Open-Source-Projekte

Schluss mit Nonsens!

Kommentar  25.11.2021
Von 
Matt Asay ist Autor der US-Schwesterpublikation Infoworld.com.
Open-Source-Projekte sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie nur vom Wunsch getragen sind, Red Hat und Confluent zu imitieren.
Viele träumen davon, das nächste Red Hat oder Confluent auf die Beine zu stellen.
Viele träumen davon, das nächste Red Hat oder Confluent auf die Beine zu stellen.
Foto: Sergey T - shutterstock.com

Die meisten Beiträge, die glauben, das Geheimnis des Open-Source-Erfolgs entdeckt zu haben, sind überflüssig. Über den Erfolg eines Geschäftsmodells entscheidet allein der Markt. Ein Jahrzehnt lang hat die Branche versucht, das Red-Hat-Modell zu kopieren. Es hat nicht funktioniert. Wie Peter Levine, General Partner bei der Risikokapitalfirma Andreessen Horowitz, bereits im Jahr 2014 schrieb: 'Es wird nie wieder ein weiteres Red Hat geben.' Würde er diesen Beitrag heute schreiben, würde er wahrscheinlich ergänzen: 'Und auch kein weiteres Confluent.'

Das soll nicht heißen, dass es nicht noch mehr milliardenschwere Open-Source-Unternehmen geben kann. Diese Art von Einhörnern scheint sich in diesen Tagen geradezu sprunghaft zu vermehren (Databricks, Redis, GitLab etc.). Der Punkt ist: Das Geschäftsmodell für ein Open-Source-Unternehmen ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Es gibt nicht den einen richtigen Weg, um ein Unternehmen rund um quelloffene Software aufzubauen.

Blinded by the Red Hat

Selbst heute noch sehnen sich die Menschen nach den guten alten Red-Hat-Zeiten - einem Unternehmen, das vollständig mit Open Source arbeitet und die Communities (etwa Linux oder Kubernetes), von denen es abhängt, nach Kräften unterstützt. Ich mag Red Hat und habe das Unternehmen immer bewundert. Aber sein Geschäftsmodell funktioniert für kein anderes Unternehmen (oder Projekt). Es gibt auch einen Grund dafür, dass nur wenige Red-Hatter heute andere erfolgreiche Open-Source-Unternehmen leiten. Das liegt daran, dass sie mit einem Modell Erfolg hatten, das einfach nicht über Red Hats Produktpalette hinaus funktioniert.

Der ehemalige CTO von Red Hat sieht das ähnlich, er stellte bereits 2006 klar: "Das Modell von Red Hat funktioniert aufgrund der Komplexität der Technologie, mit der wir arbeiten. Eine Betriebsplattform besteht aus vielen beweglichen Teilen, und die Kunden sind bereit, dafür zu zahlen, dass sie von dieser Komplexität abgeschirmt werden. Ich glaube nicht, dass man ein bestimmtes Produkt - etwa Apache - nehmen und daraus nach unserem Modell ein Geschäft machen könnte. Man braucht ein Produktkomplexität."

Immer wieder haben Unternehmen versucht, das "Red Hat der Kategorie X" zu sein - jedes einzelne von ihnen ist gescheitert. Und zwar ohne Ausnahme. Genau diese Unternehmen (ich habe für eines davon, Alfresco, gearbeitet) wollten dann "größtenteils" Open Source bieten, auch bekannt als "Open Core". Die Idee dahinter: 90 Prozent oder mehr des Quellcodes wird unter eine Open-Source-Lizenz gestellt und nur so viel zurückgehalten, (zum Beispiel in den Bereichen Sicherheit oder Management), dass ein kleiner Prozentsatz der Projekt-Nutzer zu Produktkäufern wird.

Dieses Modell ist oft geschmäht worden, hat aber Milliardensummen an Markterlösen erwirtschaftet, was zu weiteren Open-Source-Innovationen geführt hat. Es ist wichtig zu verstehen, dass Open Source harte Arbeit ist, niemand gibt Arbeitsergebnisse kostenlos ab. Wenn ein Entwickler oder ein Unternehmen in Open Source investiert, dann deshalb, weil er eine Rendite für diese Investition erwartet. Angesichts der Tatsache, dass wir nur begrenzte Ressourcen haben, funktioniert unser Leben - und eben auch Open Source - nun Mal so.

