Stundensatzkalkulator hilft weiter

Sind wir IT-Selbständige schlechte Unternehmer?

20.04.2016
Von 


Christa Weidner ist seit 1989 in unterschiedlichen Rollen und Positionen in der IT tätig. Das Ziel ihrer Arbeit ist es, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter mit neuer Software arbeiten können und wollen. Ihre Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen, schützt Entscheider, Projektleiter sowie weitere Schlüsselpositionen davor, falsche Entscheidungen zu treffen und hilft, die Potenziale der IT maximal auszunutzen. Sie unterstützt namhafte Konzerne und Unternehmen des Mittelstands unterschiedlicher Branchen. 2016 hat die IT-Beraterin den „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel 2016“ erhalten. In den vergangene Jahren hat sie als Selbständige große Unternehmen bei Change-Prozessen unterstützt.
Bekommen Sie das Honorar, das Sie verdienen? Trauen Sie sich, Ihr Wunschhonorar zu verlangen, auch auf die Gefahr hin, bei den Projektausschreibungen nicht in die engere Wahl kommen? Ein Stundensatzkalkulator soll helfen, das richtige Honorar zu fordern.

Auf einer Bahnfahrt von Hamburg nach Frankfurt traf ich einen jungen Mann, der als Selbständiger im Film-Business arbeitete. Er amüsierte sich und fand mein Beraterleben filmreif, als ich so einige Anekdoten aus meinem Beraterleben erzählte. Er wurde jedoch sprachlos, als ich ihm erzählte, dass wir als IT-Selbständige in der Regel keine Reisekosten bezahlt bekommen. "Da will Ihr Kunde, dass Sie an einem bestimmten Ort für ihn arbeiten und ist nicht bereit, die Reisekosten dafür zu übernehmen?"

Wofür bezahlen unsere Kunden eigentlich Honorar?

Die Unternehmen haben hohe Ansprüche an uns Externe bezüglich des Know-hows und der Erfahrung. Da sind sie sehr wählerisch. Gleichzeitig sind sie jedoch auch limitiert bei dem, was sie ausgeben wollen. Schließlich ist es das Problem des Selbständigen, wo er wohnt. Aber können wir für jeden Auftrag umziehen oder uns eine Zweitwohnung nehmen? Natürlich muss man solche Aufträge nicht erst annehmen. Doch nicht jeder Selbständige bekommt pro Woche zehn bis 20 ernstgemeinte und interessante Projekte, die zu ihm, seiner Honorarvorstellung und seinem Wohnort passen.

ALs IT-Freiberufler kann man schon mal das Gefühl haben, immer am falschen Ort zu wohnen und zu arbeiten.
ALs IT-Freiberufler kann man schon mal das Gefühl haben, immer am falschen Ort zu wohnen und zu arbeiten.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Das alles interessiert unsere Kunden nicht. Er ist Kunde, zahlt augenscheinlich ein horrendes Honorar an einen Freiberufler, der keine größeren Kosten hat, um seine Selbständigkeit zu organisieren. So zumindest die Argumentation. Dann fragt man sich, warum das Unternehmen für gleichwertige Berater von Consulting-Unternehmen deutlich mehr bezahlen und auch die Reisekosten übernehmen.

Wohnen Sie auch immer am falschen Ort?

Die Reisekosten sind gar nicht das Problem, wenn nicht alles vor Ort beim Kunden passieren muss. Schwieriger wird es dann schon, wenn der Kunde darauf besteht, dass ein wesentlicher Anteil der Leistung vor Ort bei ihm erbracht wird. Dann kann die Rechnung für den Selbständigen nicht mehr aufgehen. Dann zahlt der Kunde einen wesentlichen Anteil nicht mehr für die Leistung des Selbständigen, sondern er finanziert Bahn, Flug, Auto oder Hotel.

Der junge Mann vom Film hat Recht. Das Honorar wird bezahlt für das Know-how und die Erfahrung des Selbständigen. Als Selbständige können wir theoretisch selbst entscheiden, wo die Leistung erbracht wird. Soweit die Theorie. In der Praxis nimmt der Kunde darauf keine Rücksicht und stellt seine Forderungen, da es für ihn einfacher ist, wenn er die Berater als Beweis für die Größe und Wichtigkeit des Projektes vor dem Büro sitzen hat. Dann hat er jedoch auch die Reisekosten zu tragen.

