Generation Z

Selbstdarstellung auf Kosten des Datenschutzes?

29.06.2022
Von  und
Kathrin Riez ist Volljuristin und zertifizierte Datenschutzbeauftragte. Sie hat bereits als Rechtsanwältin und In-house-Datenschutzbeauftragte für global agierende Konzerne sowie für führende Beratungen gearbeitet. Bei DataGuard leitet Sie als Head of Privacy ein Team erfahrener Datenschutzexperten.
Angelina Müller studiert Jura an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München. Bei DataGuard unterstützt sie als Werkstudentin das Team aus erfahrenen Datenschutzexperten, zum Beispiel bei Datenschutzaudits, als auch das Marketing-Team in der Recherche und Erstellung von Inhalten. Besonders interessiert sie sich für die Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und IT.
Der Generation Z sind Social-Media-Bekanntheit und personalisierte Customer Experience wichtig, auch zulasten der Privatsphäre. Aber: Sie will Transparenz.
Zugehörigkeitsdenken, Geltungsbedürfnis, Eitelkeit, ja sogar der Wunsch nach Ruhm, sind für die Generation Z häufig Grund genug, sehr freizügig mit ihren persönlichen Daten umzugehen.
Zugehörigkeitsdenken, Geltungsbedürfnis, Eitelkeit, ja sogar der Wunsch nach Ruhm, sind für die Generation Z häufig Grund genug, sehr freizügig mit ihren persönlichen Daten umzugehen.
Foto: Nicoleta Ionescu - shutterstock.com

Die Generation Z ist mit digitalen Technologien und dem Internet aufgewachsen. Bereits von Kindesbeinen an surften die zwischen den späten 90ern und Anfang der 2010er Geborenen im Web und besaßen ihre eigenen Smartphones. Eine Zeit ohne YouTube oder die sozialen Medien kennen sie nicht und das Internet ist ein fester Bestandteil ihres Alltags.

Trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - scheint die junge Generation deutlich weniger besorgt über den Datenschutz und die Sicherheit im digitalen Raum zu sein als die älteren Generationen. Besonders in den sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTok oder Snapchat geben junge Leute ihre personenbezogenen Daten leichtfertig preis. Der Wunsch nach Ruhm ihnen ist oftmals wichtiger als die Privatsphäre.

Soziale Anerkennung und Bekanntheit überwiegen

Der jungen Generation ist klar, dass sich ihre Privatsphäre in den sozialen Medien einschränkt. Sie weiß dabei um die Problematiken des Datenschutzes, entscheidet sich aber trotzdem dafür, die Risiken einzugehen, die mit dem Aufgeben ihrer personenbezogenen Daten einhergehen. Beispielsweise wird die Video-Sharing-Plattform TikTok en masse genutzt, obwohl bekannt ist, dass die App sämtliche Nutzerdaten in China speichert und diese höchstwahrscheinlich mit der chinesischen Regierung teilt.

Zudem sind einige der jungen Leute immer häufiger dazu bereit, ihre personenbezogenen Daten im Austausch für die Chance auf Berühmtheit preiszugeben. Laut einer Studie von ExpressVPN würden 77 Prozent der jungen Nutzer persönlich identifizierbare Informationen (etwa die E-Mail-Adresse, sexuelle Orientierung, Telefonnummer oder Anschrift) mit Social-Media-Unternehmen teilen, wenn sie so ihren Bekanntheitsgrad steigern könnten. Auch die Aussicht auf mögliche Werbepartnerschaften mit Marken oder mehr Follower und Likes drängen den Schutz der persönlichen Daten in den Hintergrund.

Nicht alle Nutzer bedenken die Konsequenzen, die ein fehlender Datenschutz nach sich ziehen kann. Problematisch erscheinen vor diesem Hintergrund die Weitergabe von Daten an Dritte sowie Probleme mit der Transparenz und den Informationspflichten aus Art. 13, 14 DSGVO mit dem dazugehörigen Widerrufsrecht. Auch problematisch ist der Schutz von Minderjährigen. Ist ein zehnjähriges Kind in der Lage, eine Entscheidung über seine personenbezogenen Daten zu treffen? Sind hier die Eltern oder die Plattform dafür verantwortlich, den Datenschutz einzuhalten? In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Generation Z von den vorherigen Generationen: Einer Studie von F5 Labs zufolge gaben 31 Prozent der Millennials an, dass sie immer über die Auswirkungen der Informationen nachdenken, die sie online teilen - verglichen mit nur 19 Prozent der Generation Z.