Das ist der Grund, warum ich keine Geduld mehr mit Leuten habe, die schlecht gelaunt Risikokapitalgeber anprangern. Dazu haben diese Leute zu viele der Open-Source-Vorzüge, die wir heute genießen, finanziert (siehe der Kommentar von Tim Bray). Solche Kritik kommt nahezu ausnahmslos von Leuten, die für große Unternehmen arbeiten und, obwohl sie Open-Source-Beiträge lieferten, immer ihren Lebensunterhalt bestreiten und ihren Hauskredit abzahlen konnten.

Das einzig wahre Open-Source-Geschäftsmodell

Diejenigen, die sich entschieden haben, mithilfe von Open-Source-Software Karriere zu machen oder, besser noch, die Karrieren anderer mit einem - Risikokapital-finanzierten - Unternehmen zu fördern, haben wahrscheinlich längst herausgefunden, wie schwer es ist, ein profitables Geschäft rund um freie Software aufzubauen. Sehen Sie sich Confluent an: Das Team hat Apache Kafka entwickelt, während es von LinkedIn finanziert wurde und ist dann losgezogen, um aus der bestehenden Open-Source-Anwendung ein rentables Unternehmen zu machen. Das hat Confluent mit proprietärem Code und proprietärem Betrieb (sprich: der Cloud) geschafft. Andere Unternehmen verfolgen ein ähnliches Modell, ebenfalls mit positiven Ergebnissen, wie ein aktueller Report von Battery Ventures zeigt.

Foto: Battery Ventures

Bevor Sie nun zu dem plausiblen Schluss kommen, dass die Cloud die Antwort auf alle Open-Source-Geldsorgen ist, sollten Sie bedenken, dass sich bestimmte Projekte nicht für ein Cloud-Bereitstellungsmodell eignen. EDB zum Beispiel hat ein großes Geschäft rund um PostgreSQL aufgebaut - allerdings für einen Kundenstamm, der es immer noch vorzieht, das Datenbank-Management-System On-Premises zu betreiben, wie mir CEO Ed Boyajian kürzlich verriet.

Selbst unter Managed-Services-Anbietern gibt es deutliche Unterschiede. Nehmen wir die Kubernetes-Welt als Beispiel: Red Hat bietet, seinem traditionellen Modell folgend, OpenShift an, eine Distribution (oder Version) von Kubernetes. Und da Red Hat nunmal Red Hat ist, ist der gesamte Code quelloffen. Der Kubernetes-Pionier Google und auch Amazon Web Services (AWS) bieten beide gemanagte Kubernetes-Dienste und eigene Distributionen an, so dass Unternehmen beispielsweise ein grobes Äquivalent von Amazon Elastic Kubernetes Service (EKS) im eigenen Rechenzentren betreiben können. Warum "grobes Äquivalent"? Wollte man EKS exakt so wie AWS betreiben, bräuchte man die Infrastruktur von AWS und das dazu nötige Know-how.

Tatsache ist aber, das kein Unternehmen, das ein Open-Source-Geschäftsmodell verfolgt, Bedingungen vorfindet wie AWS. Oder Google. Oder Confluent. Dennoch gibt es Prinzipien, die Sie befolgen können, um ein erfolgreiches Geschäft um ein Open-Source-Projekt herum aufzubauen, das dann zu Zufriedenheit unter Kunden sowie zu Umsätzen führt. Welches Open-Source-Modell für Sie das richtige ist, hängt von der Dynamik rund um Ihr Projekt und Ihren potenziellen Kunden ab. Lernen Sie vom Erfolg von Confluent & Co., lassen Sie sich aber nicht vom Erfolg dieser Unternehmen blenden. Der Erfolg hängt nicht nur davon ab, ob Sie den richtigen Weg gewählt haben, sondern vor allem, ob Sie ihn unbeirrt verfolgen. (fm/hv)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.