortung und ohne umfangreiches Controlling zügig ins Ziel geführt werden. Bei langfristigen Maßnahmen hingegen ist eine Umsetzung im Projekt zwingend erforderlich, um den Mitarbeitern auch die Freiräume für eine erfolgreiche Umsetzung zu schaffen.
Der letzte und vermutlich wichtigste Schritt eines effektiven IT-Kostenmanagements ist ein striktes und konsequentes Nutzen-Controlling. Dieses ist zwingend erforderlich, um den erreichten Nutzen systematisch zu messen und diesen dann auch nachhaltig sicherzustellen. Damit die Umsetzung der Kostensenkungsmaßnahmen nicht zum "Selbstzweck" wird, sind einem erfolgreichen Nutzen-Controlling von Anfang an eine Governance mit klar definierten Prozessen und Verantwortlichkeiten vorzugeben. Dies vermeidet die häufig im laufenden Umsetzungsprozess geführte Diskussion rund um Höhe, Messbarkeit und Umsetzungsverantwortung der Einsparmaßnahmen, welche nur unnötige Kraft und Zeit kostet.
Diese sieben Schritte werden für die obigen Themen parallel für die Kerninhalte iterativ und repetitiv in "Sprints" durchlaufen. Damit ist eine schnelle Ergebniserarbeitung sichergestellt. Das Ergebnis ist auch ein sich abgestimmtes Portfolio von Kostensenkungsmaßnahmen. Dieses stellt zum einen sicher, dass die Kosten im avisierten Umfang zu reduzieren, gleichzeitig hilft es, die Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft zu erhalten.
Guter Rat ist nicht immer teuer
Hand auf Herz: Die Durchsetzung von Kostenmaßnahmen in Unternehmen macht keinem wirklich Freude und die Verantwortlichen machen sich damit auch im Unternehmen wenig Freunde. Meist scheuen sich interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davor, ihre Kolleginnen und Kollegen mit Kosteneinsparmaßnahmen - zum Wohle des Unternehmens - zu konfrontieren. Hilfreich kann es daher sein, sich für Kostensenkungsprogramme - insbesondere auch für die Umsetzung und die Nutzenrealisierung - von außen unterstützen zu lassen und über eine externe Perspektive auch Unabhängigkeit und Neutralität zu gewährleisten. (bw)