IoT-basiertes Parkplatzmanagement

Smart City am Ostseestrand

01.12.2022
Von 
Amir Al-Anesi ist Projektleiter bei der Dataport AöR.
Mit Hilfe von IoT hat das Ostseebad Eckernförde den öffentlichen Parkraum und seine Verkehrsströme optimiert.
So einsam wie auf dem Foto ist es in Eckernförde selten - besonders im Sommer.
So einsam wie auf dem Foto ist es in Eckernförde selten - besonders im Sommer.
Foto: Florian Graf - shutterstock.com

Der Küstenort Eckernförde ist ein beliebtes Strandbad für BesucherInnen aus Nah und Fern. Im Sommer sind daher Staus vorprogrammiert. Der Hauptgrund: die Parkplatzsuche in Strandnähe. Um die Verkehrsströme halbwegs in den Griff zu kriegen, ist die Stadt daher manchmal gezwungen, mit dem Prinzip "Schranken gegen den Sommerstau" zu arbeiten. Als IT-Dienstleister für norddeutsche Kommunen schlug die Dataport der Stadtverwaltung deshalb erstmals im Frühling 2021 zur Entspannung der Verkehrssituation eine IoT-basierte Parkplatzlösung vor.

Dataport hatte bereits 2019 damit angefangen, eine IoT-Plattform aufzubauen, die verschiedene kommunale Anwendungsszenarien abdeckt. Dazu gehört auch die Überwachung von Verkehrsströmen und Parkplätzen, wie sie auch für die Stadt Eckernförde bedeutsam war. Nach einer Bedarfsumfrage Anfang 2021 wurde klar, dass das Ostseebad die belegten Parkplätze sowie den freien Parkraum registrieren und in einer Handy-App abbilden wollte. Daneben waren aber auch Punkte gefragt wie ein Dashboard zur Entscheidungsunterstützung, Auswertung und Planung innerhalb der Verwaltung. Zudem sollten LED-Anzeigetafeln die Verkehrsteilnehmer über freie Parkplätze informieren.

Sensorausstattung für jeden Parkplatz

Nach der Freigabe durch die Ratsversammlung der Stadt Eckernförde startete im Juni 2021 ein Pilotprojekt. Dazu musste zunächst die große Anzahl der Strandparkplätze erfasst werden, die sich an der Preußerstraße und auf dem Exer befinden. Nach der Prüfung verschiedener Ansätze bezüglich ihrer technischen Umsetzbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Datenqualität fiel die Entscheidung, alle Stellplätze mit eigenen Sensoren auszustatten.

Sensoren haben den Vorteil, dass sie die Stellplatzbelegung genauer bestimmen können als Zählschleifen und eine Erfassung von barrierefreien Parkplätzen und E-Aufladesäulen erlauben. Außerdem lassen sie sich einfacher installieren: Es sind weder aufwändige Erdbauarbeiten und noch eine eigene Stromversorgung nötig. Gemessen wird die Metallmasse, die sich über dem Sensor befindet, mittels Schwingkreis mit Spule und Kondensator.

Zur Erfassung kamen Parksensoren von Bosch (Foto) und Libelium zum Einsatz.
Zur Erfassung kamen Parksensoren von Bosch (Foto) und Libelium zum Einsatz.
Foto: Bosch

Obwohl sich die Erfassungsgeräte selbst eichen, mussten die Sensoren in der Anfangsphase mehrfach adjustiert werden, weil z.B. das Karbonchassis von Modellen wie dem BMW i3 Schwierigkeiten bereitete. Geplant ist, später auch Daten von den Zählschleifen in die Plattform zu integrieren.

Offene Technologien als Defacto-Standards

Für den Aufbau der IoT-Plattform, in der die Informationen gesammelt und verarbeitet werden, arbeitet Dataport seit 2019 mit dem IT-Dienstleister it-novum zusammen. Dieser ist auf IoT-Systeme mit offenen Technologien spezialisiert, wie etwa die IoT-Plattform ThingsBoard, die Event-Streaming-Lösung Kafka oder die No-SQL-Datenbank Cassandra - Lösungen, die auch in dem Pilotprojekt verbaut wurden.

Das Herz des Parkplatzmanagements ist ThingsBoard. Das Open-Source-System übernimmt die Aufgaben Sensorenverwaltung und Datenvisualisierung (alle Sensoren-, Streaming- und Fast-Realtime-Informationen) und ist daher ein integraler Bestandteil der Gesamtarchitektur. Insgesamt wurde für die Architektur der Anwendung eine Kombination aus leistungsstarken und gleichzeitig zukunftsfähigen offenen Technologien eingesetzt, erläutert Alexander Keidel, Projektleiter auf Seiten der it-novum. Der Grund dafür sei, dass sich im IoT- und Smart City-Bereich Open Source-Lösungen gerade zu Defacto-Standards entwickeln und damit für den Einsatz bei Kommunen prädestiniert sind.

