Das Onboarding gilt als kritische Zeit, wenn man im neuen Unternehmen startet. Einerseits erhalten Onboardees einen Einblick in das notwendige Wissen sowie in wichtige unternehmenseigene Ressourcen und Prozesse. Andererseits lernen sie die Firmenkultur näher kennen und festigen ihren Platz im Team. Ist das Onboarding mangelhaft, inhaltschwach und nicht lehrreich genug, kann das zu Kompetenz- und Wissenslücken führen, die sich langfristig negativ auf die Produktivität und Zufriedenheit niederschlagen. Infolgedessen steigt das Risiko, dass neue Kollegen innerhalb des ersten Jahres kündigen.
Das kommt gar nicht so selten vor: Laut der aktuellen Onboarding-Studie 2023 von Haufe haben sich 21 Prozent der Beschäftigten von ihrem neuen Arbeitgeber abgewandt, weil es kein professionelles Onboarding gab. Auch in der Realität ist die Mehrheit der Befragten mit dem vorherrschenden Onboarding-Prozess unzufrieden. 78 Prozent halten ihn für verbesserungswürdig und ausbaufähig - ein Zuwachs von zehn Prozent im Vergleich zur Studie von 2021.
Das bedeutet: Der Einstieg ins Unternehmen muss sitzen. Doch was gehört zu einem effektiven, interessanten und überzeugenden Onboarding?
Zentralisiertes und einheitliches Onboarding ist das A und O
Im Rahmen der Onboarding-Studie konnte Haufe feststellen, dass man häufig vergebens nach einem zentral organisierten, strukturierten Onboarding-Prozess sucht. Zwar sind mehrere verschiedene Bereiche involviert, aber nur bei einem Viertel der befragten Unternehmen ist die Personalentwicklung für ein einheitliches Onboarding verantwortlich.
Insgesamt 64 Prozent kritisieren zudem, dass ihr Unternehmen für Remote-Mitarbeitende keine zusätzlichen Maßnahmen wie ein virtuelles Onboarding ergriffen haben - und das, obwohl sich hybride Arbeitsmodelle weiterhin großer Beliebtheit erfreuen. Es liegt nahe, dass ein chaotischer, nicht einheitlicher Prozess nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Struktur und Einheitlichkeit sind daher Grundvoraussetzungen für ein effektives Onboarding.
Das gilt nicht nur für die Prozesse und Verantwortlichkeiten, sondern auch für die Tools, die während des Onboardings zum Einsatz kommen. Das hat einen einfachen Grund: Die Grenzen zwischen Lernmanagement-, Personalentwicklungs-, HR- und Kommunikationssystemen verschwimmen immer mehr. Ein integriertes Trainingsökosystem, bei dem alle relevanten Plattformen miteinander verknüpft werden, kann in der wachsenden IT-Landschaft für eine nutzerfreundlichere und effektivere Lernerfahrung - einschließlich des Onboardings - sorgen.
Ein weiterer Vorteil einer integrierten Lernerfahrung: Anhand der zentralen Lerndaten lässt sich wesentlich einfacher nachvollziehen, ob die Lerninhalte zu guten Ergebnissen führen, ob sich Mitarbeitende den Inhalten freiwillig und regelmäßig widmen und ob Wissenslücken oder andere Schwierigkeiten bestehen. Darüber hinaus können Unternehmen spielerisch-kompetitive Elemente wie ein Leaderboard erstellen und dadurch die Lernbereitschaft erhöhen, indem sie die Daten der internen Lernmanagement-Plattform in das Business-Intelligence-System speisen.
- Wie Sie neue Mitarbeiter online integrieren
Für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, ist ein virtuelles Onboarding besonders wichtig, um sie trotz fehlender Präsenz im Unternehmen bestmöglich in die Fachabteilungen einzugliedern. Martin Ehlis, Senior Recruiter, BTC AG Oldenburg gibt folgende Tipps. - Homeoffice-Equipment bereitstellen
Stellen Sie als Unternehmen rechtzeitig die nötigen Zugänge und Geräte für das Homeoffice bereit. Also zum Beispiel Notebook mit einem separaten großen Monitor, Headset und Tastatur. Sollte es die Corona-Lage erfordern, dass auch am ersten Arbeitstag niemand im Büro erscheinen kann, verschicken Sie das Equipment rechtzeitig per Post. - Identifikation fördern
Willkommens-Pakete, die im Corporate Design an alle Neuen versandt werden, fördern die Zugehörigkeit und Identifikation. So können sie beim virtuellen Begrüßungsevents sofort die Tasse, Hoody oder den Block benutzen. - Kennenlern-Aktionen entwickeln
Verzichten Sie bei Begrüßungsevents nicht auf die Kennenlern-Aktionen, sondern entwickeln Sie digitale Varianten wie zum Beispiel digitale Stimmungsumfragen, digitales Quiz etc. - Kommunikation sicherstellen
In den ersten Wochen geht es darum, regelmäßig Raum für Fragen und den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu geben sowie feste Zeiten einzurichten, zum Beispiel durch einen Team-Daily, MS Teams-Kanal, Chat-Möglichkeit, virtuelle offene Sprechstunden, digitale Kaffeepausen etc. - Feedbacks einplanen
Planen Sie regelmäßige Feedbacks als feste Termine ein! So können Sie das "kurz-mal-über-den-Tisch-rufen" im Homeoffice ersetzen.
