Smart Assistants im Smart Home

Smarte Lautsprecher könnten zur Schaltzentrale werden

19.01.2019
Von 
Wafa Moussavi-Amin ist Analyst und Geschäftsführer bei IDC in Frankfurt. In seiner Funktion als Geschäftsführer verantwortet Wafa Moussavi-Amin seit Oktober 2004 die Strategie und Geschäftsentwicklung der International Data Corporation (IDC) in Deutschland und der Schweiz, seit 2013 zeichnet er zudem verantwortlich für die Region Benelux.
Smart Assistants erfreuen sich wachsender Beliebtheit, in Zukunft werden sie sich zu den wichtigsten Kontaktpunkten für das Smart-Home-Ökosystem der Konsumenten entwickeln.
Amazons Lautsprecher Echo kann heimlich mithören und Gespräche in Textform übertragen.
Amazons Lautsprecher Echo kann heimlich mithören und Gespräche in Textform übertragen.
Foto: Amazon

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich einem guten Freund zu Weihnachten einen intelligenten Lautsprecher geschenkt. Zu dem Zeitpunkt hatte er weder Streaming-Dienste abonniert, geschweige denn andere Smart-Home-Geräte im Einsatz. Er bedankte sich nett, war aber - wie er mir später gestand - nicht sehr begeistert von der Idee, sich ein "Rund-um-die-Uhr"-Abhörgerät in sein Wohnzimmer zu stellen.

Heute, 12 Monate später, freut er sich jeden Tag über seine inzwischen im gesamten Haus verteilten intelligenten Lautsprecher, die ihm seine Lieblingsmusik auf Zuruf streamen. Noch toller sei allerdings, dass die kleinen Helferlein ihm die Sprachsteuerung anderer Geräte ermöglichen. Zudem besitzt er inzwischen eine Vielzahl weiterer intelligenter Geräte, darunter einen Staubsauger-Roboter, zahlreiche Leuchten sowie einen Streaming-Stick.

Seine Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre sind zwar geblieben, doch der Komfort in puncto Unterhaltung und Bequemlichkeit, den Intelligente Lautsprecher - oder auch Smart Assitants - ihm und seinem gesamten Haushalt bieten, gewannen offenbar ziemlich schnell die Oberhand. Das Einschalten der Küchenbeleuchtung, wenn man mit vollen Einkaufstüten in beiden Händen den Raum betritt, das Abspielen des Lieblingssoundtracks, das Anzeigen von Rezepten während der Zubereitung des Abendessens sowie das Kommando an den Staubsauger, die lästigen Krümel auf dem Fußboden zu beseitigen, ohne eine App auf dem Handy öffnen zu müssen, waren und sind einfach ziemlich verlockend.

Der Markt für Smart Assistents (SA) entwickelt sich rasant

SA-Plattformen kristallisieren sich immer mehr als ein wichtiges Tool heraus, mittels dessen den Verbrauchern die Interaktion mit ihrem Smart-Home-Ökosystem ermöglicht wird. Ausgehend von einer neuartigen Sprachschnittstelle für PCs und Smartphones entwickelten sich SA-Plattformen in Form von intelligenten Lautsprechern schnell zum zentralen Bestandteil vernetzter Haushalte.

Diese Plattformen ermöglichen den Verbrauchern nicht nur den Zugang zu einem breiten Spektrum an Dienstleistungen - von Video- und Audio-Unterhaltung, Information, Kommunikation und Online-Shopping bis hin zu Kalender, Erinnerungen und Hotelbuchungen - sondern entwickeln sich überdies zunehmend zum Eckpfeiler des breiteren IoT-Ökosystems der Verbraucher, indem sie die Nutzung und Funktionalität von internetfähigen Geräten verbessern.

Die breitangelegten Aktivitäten von Amazon, Apple, Google, Microsoft und Samsung treiben die Bekanntheit und allgemeine Akzeptanz von Consumer-basierten SA-Anwendungen voran. Insgesamt befindet sich der Markt für intelligente Assistenten allerdings noch in den Kinderschuhen, da die meisten Verbraucher die verfügbaren Dienste und Anwendungen (noch) nicht voll umfänglich nutzen - es besteht einfach noch zu viel Unkenntnis darüber, was genau ein intelligenter Assistent eigentlich ist und was sie im Hinblick auf das wachsende IoT-Ökosystem auf Konsumentenseite leisten können.