Die Altersgruppe Generation Z ist in einer Welt aufgewachsen, in der sie personalisierte Musik-Playlists und Film-Vorschläge erhalten und ihre sozialen Profile nach ihrem eigenen Geschmack gestalten können. Demnach verstehen und akzeptieren sie auch, dass die Unternehmen ihre Daten benötigen, um ihnen diese Art der extremen Personalisierung bieten zu können. Sie fordern Inhalte, die speziell auf sie zugeschnitten sind und ihnen eine individuelle Customer Experience ermöglichen. 62 Prozent der Gen Z ist laut einer Adobe-Studie ein verbessertes Kundenerlebnis so wichtig, dass sie im Tausch dafür ihre persönlichen Daten nennen würden. Selbst die Möglichkeit, neue oder exklusive Funktionen in den sozialen Medien freischalten zu können, wäre 47 Prozent der jungen Leute die Preisgabe privater Informationen laut ExpressVPN-Erhebung wert. Ähnlich ist es bei den Millennials. Auch ihnen ist ein individuelles Kundenerlebnis teils wichtiger als ihre personenbezogenen Daten. Anders sieht es nur bei den älteren Generationen aus.

Misstrauisch, aber nicht beunruhigt

Angesichts der zahlreichen Datenverstöße (etwa im Falle Cambridge Analytica, bei dem die Daten von über 87 Millionen Facebook-Nutzern kompromittiert und für die Beeinflussung des US-Wahlkampfs missbraucht wurden) ist die junge Generation skeptischer gegenüber der Art und Weise geworden, wie Unternehmen ihre Daten erfassen. Sie wissen, dass viele ihrer sensiblen Informationen in den Händen der Internetfirmen liegen und diese die Daten verwenden, um Werbung zu treiben oder etwa unethische Aktionen zu unterstützen. Deshalb wächst das Misstrauen bei der Generation Z. Sie geben zwar ihre Privatsphäre für ein optimal auf sie zugeschnittenes Erlebnis auf, möchten aber auf der anderen Seite, dass die Unternehmen ihre Daten nur für die Zwecke nutzen, die auch vereinbart waren.

Auch das Tracken und Sammeln von Daten durch Websites und große Unternehmen wie Google oder Facebook samt all ihrer Produkte wie Instagram und WhatsApp nimmt die junge Generation hin. Sie möchte aber nicht, dass ihre Daten etwa für politische Zwecke genutzt werden. Auch die Gefahr von Hackerangriffen, das Speichern ihrer Daten ohne Einwilligung oder die Weitergabe von Standortdaten beunruhigen die Generation Z. Für sie geht es wohl eher um die Sicherheit in ihrem sozialen und familiären Umfeld als um die Privatsphäre gegenüber Unternehmen oder Behörden. Die meisten haben aber zumindest eine Maßnahme zum Schutz ihrer Social-Media-Profile umgesetzt: etwa die Zwei-Faktor-Authentifizierung oder die Funktion, Stories nur mit engen Freunden zu teilen. Viele der jungen Nutzer erstellen zudem zwei Accounts: ein öffentliches Profil und eine private Version für Freunde.

Unternehmen sollten für absolute Transparenz sorgen

Für die Nutzer muss es eindeutig klar und verständlich sein, wo und von wem ihre personenbezogenen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden. Doch nicht nur die jungen Nutzer wünschen sich, dass die Firmen ihnen einfach und verständlich erklären, was sie mit ihren Daten vorhaben. Dieses Anliegen zieht sich durch alle Altersgruppen, denn laut einer Studie von Adobe ist das Vertrauen in Marken gering. Gründe dafür sind unter anderem der Missbrauch von Daten (Stichwort Cambridge Analytica). Eine undurchsichtige Verwendung von Informationen kann ein Unternehmen schnell in ein negatives Licht rücken.

Unternehmen sollten dazu unbedingt die gesetzlichen Anforderungen erfüllen: Die DSGVO hat das Ziel, personenbezogene Daten zu schützen. Der Zweck der Verarbeitung muss vorher feststehen und die Daten dürfen in der Regel nur für diesen festgelegten Zweck genutzt werden. Daten mit persönlichen Bezug müssen so vorgehalten werden, dass eine Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange möglich ist, wie es für die Verarbeitungszwecke erforderlich ist. Ihre Rechte müssen den Betroffenen präziser, transparenter, verständlicher und leichter zugänglich gemacht werden.

Was geschieht mit den Daten?

Insgesamt hat die Generation Z wenig Vertrauen gegenüber den Unternehmen und sozialen Medien, wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht. Gleichzeitig ist sie aber bereit, ihre Daten für mehr Ruhm, gewisse Vorteile und eine personalisierte Customer Experience zu teilen. Jedoch möchten sie wissen, was mit ihren Daten geschieht.

Bei all den Beobachtungen dieses Artikels gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass die Generation Z sehr junge Menschen sind, die in ihrem Verhalten mit Älteren verglichen werden. Natürlich ist ein Plus an Lebenserfahrung auch für die Einschätzung von Risiken hilfreich, dafür ist die junge Generation im Umgang mit technischen Geräten und dem Internet versierter. Das Thema kann also nicht pauschalisiert werden: Es ist zu erwarten, dass diese junge Generation mit zunehmendem Alter immer mehr Transparenz, mehr Datensicherheit und vor allem ständige Kontrolle über die eigenen Daten fordern wird. (pg)