Neue mit gamifizierten Lernerfahrung willkommen heißen
Eine mehrstündige Präsenzschulung mit anschließendem Test geht nicht nur auf die Gesäßknochen und den Energiehaushalt, sondern klingt auch nicht besonders spannend und mitreißend. Fraglich ist, ob danach viel hängen bleibt. Stattdessen sollten Unternehmen die klassischen Onboarding- und Trainingsstrukturen aufbrechen und abwechslungsreiche, interaktive und interessante Methoden für die Wissensvermittlung anwenden.
Auf der einen Seite lassen sich die für das Onboarding relevanten Inhalte ideal in Live-Schulungen verpacken. Doch bevor es wie oben beschrieben zu einem Sitz- und Zuhör-Marathon ausartet, sollten Trainer interaktive Abschnitte einbauen, die Onboardees die Gelegenheit geben, sich selbst einzubringen. Diese können zum Beispiel die Form von interessanten Wissens- oder Wahr-oder-Falsch-Fragen, Rätsel, Diskussionen entfachenden Brainstorms und Feedback-Umfragen annehmen. Diese spielerischen Elemente lassen sich dann entweder in der Präsentation einbinden oder finden über eine zusätzliche mobile Lern-App statt.
Apropos Lern-App: Eine Live-Schulung für mehrere Hundert Beschäftigte zu organisieren, die unter Umständen zu einem gewissen Teil sogar ausschließlich remote arbeiten, ist nicht gerade einfach. Deshalb bietet es sich auf der anderen Seite an, neben Live- auch ein asynchrones Training einzuführen. Dafür eignen sich mobile Lern-Apps mit Gamification-Elementen, in denen Trainer einzelne Schulungseinheiten oder eine aufeinander aufbauende Kursserie erstellen und Mitarbeitende direkt den entsprechenden Inhalten zuweisen können. Diese können sie dann überall und in ihrem eigenen Tempo absolvieren.
Always on brand - auch beim Onboarding
Schon früh sollten neue Mitarbeitende ein Gefühl für die Kultur, die Tone of Voice und das allgemeine Auftreten des Unternehmens bekommen. Der Onboarding-Prozess bietet sich dafür geradezu an. Von In-Person-Schulungen in Gruppen bis hin zu individuellen, gamifizierten Lern-Kursen: "Look and Feel", alle Onboarding- und Trainings-Assets sollten die Brand repräsentieren - einschließlich Format, Farben, Tonalität und Werte.
Auf diesem Weg können Unternehmen sicherstellen, dass neue Kollegen diese Inhalte von Anfang an und in jeder Phase ihres Lernprozesses (un-)bewusst verinnerlichen und sich mit der Brand identifizieren. Zusätzlich sollten sie mithilfe unterschiedlicher Medien wie Bilder, Grafiken, Videos und GIFs visuell für mehr Abwechslung sorgen. Dadurch werden die Assets zu erinnerungswürdigen Hinguckern, mit denen es Spaß macht, zu lernen.
Wichtig ist, dass sowohl der Aufbau des Onboarding-Prozesses und der Assets als auch der Einsatz von gebrandeten Materialien konsistent bleiben. Andernfalls wirkt das Lernangebot unprofessionell, undurchdacht und kann unter Umständen für Verwirrung sorgen.
Eine gute Lernkultur schaffen
Wenn das Onboarding fehlschlägt, stehen Produktivität, Engagement, Zufriedenheit und schlussendlich auch das Arbeitsverhältnis auf dem Spiel. Daher müssen Unternehmen dafür sorgen, dass in der Einstiegsphase nicht nur alle wichtigen Inhalte vermittelt werden. Sie müssen die Inhalte zudem ansprechend und interessant aufbereiten.
Dazu gehören zunächst ein einheitlicher, strukturierter und integrierter Onboarding-Prozess sowie der einfachere Zugang zu Lerninhalten. Neben dem effizienteren Datenmanagement entsteht auf diese Weise eine Lernkultur. Sorgen Trainer darüber hinaus mithilfe von Medien- und Formatvielfalt sowie interaktiven Elementen - zum Beispiel über digitale Lern-Tools - für Abwechslung, steht dem Erfolg des Onboardings nichts mehr im Weg.