IoT-Lösung in der Cloud

Der Datenaustausch zwischen den Geräten (Parkplatzsensoren und Zählschleifen) geschieht über ein lokales Gateway. Es empfängt die Informationen, bündelt sie und gibt sie weiter an die Plattform. Unterstützt werden unterschiedliche Protokolle, darunter MQTT, das für die Anbindung von Sensoren verwendet wird. Dadurch ist die Lösung unabhängig von Sensorherstellern und -typen.

Nachdem die Daten in die Plattform geflossen sind, erfolgt ihre Aufbereitung und Anreicherung mittels ETL-Prozessen. Dieser Schritt ist notwendig aufgrund der unterschiedlichen Datenquellen und Sensoren und folglich auch verschiedenen Formaten der Realtime-Daten. Danach erfolgt die Übergabe der Informationen an eine Message Queue.

Die Message Queue ist für die Echtzeitfähigkeit verantwortlich. Zudem sammelt sie alle Informationen, vervielfältigt sie für die nachgelagerten Systeme und stellt sie so zur Verfügung, dass die nachgelagerten Systeme sie sich gemäß ihrer Leistungsfähigkeit abholen können. Eine unnötige Belastung entfällt dadurch. An dieser Stelle kommt ThingsBoard ins Spiel als System für das Entity Management und Data Processing.

Echtzeitanalyse via Dashboard

In ThingsBoard erfolgt die Datenaufbereitung für den Endanwender, die Stadtverwaltung. Die IoT-Informationen werden in einem Dashboard dargestellt und erlauben eine Echtzeitanalyse der Verkehrs- und Parkraumsituation. So können die Kommunalmitarbeiter damit auf einen Blick sehen, wie viele Parkplätze noch frei sind, an welchen E-Ladesäulen aufgeladen wird und wo gerade die kritischen Punkte im Verkehrsgeschehen sind.

Für die Zukunft ist geplant, dass die Kommunen nach der Integration von Analyse-Tools auch strategische Planungen bezüglich der Parkraumverwaltung durchführen können, indem langfristige Entwicklungen einfacher ausgemacht werden können. Was die Wartung betrifft, hilft die Warn-Komponente von ThingsBoard, die beim Erreichen eines gewissen Schwellenwerts Benachrichtigungen verschickt. Somit können Sensoren, die einen niedrigen Batteriestand aufweisen, rechtzeitig vor einem Ausfall gewartet werden.

Das Hosting der Lösung erfolgt durch Dataport selbst in einem Rechenzentrum, das nach BSI-Vorgaben zertifiziert ist.

Einfacher Zugang durch Smartphone-App

Ein wichtiges Ziel bei dem Projekt war es, dass die Bürgerinnen und Bürger als die Endanwender der Lösung diese genauso wie die Stadtverwaltung nutzen können sollten. Dazu wurde eine eigene Smartphone-App entwickelt. "dParkingPartner" ermöglicht die Suche nach normalen Parkplätzen oder speziellen Stellplätzen für Eltern oder Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie nach E-Ladesäulen.

Die Suche arbeitet dabei mit Echtzeitdaten und verbindet das ausgewählte Ziel mit der Navigations-App des Nutzers. Er wird dabei nicht nur einfach zu seinem Ziel geführt, sondern kann nach dem Ankommen auf dem Parkplatz auch direkt ein Parkticket buchen. Daneben sind auch Online-Dashboards verfügbar, die über den Browser aufrufbar sind.

Die App dParkingPartner hilft bei der Suche nach einem Parkplatz.
Die App dParkingPartner hilft bei der Suche nach einem Parkplatz.
Foto: Dataport

Zukünftig sollen als drittes Element auch LED-Anzeigentafeln eingesetzt werden. Auf ihnen werden Parkplatzinformationen in Fast-Echtzeit angezeigt. Die beiden neuralgischen Verkehrsknotenpunkte erhalten als Erstes zwei Displays, um Besucher und Bürger noch auf der Bundesstraße über freie Parkplätze am Strand zu informieren. Aufgrund der Materialknappheit werden die Anzeigetafeln jedoch erst im Frühling 2023 angebracht, kommen damit aber noch pünktlich zur Sommerzeit.

IoT-Lösung mit Universalcharakter

Dataport will die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt an der Ostsee dazu verwenden, um die IoT-Plattform weiter zu standardisieren und so die Eintrittshürde in die IoT-Welt vor allem für kleinere Städte zu senken. Weil die Arten der zu integrierenden Datenquellen von der jeweiligen Stadt abhängig sind, wurde die Lösung dazu als modularen Baukasten konzipiert. Damit lassen sich nicht nur Informationen aus Sensoren integrieren, sondern auch aus Dauerzählschleifen, optischen Sensoren oder Umweltdaten. (mb)