Intelligente Lautsprecher: In Zahlen ausgedrückt

Aktuelle IDC Prognosen zeigen, dass im Jahr 2018 weltweiten schätzungsweise mehr als 99 Millionen Smart Assitant Devices ausgeliefert wurden, für 2022 rechnen wir bereits mit 231 Millionen Einheiten. Die Triebfeder für dieses explosive Wachstum ist eine Kombination aus mehreren Faktoren: das schnell wachsende Bewusstsein der Verbraucher für vernetzte Lautsprecher und die damit verbundene Nachfrage nach einem integrierten intelligenten Assistenten; neue Markteintritte von Anbietern und Produkten sowie die etablierten Anbieter, die ihr Portfolio an Lautsprechern und Dienstleistungen signifikant erweitern. Smart Speakers werden in den nächsten Jahren weiterhin ein beträchtliches Wachstum verzeichnen, da sie zu den wichtigsten Kontaktpunkten für das Smart Home Ökosystem der Verbraucher werden.

Lautsprecher LF-S50G von Sony mit Google Assistant.
Lautsprecher LF-S50G von Sony mit Google Assistant.
Foto: Sony Europe Limited

Die Palette der Geräte, die mit einem SA integriert und über einen intelligenten Lautsprecher gesteuert werden können, wächst ständig. SA-Plattformen können im Prinzip direkt in eine Vielzahl von angeschlossenen Geräten im Haushalt wie Thermostate, Fernseher, Media-Player, Überwachungskameras und fast jedes andere denkbare Gerät mit einem Mikrofon und Lautsprecher im Inneren eingebettet werden. Doch was hält viele Verbraucher angesichts der Vorteile von Smart Assistants und der ständig wachsenden Bandbreite von Geräten, auf denen ein Smart Assistant aufgerufen werden kann, davon ab, noch heute die erste Unterhaltung mit einem Smart Assistant zu führen?

Die größten Hürden bei der Einführung von Smart Assistants

Eine groß angelegte IDC-Befragung zeigt, dass der vermeintlich fehlende Bedarf das Haupthindernis ist, was aber letztendlich erst einmal für fast alle neuen Technologien gilt. Die nächste Hürde: Datenschutz und Sicherheit. Datenschutz- und Sicherheitsbedenken treten immer dann auf, wenn neue Geräte auf den Markt kommen, die eine umfassende Datenerfassung, -übertragung und -verwaltung ermöglichen. Smart-Assistant-Embedded Devices machen da keine Ausnahme und es ist ganz normal, dass es zunächst erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Datenerfassungs- und Übertragungssystemen im Haushalt gibt – so wie eben auch bei meinem Freund.

Es ist auch unbestritten, dass es bei vielen Use Cases in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit zu Pannen kommen kann und wird. Werden diese in der Öffentlichkeit geteilt, wird das die Anbieter dazu veranlassen, bei der Entwicklung ihrer Devices auf mehr Sicherheit und Datenschutz zu achten. Wie bei allen Smart Home-Anwendungen sollten Lösungsdesigns das Thema Sicherheit von Anfang an berücksichtigen, keine Frage.

Was den Schutz der Privatsphäre angeht, ist das Ganze jedoch kniffliger – schließlich beinhalten viele der Kernfunktionen von Smart Assistants die Erfassung, Übermittlung und Verwaltung von privaten Daten. Auch wenn es auf den ersten Blick entmutigend erscheinen mag: die Erfahrung zeigt, dass die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes auf lange Sicht nachlassen - sobald das Leistungsversprechen sich als überzeugend und unwiderstehlich entpuppt.

Was bringt die Zukunft?

Durch die Interaktion mit einem intelligenten Assistenten, der das Entertainment-Erlebnis verbessern und die Effizienz in Bezug auf Zeit, Energie und Kosten für sich selbst oder aber auch den ganzen Haushalt steigern kann, lässt sich viel gewinnen. Die Angst von Sicherheitslecks und dem Verlust der Privatsphäre - ganz zu schweigen von den Kosten für intelligente Assistenzgeräte und -dienste - werden das Wachstum des Marktes auch in absehbarer Zeit hemmen.

Herstellern von Smart Assistant Plattformen rät IDC folgendes:

  • Nehmen Sie die Bedenken der Verbraucher in puncto Kosten, Sicherheit und Privatsphäre ernst – und gestalten Sie Produkte und Dienstleistungen entsprechend.

  • Vermeiden Sie unnötige Komplexität bei intelligenten Assistent-Plattformen, bauen Sie Vertrauen auf und richten Sie Ihre Marketingaktivitäten auf die richtige Zielgruppe aus.

  • Verfolgen Sie bei der Integration mit einer breiten Palette anderer Consumer-IoT-Geräte einen sinnvollen und zielgerichteten Ansatz.

Und wie sieht es auf Endkundenseite aus? Consumer sollten offener werden und sich darauf einlassen zu entdecken, wie Smart Assistants ihr Leben bereichern können. Schauen Sie sich diverse Produkte an, probieren Sie aus, was Ihnen zusagt – und treffen Sie dann Ihre Entscheidungen. Und auch ein Austausch mit Freunden und Familie schadet sicherlich auch nicht.