Es ist noch nicht so lange her, dass Unternehmen Reisekosten oder Pauschalen gezahlt haben. Für die Agenturen war das schlichtweg zu kompliziert. Man hätte sich auf Reisekostenpauschalen einigen können. Doch damit will man nichts zu tun haben, das ist schwer kalkulierbar und deshalb wurden die Kosten ersatzlos gestrichen. Wir Selbständige akzeptieren zähneknirschend, die wir uns als Einzelne meist nicht wehren können, will man diesen Auftrag erhalten. Da die Verträge meist einseitige Kündigungsfristen haben, ist das Risiko von heute auf morgen auf der Straße zu stehen, immer vorhanden. Denn wer hat noch nie von einem verschobenen oder gestoppten Projekt gehört? Das verhindert, dass wir uns eine langfristige und damit kostengünstige Übernachtungsmöglichkeit am Projektort beschaffen können. Übrigens: Für die Deutsche Rentenversicherung ein Indiz für Scheinselbständigkeit, wenn die Konditionen eines Auftrages weder verhandelt noch mitgestaltet werden.

Die Stärken der selbstständigen IT-Berater liegen in anderen Bereichen. Sie wollen sich um Technologie kümmern, Probleme lösen, Datenbanken administrieren, Anforderungen definieren, programmieren oder Projekte leiten. Und die Rechnungen, die bei 100prozentiger Auslastung geschrieben werden, sind üppig. Doch was bleibt davon übrig? Wie stehen wir im Vergleich zu den Festangestellten? Dieser Frage bin ich im letzten Jahr intensiv auf den Grund gegangen und habe ein Tool entwickelt, das mir hilft, mich auf Stundensatzverhandlungen vorzubereiten. Dieser Stundensatz-Kalkulator steht im Internet bereit. So kann sich jeder Selbständige sein Stundenhonorar kalkulieren lassen. Natürlich anonym.

Schritt für Schritt zum richtigen Honorar

Das ist der erste Schritt, um Schwarz auf Weiß zu sehen, welches Geld pro Monat zur Verfügung steht. Es ist auch eine Möglichkeit, mit der wir unseren Kunden aufzeigen können, was tatsächlich übrig bleibt von den großen Rechnungen, die wir schreiben. Sollte das Honorar noch nicht zu unseren Vorstellungen passen, dann ist zu überlegen, wie wir dahin kommen, wo wir hin wollen: Kosten runter, Honorar rauf? Investieren? Weiterbildung? Das ist der zweite Schritt. Ein klares Ziel, wo die Reise hingehen soll. Machen Sie das Ziel SMART: spezifisch, messbar, aktionsorientiert, realistisch und terminiert.

Im dritten Schritt identifizieren wir, was fehlt und auf welchem Weg wir es erhalten. Sie benötigen eine bestimmte Zertifizierung? Sie wollen weniger Reisekosten und Reisezeiten investieren? Wie kommen Sie an Kunden in Ihrer Nähe? Vielleicht sind Sie zu wenig selbstbewusst in Verhandlungen? Dann könnte es eine Lösung sein, dass Sie sich jemanden suchen, der das für Sie übernimmt oder Sie trainieren sich darin. Mittlerweile gibt es genügend Online-Seminare oder Bücher, die dabei helfen.

Und dann heißt es umsetzen: Schritt für Schritt. Einfach, stur und geradeaus. Es tun. Nur so können Sie Ihr Ziel auch erreichen. Lassen Sie sich nicht beeinflussen von den Stundensatz-Tabellen, die aufgrund von Umfragen entstehen. Der Stundenkalkulator soll helfen, mehr Bewusstsein und Sensibilität zu schaffen. Unsere Kunden haben noch viele andere Möglichkeiten, wenn sie wirklich Geld sparen wollen.

Mit dem Stundensatzkalkulator können Sie Ihr Honorar ermitteln. Mit der Vorwärtskalkulation können Sie ermitteln, was Ihnen nach Abzug der Kosten und Steuern verbleibt. Die Rückwärts-Kalkulation liefert Ihnen das Honorar, das Sie bei Ihrem Kunden verlangen sollten, um das Netto-Einkommen zu erhalten, das Sie sich vorstellen. Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig. Ihre Angaben werden anonym und ohne Namen oder Informationen zum Eingabegerät gespeichert. Sie finden den Kalkulator hier.